Die Liebe zu Europa geht auch durch den Magen

Eine 9. Klasse des Brukenthal-Gymnasiums und ein Picknick der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus

Konzentration und Freude zu Schuljahresende

Hunger ist der beste Koch – auch der Hunger auf Europa. Fotos: Klaus Philippi

Hermannstadt – Eingekauft worden war offensichtlich bei Lidl, und nach ersten kulinarischen Arbeitsschritten um 8.30 Uhr in der Großraumküche des evangelischen und von Hermannstadt/Sibiu aus gelenkten Gemeindezentrums Grüne Kirchenburg im ruralen Viertel Hammersdorf/Gușterița standen die Schüsseln um 11 Uhr bis an den Rand voll mit Kartoffel-Frittaten zum Verzehren bereit. Mit sechs großen Stück Zucchini, einem Kilogramm Mehl, 20 Eiern, sieben Kilogramm Kartoffeln und drei Liter Sonnenblumenöl zum Ausbacken in drei Pfannen hatten Deutsch-Lehrerin Bianke Grecu, Englisch-Lehrerin Cristina Varga und die von ihr begleitete Klasse 9C des Samuel-von-Brukenthal-Gymnasiums sich eingedeckt, um das von der nord-rhein-westfälischen Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus (GHH) online veranstaltete Europa-Picknick für Jugendliche Freitag, am 7. Juni, schmackhaft mitzufeiern. Und weil unmittelbar danach das für die Frittaten-Teigmischung erforderliche Reibeisen auch beim Backen von Apfel-Streuselkuchen zum Einsatz gelangte, war schlussendlich um 13 Uhr während der Vorstellungsrunde von Bildfläche zu Bildfläche dank Computern mit Webcams eine kleine Portion Verwechslung fast schon vorprogrammiert: das Rezept für die Kartoffel-Frittaten hatten die 25 Neuntklässler des Brukenthal-Gymnasiums zwar von Partnern am Marie-Curie-Gymnasium aus Düsseldorf zugeteilt erhalten, doch mittags am ersten Juni-Freitag wollten die gleichaltrigen Picknick-Teilnehmer in der rheinischen Metropole von den Mitmachenden aus Hermannstadt sehr gerne erfahren, ob sich der „Reibekuchen“ bewährt habe – und prompt musste sie aufgeklärt werden, die Konfusion zwischen Reibe- und Apfelkuchen. Die Zutaten für Letzteren mit Streuseln darauf waren der in Hammersdorf knetenden 9C vom Gymnasium Schwertstraße Solingen aufgezählt worden. Aber auch die Beteiligung einer Klasse vom Lucian-Blaga-Gymnasium aus Sächsisch-Reen/Reghin brachte anfangs einige Verwirrung in die Menü-Präsentationen der Partner-Gruppen auch vom Cecilien-Gymnasium in Düsseldorf sowie des Liceums Ogólnoksztalcace im. I.J. Paderewskiego w Katowicach in Polen, da die von den zwei Schulklassen aus Siebenbürgen in das Europa-Picknick eingespeisten Rezepte das in Zentraldeutschland eher unter dem Weißkohl-Begriff gängige Kraut per Zufall gemein hatten, und vorerst noch kulinarisches Informationschaos bewältigt sein wollte. Es gab durchaus kulturelle Nuancen auszudiskutieren. Einer Neuntklässlerin vom Brukenthal-Gymnasium zufolge stand nicht zur Debatte, dass der Apfel-Streuselkuchen besonders durch Vanilleeis ergänzt himmlisch schmecken müsste, und nach dem Pressen einiger Becher Apfel-Direktsaft mit der bloßen Hand trank sie ihn zur Freude aller Umstehenden über Kreuz mit einer Klassenkollegin. Auch Roswitha Scherer von der Hammersdorfer evangelischen Kirchengemeinde, Trägerin einer Schürze mit dem Aufdruck „Die Insel“ und ihres Zeichens siebenbürgisch-sächsisch handfeste Hausfrau, schien sich gastgeberisch am rechteckig langen Tisch rundum wohlzufühlen.