Die Preisträgerin 2021 des vor zwei Jahren ins Leben gerufenen „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises steht nun fest. Aufgrund der Bewertungen der Jurymitglieder und auf ihren einstimmigen Beschluss hin wird der Träger oder die Trägerin des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises ab nun am Welttag des Buches, dem heutigen 23. April, bekanntgegeben. Die meisten Punkte in einer Werteskala von 1-5 mit 5 als Höchstbewertung  vereinigte Britta Lübbers aus Oldenburg, Deutschland, auf sich. 

In Meppen geboren, absolvierte sie das Studium der Germanistik in Bonn und Oldenburg, lebt und arbeitet zurzeit als freie Journalistin und Autorin in Oldenburg. Sie ist bisher mit Gedichtveröffentlichungen in verschiedenen Anthologien zu finden. Die sieben Gedichte, die sie zum Wettbewerb eingesendet hat, sind mit „Carpați“, „Cowboy“, „Handtaschenarchiv“, „In der U-Bahn“, „Könnten wir“, „Mragowo“ und „Sowjetisches Ehrenmal Treptow“ betitelt.

Wir erinnern daran, dass der Einsendeschluss für Bewerbungen für den „Rolf Bossert“-Gedächtnispreis, den einzigen Literaturpreis, der in Rumänien für deutschsprachige Literatur verliehen wird, der Todestag von Rolf Bossert, der 17. Februar, war. Die Jury-Mitglieder - Prof. Dr. Anton Sterbling als Vorsitzender und Werner Kremm, Horst Samson, Hellmut Seiler, der Initiator des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises und Dr. Olivia Spiridon (hier in alphabetischer Reihenfolge angeführt) hatten bei der Bewertung eine Menge Arbeit zu bewältigen: Für die zweite Ausgabe dieses Literaturpreises haben sich 169 Bewerber aus neun Ländern (Deutschland: 127; Österreich 31; Schweiz 4; England 2; Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien und Spanien: je 1) gemeldet. Das Sekretariat, das auch die Zentralisierung der Bewertungen der Jury übernahm, hatte Erwin Josef Țigla in Reschitza, dem Geburtsort von Rolf Bossert, inne. 

Die Preisverleihung soll innerhalb der 31. Auflage der „Deutschen Literaturtage in Reschitza“, in der Zeitspanne vom 27. bis 29. August 2021, stattfinden. Dann wird, wenn die Entwicklung der Pandemie es erlaubt, auch der erste Preisträger des „Rolf Bossert“-Gedächtnispreises 2020, persönlich zu seinem mit 1000 Euro dotierten, vom internationalen „Rolf-Bossert“-Freundschafts- und Förderkreis sowie aus Spenden finanzierten Preis kommen: Alexander Estis aus der Schweiz. Der Förderkreis wird vom Initiator des Gedächtnispreises, dem Lyriker Hellmut Seiler, betreut.

Carpați

Du bist schlafgewandelt in Bukarest
Auf der Balkonbrüstung hast du gestanden
Über den Straßen dunkel und still
Kein Grund aufzuwachen

Zigaretten brachtest du mit
Aus Temeswar
Als wir bei böhmischen Bieren saßen
Und über russische Kernkraft sprachen

Im Fernsehen schwebte ein Mädchen
Über den Stufenbarren
Das hatte kein Knöchelchen in sich
So biegsam ist es gewesen

Du legtest Schmuggelware 
Auf den Plattenteller, nachts um drei
Timpuri Noi, wir rauchten krasses Kraut
Es schmeckte nach Heu und nach Katzenstreu

Jetzt sitzen wir rittlings
Zwischen Gestern und Heute
In Wacken rocken Hteththemeth
Die Bühne, die neuen Metaller

Es gibt einen Stempel für jeden
Zwischen den Fingern die Stelle
Wo die Carpați steckte
Als wär sie ein Schornstein aus Reschitza

Könnten wir

Wir könnten an der Auffahrt
Zur Milchstraße warten
Und Satelliten anhalten 
(Ausrichtung 19,2 Grad Ost)
Mit verbundener Pfote
Hochgereckt wie ein Tramper-Daumen

Wir könnten Muscheln
Aus der Konserve fischen
Mit Knoblauch
Mit Fingern
Mit Nikotin
Unser Kippencollier 
Klapperte am Hals

Wir könnten Speck
Von den Fenstern kratzen
Wie eine Tulpe aus Frost

Wir könnten mit Ahnen
Straßenbahn fahren
Über Bling-Bling-Werbetafeln
Spannte der Mond seinen Ringernacken

Wir könnten am 27. September
Ein Herbstgedicht schreiben
Und es den armen Verwandten zeigen
In ihren hässlichen Trainingsjacken

In der U-Bahn

Hades ohne Publikum
Die Linie 1 passiert den Styx

Silberfische wischen
Über Nostalgiefliesen
Plakate werben für Opern
Die niemand sehen wird

Die Frau ohne Eigenschaften
Steigt in ein leeres Abteil
Zupft ihren Mundschutz zurecht
Der Frühling treibt Kirschblüten
Aus Wuhan

Ein Panda-Pärchen liebt sich
Das erste Mal körperlich
Die Untersee holt sich
Ihre blauen Kacheln zurück