Die Totgesagte feierte sich zum 34. Mal

Die „Deutschen Literaturtage in Reschitza“ fanden am Wochenende statt

Foto: der Verfasser

Reschitza – Die zu Beginn der 1990er Jahre in Deutschland mittels Veranstaltung totgesagte rumäniendeutsche Literatur lebt immer noch! Und zwar so, dass mit diesem ersten Bericht bei Weitem nicht alles gesagt werden kann, was am letzten Aprilwochenende 2024 in Reschitza Literarisches, Außerliterarisches und Zwischenmenschlich-Intellektuelles geschah. Deswegen erst einmal eine kleine Übersicht des Geschehens, um dann, in der „Banater Zeitung“ oder auf der Kulturseite der ADZ, auf Einzelheiten zurückzukommen.
Begonnen haben die 34. Deutschen Literaturtage von Reschitza bereits vergangenen Donnerstag, nachmittags, wie immer mit Betrachtungen („Festliche Eröffnung“) des Hauptveranstalters und guten Geistes dieser Tage, dem Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen und Bibliothekar der Reschitzaer Deutschen „Alexander Tietz“-Bibliothek, Erwin Josef Țigla. In den wieder einmal zu engen Räumen des Begegnungszentrums war eine Ausstellung mit Porträts von Teilnehmern vergangener Literaturtage zu sehen, die aus der inzwischen umfangreich gewordenen Sammlung des Autors dieser Zeilen stammen und vom Ausstellungskurator Sorin Căprar, dem Elektroniker des Hauses, ausgewählt und für das Ausstellen vorbereitet worden waren. Stefana-Oana Ciortea-Neam]iu stellte sodann ihre Artikelsammlung rund um das Kulturhauptstadtjahr Temeswar 2023 in Buchform vor, die aus der „Banater Zeitung“ bekannt sind. Hochinteressant wieder der Auftritt des Doyens der Industriearchäo-logie Rumäniens, des Historikers Dr. Volker Wollmann, der diesmal eine Neuausgabe seines Buches über Johann Michael Ackner vorstellte, im Beisein des Direktors des Hermannstädter herausgebenden „Honterus“-Verlags, Benjamin Józsa, der anschließend einmal mehr als Autor von Skizzen und Erzählungen auftrat. Traian Popescu, der Historiker des rumänischen Brauereiwesens, präsentierte neueste Erkenntnisse zu seinem Hobby, die demnächst in Buchform erscheinen. Den Eröffnungstag beendeten Erwin J. Țigla und Balthasar Waitz mit einer Hommage an die in diesem Jahr verstorbene Edith Guip-Cobilanschi.

Freitags begann Edith Ottschofski (Temeswar/Berlin) mit noch unveröffentlichten Gedichten (sie las später auch Übersetzungen aus Nora Iuga, von der ein hochemotionaler Gruß übermittelt wurde). Anton Sterbling stellte den zweiten Band seines literarischen Vergnügens mit dem „Klimadelirium“ vor. Barbara Zeizinger ein Fragment aus ihrem neuen Roman „Leben in Etagen“. Werner Kremm präsentierte dann Passagen aus seiner Übersetzung des Romans von Alexandru Potcoav² über das „Leben und die Rückkehr eines Halle“, eigentlich Potcoav²s jüdischer Großvater. Dann las Thomas Krause (Braunschweig) aus seinen Kurzgeschichten.

Nachmittags zeigte Eva Seiler-Iszlai eine zweite Fotoausstellung im Rahmen dieser Veranstaltung und Hellmut Seiler las Gedichte aus seinen jüngsten Lyrikbüchern „Aufhebung der Schwerkraft“ und „Wolfsberg oder Die Tiefe der Stille“. Dann präsentierten die Herausgeber, Anton Sterbling und Werner Kremm, ihren eben in Deutschland erschienenen Sammelband zur „Flucht der Deutschen aus dem Banat im Herbst 1944“. Balthasar Waitz las gewohnt Humorvoll-Erbauliches und der Lyriker und Verleger Traian Pop Traian („Pop-Verlag“, Ludwigsburg) stellte seine beiden jüngsten Literaturperiodika „Bawülon“ vor, wonach er daraus las.

Samstag vormittags war der deutschsprachigen Literatur aus Ungarn vorbehalten, die mehrheitlich von Johann Schuth präsentiert wurde. Gábor Ruda stellte Ausstellungen und Publikationen des „Freundeskreises Murgebiet“ vor. Der Altlehrer und Schriftsteller Josef Michaelisz las aus seinem wunderbaren Kinderbuch („Tierkonzert“). Nelu Brădean-Ebinger schockierte mit einem Tabubruch: seinem Vordringen ins Reich der erotischen Literatur mit einem Hauch Pornographie. Zwei junge Autorinnen ganz verschiedener Orientierung, aber mit soliden Texten traten auf: Csilla Susi Szabó – modern, sprachlich wendig, geschliffen, zeitgebunden; und die Radioredakteurin Christina Arnold, traditionsgebunden und bemüht, das Beste aus den ungarnschwäbischen Traditionen herüberzuretten, noch Mundartsprecherin und Mitglied ihres Familienorchesters, Texterin für Blasmusikstücke.

Nachmittags stellte Beatrice Ungar die beiden Hommage-Bände zum 90. Geburtstag des profiliertesten rumäniendeutschen Seniorschriftstellers Eginald N. Schlattner vor, Joachim Wittstock gab Kostproben aus seiner neuesten „Romanhaften Chronik – Das erfuhr ich unter Menschen“ zum Besten, Traian Pop und der Sorbe Benedikt Dyrlich stellten den im Pop-Verlag erschienenen neuen Gedichtband auf sorbisch-deutsch, „Der letzte Schnee“, vor. Die Gedichtelesung von Bastian Kienitz (darunter mehrere Volltreffer!) schloss den Nachmittag ab, wonach am Abend der „Rolf-Bossert“-Gedächtnispreis verliehen wurde.

Sonntag kamen die Autoren aus dem slovenischen Marburg an der Drau zum Zug, Veronika Haring und Ivan Korponai. Katharina Kilzer las Geschichten, aus ihrer Lehrerinnenzeit in Wolfsberg. Die Temeswarer „Stafette“-Mitglieder – Arthur Funk, Arnold Schlachter, Bianca Barbu, Benjamin Burghardt und Henrike Brediceanu-Persem (die „Stafette“-Leiterin moderierte) stellten sich mit ihrem neuesten Schaffen vor.
Nachmittags klangen die 34. Deutschen Literaturtage von Reschitza mit einer Fahrt nach Wolfsberg aus.