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Das Ausmaß der globalen Lebensmittelverschwendung – und wie man das Problem am Schopf packt

Obst- und Gemüsereste: nicht wegschmeißen – lieber kompostieren!

Den Einkauf planen, damit das hier nicht so oft passiert...

Im Restaurant zu üppig bestellt? Die Reste kann man einpacken lassen.

Weltweit wird etwa ein Drittel aller für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel verschwendet, obwohl schätzungsweise 811 Millionen Menschen an Hunger leiden, zwei Milliarden an Mikronährstoffmangel – also Vitamin- und Mineralstoffmangel – und Millionen Kinder an verschiedenen Formen der Unterernährung. Im 21. Jahrhundert fordert die Hungersnot weiterhin mehr Todesopfer als jede Krankheit, Naturkatastrophe oder bewaffnete Auseinandersetzung.

Die Menge an Lebensmittelabfällen in Industrieländern liegt bei erschreckenden 40 Prozent – und ist damit genauso hoch wie in Entwicklungsländern. Nur die Ursache ist unterschiedlich: In Entwicklungsländern entstehen die Verluste nach der Ernte und während der Verarbeitung, während sie in Industrieländern sowohl beim Einzelhandel als auch beim Verbraucher anfallen.

In der Europäischen Union werden Schätzungen zufolge 20 Prozent aller produzierten Lebensmittel verschwendet oder sie verderben, während sich 43 Millionen Menschen dort keine täglichen Mahlzeiten mit ausreichender Nährstoffversorgung leisten können. 

Laut einem Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2021 betrug die jährliche Lebensmittelverschwendung in Rumänien 70 Kilogramm pro Kopf und Jahr, was einer Menge von über 1,35 Millionen Tonnen entspricht. Dabei stammen 70 Prozent der Lebensmittelabfälle (über 47 Millionen Tonnen) aus privaten Haushalten, der Gastronomie und dem Einzelhandel.

In diesem Zusammenhang spielen alle Akteure der Lebensmittelkette eine wichtige Rolle bei der Vermeidung und Reduzierung von Verschwendung: diejenigen, die Lebensmittel produzieren und verarbeiten, jene, die sie vermarkten (Gastgewerbe, Einzelhändler), aber auch die Endverbraucher. Nicht nur ein angepasster Rechtsrahmen, sondern auch die Bewusstseinsbildung für die Vorteile der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung und mögliche Lösungen können die gegenwärtige Lage verbessern. Ein kleiner Schritt in diese Richtung ist der nationale Tag der Ernährung, der hierzulande am 16. Oktober begangen wird. Damit bietet sich zumindest eine jährliche Gelegenheit, über das Thema aufzuklären.

Wieso wird Essen verschwendet?

Lebensmittelverschwendung kann an allen Stellen der Versorgungskette entstehen: auf dem Bauernhof, bei der Verarbeitung, bei der Vermarktung, in Restaurants und Kantinen sowie in den Haushalten der Bevölkerung. Die Gründe sind sehr unterschiedlich und viele Faktoren können dazu beitragen, etwa Überproduktion, fehlende Nachfrage nach bestimmten Produkten zu bestimmten Jahreszeiten, fehlerhafte Produkte und Verpackungen, unangemessene Lagerung oder Transport, Probleme bei der Bestandsverwaltung, hohe Qualitätsstandards, die Schwierigkeit, die Anzahl der Kunden vorherzusagen, etwa im Fall der Catering-Dienste, standardisierte Portionsgrößen in Restaurants und Kantinen usw. Außerdem tragen mangelnde Einkaufsplanung und Werbeaktionen wie „Kaufe eins, bekomme eins gratis“ dazu bei, dass viel zu viel Essen gekauft oder zubereitet wird. Aber auch Missverständnisse über die Bedeutung von Angaben wie „Verfallsdatum“ und „mindestens haltbar bis“ führen zu einer erhöhten Menge an verschwendeten Lebensmitteln.

Der gemeinsame Nenner der erwähnten Probleme ist ein allgemeiner Mangel an Bewusstsein bezüglich möglicher Lösungen und Vorteile der Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Um das Unwissen zu bekämpfen, wurde in allen europäischen Ländern ein Rechtsrahmen entwickelt. 

Rechtsrahmen und Richtlinien in Rumänien

Hierzulande wurde 2016 das Gesetz Nr. 217 zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen mit späteren Änderungen und Ergänzungen und der Regierungsbeschluss Nr. 51/2019 für die Genehmigung dessen methodischer Anwendung angenommen. Die geltenden Gesetze legen von der Lebensmittelindustrie zu ergreifende allgemeine und etappenspezifische Maßnahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen fest. Sie richten sich an Wirtschaftsakteure der gesamten Agrar- und Lebensmittelkette, unabhängig von der Organisationsform und zwar in allen Phasen: Produktion, Verarbeitung, Lagerung, Verteilung und Vermarktung, einschließlich des Gast- und Gastronomiebetriebs. 

Ergriffen werden sollen für die Primärproduktion Kulturplanungsmaßnahmen, die den effizienten Einsatz von Ressourcen fördern, Verluste vor der Ernte minimieren und der Nachfrage entsprechen, Anpassungsmaßnahmen an die Auswirkungen des Klimawandels, Forschungs-, Innovations-, Technologiemaßnahmen zur Schaffung von Sorten und Hybriden, die gegen Dürre, Krankheiten und Schädlinge resistent sind. Hochleistungssysteme landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte für die Ernte, Sortierung, Lagerung und Verpackung sollen Produktionsverluste reduzieren. Nach der Ernte sollen Verwertungsmaßnahmen durch Spenden, Vermarktung, Umverteilung, Nutzung von Überschüssen, Umwandlung in Kompost oder Biogas getroffen werden.

Bei der Verarbeitung der Lebensmittel kommen ebenfalls einige Planungsmaßnahmen zum Einsatz. Sekundärprodukte können wiederverwendet werden. Die Automatisierung oder Digitalisierung des Prozesses sowie innovative Methoden zur Lebensmittelbehandlung spielen eine entscheidende Rolle in der Minimierung von Verlusten.

Für die Lagerung, den Vertrieb und die Vermarktung von Lebensmitteln können Maßnahmen wie die Anwendung eines FIFO-Systems „First In–First Out“ (als erstes rein – als erstes raus) für Warenbestände helfen. Wichtig ist es auch, die Bedürfnisse der Verbraucher zu verstehen sowie sie über die optimalen Bedingungen für die Verwendung und Lagerung von Lebensmitteln zu informieren.

Allgemeingültig sind Planungsmaßnahmen, die Anpassung an aktuelle Marktbedingungen, Nachfrage und Angebot, die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit und die Spende von Lebensmitteln, ausgenommen alkoholische Getränke, innerhalb von 10 Tagen bis zum Ablaufdatum an Endverbraucher oder aufgrund eines Vertrags an Empfängerbetriebe. Öffentliche Gastronomiebetriebe wie Restaurants, Konditoreien, Gebäckläden, Bestellhäuser, Kantinen-Restaurants und dergleichen können auch gekochte, zubereitete, verarbeitete Lebensmittel spenden. Es ist jedoch verboten, verderbliche Lebensmittel an Endverbraucher zu spenden wie nicht pasteurisierte Gemüse- und Fruchtsäfte, vorgeschnittenes Gemüse und Obst, gekeimte Samen, verderbliche Lebensmittel tierischen Ursprungs, etwa Fleisch und frische Organe von Nutztieren, Wild oder Zuchtwild, Hackfleisch, zubereitetes Fleisch, Rohmilch und Rohmilchprodukte, Eier, frischen Fisch und Fischereiprodukte. Diese sollen an aufnehmende Betreiber wie Gemeinschaftskantinen oder andere Einrichtungen der öffentlichen Gastronomie gespendet werden. Solche Spenden gelten nicht nur als Akte der Großzügigkeit, sie gewähren auch Steuervorteile. Darü-ber hinaus gilt die Sammlung von Lebensmittelabfällen, die für den menschlichen und tierischen Verzehr unbrauchbar sind, je nach Kategorie im Hinblick auf Verwertung, Umwandlung in Kompost oder Biogas, Recycling oder Entsorgung gemäß der Abfallhierarchie nicht nur als moralische, sondern auch als gesetzliche Pflicht. Am allerwichtigsten bleibt jedoch die Aufklärung. 

Doch in wieweit haben die Behörden Kontrolle über die Umsetzung der gesetzlich festgelegten Maßnahmen? Wirtschaftsakteure im Agrar- und Lebensmittelsektor sind verpflichtet, Jahresberichte mit ihren Plänen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung vorzulegen. 

Soziale Verantwortung der Unternehmen

Im Rahmen eines Programms für soziale Verantwortung versuchen Lebensmitteleinzelhandelsketten die Lebensmittelverschwendung und dadurch auch ihre finanziellen Verluste zu senken. Carrefour schafft dies und die Optimierung der Lebensmittelverwaltung und -verteilung mithilfe künstlicher Intelligenz. Darüber hinaus hat die französische Kette vor zwei Jahren die Express-Box mit überreifem Gemüse und Obst mit bis zu 50 Prozent Preisnachlass eingeführt.

Kaufland betreibt seit 2021 erfolgreich eine Gemeinschaftsmensa in Bukarest (Calea Griviței Nr. 355-357) zusammen mit der NGO Șansa Ta (deine Chance), wobei Lebensmittel mit sich näherndem Mindesthaltbarkeitsdatum in gutem Zustand in den Filialen gesammelt und der NGO zur Verfügung gestellt werden. Wochentags werden täglich je 700 Essensportionen verteilt. Außerdem senkt der deutsche Lebensmittelvollsortimenter die Preise einiger verderblicher Nahrungsmittel gegen Ladenöffnungsschluss, wie auch die Belgier von Mega Image und andere Geschäfte, die alle über eine Ecke mit „Nahrungsmitteln zum beschleunigten Verkauf“ mit Preisnachlass verfügen.

Darüber hinaus sammeln viele Geschäfte von Kunden gespendete unverderbliche Produkte für die Lebensmittelbank, eine europaweite Aktion, die von den 24 Vollmitgliedstaaten der Föderation der Europäischen Lebensmittelbanken (FEBA) und sechs Partnerstaaten, darunter auch Rumänien seit 2016, durchgeführt wird. Ihr Zweck ist, Bedürftige zu ernähren und die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Teil dieses Netzwerks hierzulande, das sich über Bukarest, Craiova, Galatz, Großwardein/Oradea, Klausenburg/Cluj-Napoca, Konstanza, Kronstadt/Brașov, Roman und Temeswar erstreckt,  sind alle wichtigen Einzelhändler, darunter Lidl als Gründungsmitglied, Auchan, Carrefour, Kaufland, Metro, Penny u. a. 

Tipps für Verbraucher

Oftmals kann mit minimalem Aufwand die Lebensmittelverschwendung reduziert werden, was Geld spart und zum Schutz der Umwelt beiträgt. Zuhause wird empfohlen, die Mahlzeiten zu planen, weniger auf den Teller zu geben und bei Bedarf nachzufüllen, den Überschuss aus der Zubereitung früherer Mahlzeiten weiterzuverwerten oder einzufrieren.

Lebensmittel sollen ordnungsgemäß, nach dem FIFO-Prinzip aufbewahrt werden, Anweisungen dazu sind auf den Etiketten zu finden. Wichtig ist auch, immer zu wissen, welche Lebensmittel sich in der eigenen Speisekammer und im Kühlschrank befinden und deren Mindesthaltbarkeitsdatum von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Abhängig von der Verderblichkeit des Lebensmittels kann das Mindesthaltbarkeitsdatum auf zwei Arten ausgedrückt werden: „Verfallsdatum ab dem angegebenen Datum“ informiert über die Sicherheit des Lebensmittels und „vorzugsweise vor dem angegebenen Datum verzehren“ informiert über dessen Qualität. Einkaufen gehen sollte man nie hungrig und die Einkaufsliste immer dabei haben. Sicher für den Verzehr sind auch Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz vor Ablauf steht. 

In Cafés, Restaurants und Hotels soll man passende Portionen bestellen und was übrig bleibt, mit nach Hause nehmen. So spielen wir alle eine Rolle in der Minimierung von Lebensmittelverschwendung in unserem Alltag.