Der Glasfisch auf dem Fernseher 

Das neue Kommunismus-Hotel sammelt Exponate

Warum gab es in den meisten rumänischen Schlafzimmern leere Spraydosen auf dem Nachttisch? Wieso hatte jeder eine gehäkelte Decke und einen Glasfisch auf dem TV-Gerät? Was ist ein „Alendelon“? An was denken ältere Rumänen, wenn sie lange Warteschlangen sehen? Für diejenigen, die es nicht wissen – auf all diese Fragen wird es bald eine Antwort geben, und zwar im neuen Museum der Erinnerungen aus dem Kommunismus, das in der ersten Etage des Capitol-Hotels im Kronstädter Stadtzentrum öffnen wird. 

„Ein Museum über uns“ 
Das Museum ist eine Initiative der beiden Kronstädterinnen Alina Beteringhe und Ioana Bejan Roată, die sich von anderen ähnlichen Museen in Rumänien und ehemaligen Ostblock-Staaten inspirieren ließen. „Es kommen Millionen von Touristen nach Rumänien und sie sind sicher auch an anderen Aspekten interessiert als an Dracula. In der jüngerne Geschichte eines Landes besteht auch großes Interesse und es wäre schade, das nicht auszunutzen. Das Museum richtet sich natürlich nicht nur an ausländische Besucher, sondern auch an Rumänen aus allen Generationen. Es ist ein Museum über uns“, erklärte Alina Beteringhe. 

Für alle Museumsexponate (meistens Gegenstände aus den 70er und 80er Jahren) wird es auch eine Geschichte geben, die der Besucher lesen kann. Vorläufig sucht man nach diesen Exponaten und nach ihren Geschichten (alte Telefone, Kleidungsstücke, Fotografien, Audio-Kasetten, Spielzeug usw) – jeder Kronstädter kann dazu beitragen. 

Der rettende Haartrockner 
Vorläufig sammeln die Verwalter des  Museums die Geschichten der zukünftigen Exponate. Jeder, der einen Gegenstand aus dem Kommunismus spenden will, soll auch eine kurze Geschichte dazu schicken. Alle Geschichten werden vorläufig auf der Facebook-Seite „Muzeul Amintirilor din Comunism“ veröffentlicht. So auch die Geschichte von Diana, die einen Haartrockner eingesendet hat. „Glücklicherweise habe ich keine Erinnerungen aus dem Kommunismus. Ich weiß nicht, was es bedeutete, Schlange zu stehen um Milch zu kaufen, ich weiß nicht, wie es ist, nur eine halbe Stunde pro Woche Zeichentrickfilme zu schauen und auch nicht, wie es ist, grüne Bananen auf den Schrank zu stellen und zu warten, bis sie reif werden. Aber ich habe einige Erinnerungen aus den Jahren nach dem Kommunismus und auch diese Zeiten waren nicht gerade einfach. Ich erinnere mich, dass ich gleich nach 1989 zwei wunderschöne Puppen bekommen habe. Mit Rüschenkleidern,die eine war blond, die andere dunkelhaarig. Ich musste sie den ganzen Tag lang anschauen, so schön waren sie. Ich hätte gerne mit ihnen gespielt, aber sie waren permanent hinter einer Glaswand im Wohnzimmer. Meine Großmutter sagte immer, dass ich sie aufbewahren muss, sonst gehen sie kaputt und ich werde traurig sein. Am Ende habe ich sie aber überzeugt, mir die Puppen zu geben. Doch aus Versehen habe ich eine von ihnen in eine Pfütze fallenlassen. Das wunderschöne Kleid war voller Schlamm, das Haar ebenfalls. Ich bin schnell gerannt, um die Puppe zu waschen und ich erinnere mich an das kalte Wasser und an meine Tränen. Mein Großvater hat mich weinen hören, ist zu mir gekommen und hat mir zugeflüstert, ich soll die Puppe mit dem Föhn trocknen, damit die Großmutter nicht merkt, dass sie nass ist. Und sie hat es nicht gemerkt. Die Puppen habe ich nicht mehr, den rettenden Haartrockner aber ja schon“.

Der magische Lippenstift
Auf der Facebookseite des Museums gibt es unter anderen Geschichten über die Rationalisierung von Benzin und über Autos  mit Nummernschildern mit gerader oder ungerader Zahl, die alternativ jeden zweiten Sonntag fahren durften, und über die Schüler und Studenten, die jeden Herbst zum „landwirtschaftlichen Praktikum“ auf die Felder fuhren. Eine andere Geschichte handelt von Waschmaschinen. Heute finden wir hunderte von Elektro-Geräten im Black-Friday-Angebot und haben die Qual der Wahl. Früher gab es aber nur zwei Waschmaschinen-Modellen. Am Anfang der 1960er Jahre startete beim Mechanischen Werk Cugir die Produktion der halbautomatischen Waschmaschinen der Marke Albalux, mit zwei Modellen: mit Zentrifugaltrockner oder ohne. Falls man ein Modell ohne Zentrifugaltrockner besaß, musste man das Wasser auf dem Herd erhitzen und in einem Kessel bringen. Später, im Jahr 1980, nachdem ein Team von Ingenieuren nach Italien geschickt worden war, um eine ausländische Lizenz zu kaufen, werden die automatischen Waschmaschinen mit 12 Programmen (Automatic) oder 16 Programmen (Automatic Super) hergestellt. Die Produktion ist zwar groß, aber die Anfrage ist noch größer und oft musste man auf ein ganzes Netzwerk von einflussreichen Bekannten zugreifen, um die heiß ersehnte Waschmaschine zu kaufen. 

Jemand hat ein Jugendfoto vom Schwarzen Meer eingesendet und erinnert sich: „Vor 1989 wurden die besten Studenten mit einer Ferienwoche in Costine{ti belohnt. Oft kamen auch ihre Kollegen ans Meer mit, und übernachteten zu 4, 6 oder sogar 8 in einem Zweibettzimmer“. Eine andere Person hat sogar einen Lippenstift aus den 80er Jahren behalten: „Als kleine Kinder schnüffelten wir den Schubladen der Eltern herum und fanden manchmal magische Gegenstände. Zum Beispiel einen grünen Lippenstift in goldener Packung, der seine Farbe in rot wechselte, sobald er auf den Lippen aufgetragen wurde“. 

Falls Sie einen Gegenstand haben, dessen Geschichte Sie gerne erzählen würden und den Sie dem Museum spenden können, finden Sie auf der  Webseite des Museums, www.madc.ro,  alle Informationen, wie man ein Exponat spenden kann. Ebenfalls haben die Verwalter des Museums eine Telefonnummer zur Verfügung gestellt: 0726787499.