Hermannstadt – Ob und wann endlich eine Schlichtung glücken wird, kann niemand abschätzen. Dem Anschein nach aber gibt es in der Causa der Staatsphilharmonie Hermannstadt/Sibiu auch einige Personen in Entscheidungspositionen aufzuzählen, die es sich leicht gemacht haben und ihr Verhalten bei der Abstimmung am Montag, dem 30. Juni, womöglich gar kein bisschen bereuen. Dabei hatte die Türe zum Wieder-Miteinander-Auskommen noch Donnerstag, am 19. Juni, auf Einladung durch Mircea Dorin Crețu offengestanden, doch verbat sich der Präfekt des Kreises Hermannstadt ohne jede weitere Begründung die Anwesenheit von Presse und Reportern während einer Debatte, zu der einschließlich Unterstaatssekretär Francisc Oscar Gal vom Ministerium für Arbeit, Familie, Jugend und Soziale Solidarität angereist war. Auch der eine Woche später von Adrian Echert (USR) als Hermannstädter Parlaments-Mitglied ausgesprochene Vorschlag, dass zur Bereinigung des Dauerstreits in und um die Staatsphilharmonie Intendant Cristian Lupeș sowie Monica Florescu als Vorsitzende der Gewerkschaft von Orchester-Mitgliedern beide gleichzeitig von ihren Aufgaben zurücktreten sollten, führte kein Anzeichen von Entspannung im Zwist herbei. Sicher lag es auch am Fingerzeig von Echert auf die Option, ganz freiwillig zur Einsparung philharmonischer Kosten eine Gehalts-Kürzung um 20 Prozent zu billigen, was vor allem die von einer Gefahr willkürlicher Entlassung bedrohten Orchester-Mitglieder unter keinen Umständen hinzunehmen bereit waren. Am letzten Juni-Tag schließlich fand online eine Dringlichkeits-Sitzung des Kreisrats statt, und auf der Tagesordnung stand nur ein einziger Punkt: eine „Restrukturierung“ der Staatsphilharmonie frei nach Vorschlag von Intendant Cristian Lupeș, das Personal wesentlich zu verschlanken.
Gegenwehr artikuliert hatten im Vorfeld des unglücklichen Votums auch die Kreisrats-Fraktionen der PSD und der AUR, doch reichten 17 Fürstimmen bei 28 Sitzungs-Teilnehmern und 33 Mitgliedern des Kreisrats knapp aus, den von Cristian Lupeș erhofften und von der liberalen Kreisrats-Vorsitzenden Daniela Cîmpean gutgeheißenen Personal-Streichungen grünes Licht zu geben. Die Entlassung der neun mutigsten Arbeitnehmer aus dem Lager der Gewerkschaft von Orchestermitgliedern stützte sogar die Kreisrats-Fraktion des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR). Die Geldknappheit in Rumäniens staatlichen Einrichtungen, kulturelle eingeschlossen, mag zwar ein Argument für das Durchwinken der umstrittenen Belegschafts-Kürzung gewesen sein, zeugt jedoch in der Wahrnehmung von Berufsmusiker-Kreisen von Stumpfheit in Sachen Kulturpolitik (siehe auch Seite 7 der ADZ von Freitag, dem 20. Juni). Gabriel Bebeșelea, der 2017 aus Unzufriedenheit über die Leistung des staatsphilharmonischen Orchesters von der Position des Chefdirigenten in Hermannstadt zurückgetreten war, obwohl er Fortschritt anzuregen versucht hatte, danach aber gelegentlich noch als Gastdirigent an das Pult trat, nahm das von Kreisrat und Intendant ungerechtfertigt stark gebeutelte Ensemble umgehend nach der verheerenden Abstimmung in Schutz: es wäre „das erste Orchester der Geschichte, das freiwillig um Streichung von Stellen bittet, nicht um Schaffung zusätzlicher Stellen. Das erste!“, so der Gründer und Leiter des Festivals „Musica Ricercata“, das anfangs einige Male in Hermannstadt stattfand und vor einigen Jahren auf entschieden bessere Veranstaltungs-Konditionen in Temeswar traf. „Zusammenfassend bleibt mir nur eines: ich erkläre öffentlich mein kulturelles Boykottieren Hermannstadts, solange diesen Praktiken nicht der Riegel vorgeschoben wird. Von jetzt an lehne ich es ab, in jedwelcher Form am Kulturleben Hermannstadts beteiligt zu sein – beim Gedanken daran, dass mir an meiner Geburtstadt sehr viel liegt und ich meine kreative Energie lange Zeit hauptsächlich ihr gewidmet habe, eine schmerzhafte Entscheidung. Nur steht sie in keinem Verhältnis zum Schmerz der neun Personen, die heute im Vortäuschen einer ´Reorganisierung´ ihre Arbeitsplätze verloren haben. Schande!“