Unter dem selbsterklärenden Motto „3D – Demokratie und Deutsch lernen an der Donau“ haben sich Ende Februar und Anfang Juni deutschsprachige Schüler von vier Donau-Anrainerländern in Bukarest und in Budapest bei einem ersten internationalen Poetry-Slam an der unteren Donau getroffen.
Die Koordination des gesamten Projekts lag bei Dr. Claudia Popov-Jenninger, Fachberaterin für Deutsch in Bratislava seitens der Zentrale für das Auslandsschulwesen. Kooperationspartner waren die Zentralstelle für Auslandsschulwesen ZfA, das Goetheinstitut, die Europäische Ost-West-Akademie für Kultur und Medien e.V. und das Österreichische Kulturforum.
Teilnahmebedingungen waren insbesondere die Freude am Schreiben und Performen auf der Bühne sowie das Interesse für politische und gesellschaftliche Themen.
Auftakt in Bukarest
In Bukarest durften die Schüler aus Slowenien, Ungarn, Bulgarien und Rumänien unter der Leitung von Wiener Poetry-Slammerin Katharina Wenty und ZfA-Fachschaftsberaterin Marina Pasquay ihr kreatives Schreiben und gleichzeitig ihre Deutschkenntnisse während mehrerer intensiver Workshops verbessern. Außerdem bot das Programm Zeit für die Besichtigung der rumänischen Hauptstadt und des imponierenden Parlamentsgebäudes.
Das wichtigste Ziel war jedoch, die teilnehmenden Schüler aus Sathmar/Satu Mare, Hermannstadt/Sibiu, Klausenburg/Cluj-Napoca, Konstanza, Craiova und Arad zu motivieren, sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen unter unterschiedlichen Ansätzen auseinanderzusetzen und somit ihr kritisches Denken, ihre Kreativität, ihr Selbstbewusstsein und ihr gesellschaftliches Engagement zu beweisen.
In Gruppen- oder Einzelarbeit haben die Schüler verschiedene Techniken des kreativen Schreibens und der Kunst der Bühnenperformance erlernt und wurden dabei ermutigt, ihre Gedanken und Meinungen künstlerisch auszudrücken. Dabei sollten sie beispielsweise die Demokratie personifizieren, dem eigenen, erkrankten Land eine Diagnose stellen oder die Demokratie anhand eines Parlaments der Tiere beschreiben. „Ich war persönlich überrascht, wie schnell schöne politische Texte entstehen konnten, sowohl sprachlich, als auch inhaltlich“, erklärte Pasquay, die gleichzeitig auch Hauptorganisatorin für ganz Rumänien war.
Die größte Herausforderung schien jedoch die Bühnenperformance zu sein, auf der die Schüler ihre Poetry-Slam-Texte auf der Bühne vortragen mussten und dabei ein wertvolles Feedback zur Verbesserung und Verfeinerung ihres kreativen Schreibens erhalten konnten. Ihre Bemühungen wurden sogar von der Deutschen Botschaft, durch die Anwesenheit von Susanne Achilles, sowie von Sabine Maya Schlattner, Fachberaterin und Koordinatorin für Deutsch in Süd- und Ostrumänien und der Republik Moldau seitens der Zentrale für Auslandsschulwesen, gewürdigt. „Die kreative Auseinandersetzung mit Sprache stärkte nicht nur die Ausdrucksfähigkeit, sondern auch ihre Bühnenpräsenz der Teilnehmer”, erklärte Pasquay.
Das Finale in Budapest
Je ein Schüler pro Landeskreis durfte Anfang Juni in Budapest am Poetry-Slam-Finale teilnehmen. Die übrigen teilnehmenden Kollegen durften in der Jury mitsitzen und die Performance der anderen Länder bewerten. Die Moderation wurde von Heike Neyens, Fachberaterin der ZfA in Budapest, mit viel Engagement durchgeführt. Für musikalische Highlights sorgte die UBZ-Schüler-Band aus Baja. Die Bemühungen und der Enthusiasmus aller Teilnehmer wurden unter anderem durch Jörg Kassner, Fachbereichsleitung der ZfA für das Deutsche Sprachdiplom und DaF, sowie durch André Windhuis, der das Projekt seit Beginn zu Fragen der Finanzierung begleitet hat, gewürdigt.
Und genauso wie in Bukarest gab es auch Zeit für eine Stadtrally in Budapest, bei der die Schüler nicht nur die ungarische Hauptstadt kennenlernen konnten, sondern auch ihre neuen Freundschaften festigen.
Die Hauptthemen des Finales waren nicht nur Demokratie, sondern auch der gesellschaftliche Wandel, Identität und die digitale Verantwortung, wobei das rumänische Team, gebildet aus Alexia Maria Holdiș (11. Klasse, Nationalkolleg „Elena Cuza“, Craiova), Paula Ariesanu (11. Klasse, Nationalkolleg „George Coșbuc“, Klausenburg), Matei-Gabriel Cealera (Nationalkolleg „Mircea cel Bătrân“, Konstanza), Nora Becker (Theoretisches Lyzeum „Adam Müller-Guttenbrunn“, Arad) und David Bozai (17 Jahre alt, Nationalkolleg „Kölcsey Ferenc“, Sathmar) den dritten Platz im Gesamtwettbewerb erzielt hat. Iacob Ilcuș, Nationalkolleg „Gheorghe Lazar“, Hermannstadt, 10. Klasse. hat den internationalen Wettbewerb am 4. Juni mit seinem Auftritt abgeschlossen.
Der überraschende Höhepunkt des 3D-Poetry-Slams war die Veröffentlichung aller Texte in einem Reader. Sie bieten einen einzigartigen Blick auf die Herausforderungen und Hoffnungen der jungen Generation in den teilnehmenden Ländern und laden ein, über die Werte der Demokratie mal auf ganz andere Art und Weise nachzudenken.
„Der internationale Poetry Slam war ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Sprache verbindet, Demokratie lebendig wird und junge Menschen über Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch kommen“
Marina Pasquay, ZfA-Fachschaftsberaterin in Bukarest und Hauptorganisatorin für Rumänien
Ein Wechsel in der Gesellschaft
Das Volk wollte eine Veränderung in der Gesellschaft und schickte die Regierung zu einer medizinischen Untersuchung.
Obwohl sich die Regierung gegen diese Kontrolle wehrte, diagnostizierte ein Heldenarzt bei den meisten Politikern schwere Korruption.
Die einzige Medizin, die die Regierung retten konnte, war die Pille der Wahrheit und des Mitgefühls.
Alexia Maria Holdiș, 18 Jahre alt, 11. Klasse, „Elena Cuza” Nationalkolleg, Craiova
Perspektive des Wahlzettels
Ich habe einen weißen Wahlzettel vor mir. Weiß wie Reinheit, weil er Demokratie darstellt. Viele Menschen halten es für ein einfaches Blatt, das markiert werden muss, für eine einfache Pflicht gegenüber dem Staat und der Gesellschaft. Aber der Wahlzettel ist der Schlüssel zur Zukunft und zur Freiheit.
Ich sehe verschiedene Namen in Schwarz auf Weiß geschrieben und kann nur hoffen, dass ich eine gute Wahl treffe. Im entscheidenden Moment höre ich ein gedämpftes Flüstern:
„Wähle die Freiheit für deine Seele!
Wähle die Demokratie für deinen Geist!
Ich bin nur ein Wahlzettel aber ich empfehle:
Freunde dich mit der Demokratie an, denn die Diktatur ist der Feind!“
Alexia Maria Holdiș, 18 Jahre alt, 11. Klasse, „Elena Cuza” Nationalkolleg, Craiova
Demokratie in Person
Hi! Ich heiße Demokratie, und für heute habe ich ein paar Vorteile und Nachteile über mich selbst geschrieben.
Ich finde mich ganz tolerant und weltoffen. Ich liebe es, neue Kontakte zu knüpfen und neue Leute kennenzulernen.Aber... manche Leute nennen mich selektiv, als ob ich nur Menschen mögen würde, die so denken und sich verhalten wie ich.
Weiter geht’s... Ich bin sehr beliebt. Die Menschen um mich herum machen mir Komplimente und sagen nur nette Dinge über mich.Aber... natürlich gibt es auch diejenigen, die mich für falsch halten. Sie sind bestimmt nur eifersüchtig.
Nun, ich will mich nicht selbst loben, aber... ich bin ganz reich....Wie bekam ich so viel Geld? Natürlich durch ehrliche, seriöse Arbeit....Wie bitte? Ich manipuliere mein Volk, und mache es zu meinem finanziellen Sklaven?
Wer hat dir deine Klamotten, deine Schuhe, deine Geräte geschenkt? Denkst du, dass du so viele Privilegien hättest, wenn der Totalitarismus an meiner Stelle wäre?Du solltest also besser schweigen, denn auch wenn du mich kritisierst, bin ich immer noch die Beste.
Valeria Moroșan, 16 Jahre alt, 10. Klasse, „Mircea cel Bătrân”-Gymnasium, Konstanza
Sätze über Demokratie
Demokratie ist wie das Eis im Winter, manchmal ist es gut, manchmal ist es schlecht – gut zum Schlittschuhlaufen, schlecht, weil man sich verletzen kann oder es einen einholen kann.
Bianca Maria Paniță, 16 Jahre alt, 10. Klasse, Theoretisches Lyzeum „Adam Müller Guttenbrunn“, Arad
Parlament der Tiere
Wenn die Tiere ein eigenes Parlament hätten, wäre der Wald ein Ort der Demokratie und des gemeinsamen Entscheidens. Jedes Tier hätte das Recht, seine Meinung zu äußern, und alle würden sich gegenseitig respektieren. Der weise Uhu könnte als Vorsitzender dienen und dafür sorgen, dass Diskussionen fair und geordnet verlaufen.
Die Löwen und Bären, die stark und mächtig sind, müssten auf die kleineren Tiere Rücksicht nehmen. Der Hase und das Eichhörnchen könnten für mehr grüne Flächen und Nahrung kämpfen, während der Biber sich für saubere Flüsse einsetzen würde. Jedes Anliegen wäre wichtig, und alle Tiere müssten durch Abstimmungen Kompromisse finden.
So könnte ein Parlament der Tiere ein Beispiel für eine funktionierende Demokratie sein: Jeder hätte eine Stimme, Entscheidungen würden gemeinsam getroffen, und Gerechtigkeit würde für alle gelten. Wenn Tiere in der Lage wären, auf diese Weise zusammenzuleben, wäre es eine Inspiration für die Menschen, die oft vergessen, wie wichtig Respekt, Gleichberechtigung und Zusammenarbeit sind.
Alexandra Ciora, 18 Jahre alt, 11. Klasse, Nationalkolleg „Elena Cuza”, Craiova