Als im Sommer 2020 der Geschenk- und Souvenirladen „INSPIRATIO“ am Honterushof 8 eröffnet wurde, sollte er sich durch sein Angebot von den nicht wenigen ähnlichen Läden der Stadt unterscheiden können. Geschäftsführerin Edith Olosz hebt vor allem die Qualität der Waren hervor, die diese Sonderstellung behauptet. Geschenkideen vorstellen ist eine Anregung, eine Inspirationsmöglichkeit. Aber es geht nicht allein um den Verkauf; es geht auch um immaterielle Werte, die mit der Schwarzen Kirche und der Honterusgemeinde in Verbindung gebracht werden. Denn „INSPIRATIO“, wie auch das benachbarte Cafe INSPIRATIO – CH9, werden von der GmbH „SK – HG Dienste“ betrieben – eine Firma, die von der Kronstädter evangelischen Kirchengemeinde gegründet wurde und die in ihrem Tätigkeitsfeld auch das Management der touristischen Dienstleistungen rund um die Schwarze Kirche (z. B. Kartenverkauf, Führungen) betreut. Mit eigenen Kräften diese Aufgaben zu meistern, ermöglicht am besten, das eigene Konzept zu verfolgen und durchzusetzen.
In diesem Konzept sind die Geschichte der Honterusgemeinde, ihr Glaube, christliche Werte wie Nächstenliebe aber auch innere Einkehr, Öffnung, Respekt, Verantwortung übernommen. Auch diese Dimension hat „Inspiratio“ – das lateinische Wort, von dem der weitgreifende Begriff Inspiration abgeleitet wird, also neben „Anregung“ auch „Beseelung“. Für die eigene Geschichte steht nicht nur die bekannteste Sehenswürdigkeit Kronstadts – die Schwarze Kirche, sondern auch das deren Haupteingang gegenüberliegende einstöckige Gebäude, wo sich im Erdgeschoss der Geschenkeladen und der Verkaufsstand für Eintrittskarten befinden. Da war früher der große Raum des Auditoriums des Honterusgymnasiums und darüber die leider beim Stadtbrand zerstörte Bibliothek. Später, im 18. Jahrhundert, dienten diese Räumlichkeiten als Wohnung des Schulrektors. Frau Olosz weist auf ein weiteres überraschendes Detail hin: Was durch dendrochronologische Untersuchungen festgestellt werden konnte, ist die Tatsache, dass die Balken der Decke den verheerenden Stadtbrand von 1689 überlebt haben und da tatsächlich zu Honterus Zeiten eingebaut wurden. Das Holz wurde 1524 geschlagen (es ist nicht genau bekannt, wann das Haus gebaut wurde, wahrscheinlich um das Jahr 1530). Alles, was alt, wertvoll und in gutem Zustand war, wurde während der aufwendigen Sanierung und Umgestaltung der Immobilie beibehalten, so dass die Geschichte „sichtbar“ wird, was die Besucher staunend zur Kenntnis nehmen. Und so kann ein Ladenbesuch zu einer Erfahrung werden, die anderswo nicht vorzufinden ist.
nspirierend kann im selben Haus auch die Kunst wirken. Steigt man die alten Treppen hoch, so kommt man zu einem Raum, der sich als Kunstgalerie entpuppt. Bis zum 25. März konnte da die Grafikausstellung „Pastel“ besichtigt werden mit Aquarellen von 25 Künstlerinnen und Künstlern, 21 von ihnen aus Kronstadt. Im April folgt nun eine besondere Ausstellung – „Primavera“: Renate Mildner Müller stellt Acrylmalerei aus, ihre Schwester Edith Schlandt zeigt selbst entworfene Kostüme. Eine Kunstgalerie anzubieten, war ursprünglich für „INSPIRATIO“ nicht vorgesehen. Diese Initiative ist aber gut angekommen und bietet Kronstädter Künstlern eine willkommene Möglichkeit, ihre Werke auszustellen und auch zum Verkauf anzubieten.
Angeboten werden auch Workshops für Kinder (z. B. Zeichnen, Schönschreiben) aber auch für Erwachsene (z. B. Malen, Journaling d. h. eigene Gedanken aufs Papier bringen). Sie fördern die Kreativität – sind also andere Formen der Inspiration für persönliche Entfaltung. Vorträge und weitere Veranstaltungen sind in diesem Raum möglich, wobei die Zusammenarbeit mit dem deutschen Stadtforum bereits im Februar mit einem Vortrag von Dr. Frank Thomas Ziegler zur Entstehungsgeschichte des benachbarten Honterusdenkmals eingeleitet wurde. So hat „INSPIRATIO“ ebenfalls ein Potenzial zur Förderung des kulturellen und sozialen Geschehens der deutschen Gemeinde. Für Mitglieder der Honterusgemeinde gibt es Preisermäßigungen von zehn Prozent für Einkäufe im Geschenkeladen und im Café. Der Voucher kann aufgrund der Liste der Gemeindemitglieder, bei „INSPIRATIO“ abgeholt werden, unterstreicht Geschäftsführerin Olosz.
Marktwirtschaftliche Überlegungen können aber nicht umgangen werden. Das gibt Frau Olosz zu. Es können nicht nur Sonderanfertigungen verkauft werden, da diese eine gewisse Preiskategorie voraussetzen. Souvenirs wie Ansichtskarten, Kühlschrankmagneten, Schlüsselanhänger, Kugelschreiber, andere Kleinigkeiten finden ihre Abnehmer vor allem unter den Touristen. Deren Zahl steigt vor allem an den Wochenenden und im August. Da bilden sich manchmal sogar Warteschlangen und Geduld ist gefragt. Zu solchen Stoßzeiten kommen dann mehr auch die in Teilzeitarbeitsverhältnis angestellten Mitarbeiter zum Einsatz.
Vermietung der Räumlichkeiten in der oberen Etage an Firmen, die da den passenden Standort für Treffen und Events ihres Personals außerhalb des Firmengeländes sehen, sind eine zusätzliche Einkommensquelle.
Der neue Kronstädter Geschenk- und Souvenirladen erweist sich, wie auch das Cafe bei Nummer 9, als willkommene Bereicherung des Honterushofes, als guter Nachbar der Schwarzen Kirche.
