Auch die Schlechtesten wollen noch ins Lyzeum

Deutsches Bildungsmodell hält mit Alternative dagegen

Die deutschen Partnerbetriebe des Modells dualer Ausbildung haben sogar Fachleute aus dem Ausland nach Temeswar gebracht. Sie gelten auch als Stütze für die hiesigen Ausbilder. In den Schulwerkstätten am Ferdinand-Kolleg werden die Grundkenntnisse für den künftigen technischen Beruf vermittelt. Im Partnerbetrieb erfolgt sodann die eigentliche Ausbildung zum Facharbeiter.
Archivfoto: Zoltán Pázmány

Die Berufsschulen nach deutschem Modell nehmen im westrumänischen Temeswar Form an, denn was im vergangenen Sommer aus Mangel an Schülern nur teilweise geklappt hat, lässt sich in diesem Jahr umsetzen: Ab Herbst gibt es zum ersten Mal solche Ausbildungszyklen an gleich zwei technischen Mittelschulen. Die Zahl der eingeschriebenen Kinder an den beiden Partnerschulen der Unternehmen aus dem Deutschsprachigen Wirtschaftsclub Banat DWC (Anm.d.Red.: das Technische Kolleg „Regele Ferdinand I“ und das Technische Kolleg I.C. Bratianu) stimmt dazu die Förderer des Projekts optimistisch. Das Unterfangen liefert für viele Abgänger der achten Klasse Alternative und Perspektive zugleich. Elektriker und Elekromechaniker, aber auch Fachleute mit kaufmännischer Ausbildung – angekurbelt von Netex Consulting - werden ab Herbst in den beiden Schulen ausgebildet.

 

Lyzeen nehmen praktisch jeden an

 

Die kleinste Durchschnittsnote, mit der Schüler in diesem Jahr an der Mathematik-Informatik-Abteilung des Grigore Moisil-Lyzeums angenommen wurden, war 8,96 - zwei Mädchen an dieser Abteilung hatten sogar die Höchstnote 10. Insgesamt schafften bei den Nationalen Eignungstests im Verwaltungskreis Temesch vier Schüler die Höchstbewertung. Ihnen gegenüber stehen Schüler, mit vielen Durchschnitten unter der Versetzungsnote fünf, die jedoch aufgrund der freien Plätze an Lyzeen trotzdem aufgenommen werden. So berichtet Mediafax mit Berufung auf die Internetseite des Bildungsministeriums edu.ro, dass am Technischen Kolleg Electrotimi{ eine Schülerin in die Lyzealklassen eingeschrieben wurde, die in Mathematik die Note 1,00 erhielt, in Rumänisch 1,15 (wobei ein Punkt als Pflichtpunkt vergeben wird) und sie das Gymnasium mit einer Durchschnittsnote von 6,76 abgeschlossen hat. Damit wurde sie mit einem Gesamtdurchschnitt von 2,49 an ein Lyzeum versetzt – eine Perspektive für solche  Schüler sehen darin nur wenige, denn ein Abitur werden sie unter diesen Grundvoraussetzungen und mit diesen Kenntnissen kaum schaffen.

 

Herkömmliches Modell macht keinen Sinn

 

Vor solchem Hintergrund stehen Berufsschulen als willkommene Alternative. Herkömmliche Einrichtungen dieser Art sind jedoch auch für schwache Schüler kein Anreiz: Schlecht ausgestattete Werkstätten, Ausbilder, die nicht immer auf dem neuesten Stand in den Betrieben sind, veraltete Lehrpläne und fehlende Partnerbetriebe gehören mit zu den Mankos. „Die Partnerbetriebe aus dem deutschsprachigen Raum gehen auf die Schulen zu“, zeigt Peter Hochmuth, Vorsitzender des Deutschsprachigen Wirtschaftsklubs Banat, nur einen der Unterschiede zwischen beiden Strukturen auf. Er weist darauf hin, dass sich im Falle der anderen Berufsschulen die Bildungseinrichtungen meist selbst einen Praktikumsbetrieb für ihre Eleven aussuchen müssen. Noch mehr: Ein solcher bleibt nicht die gesamte Schulzeit über der gleiche.

Nicht überall wird sich das deutsche Bildungsmodell umsetzen lassen. Auch dann nicht, wenn in das Projekt auch rumänische Betriebe mit einbezogen werden. In Industrie schwachen Städten bzw. Regionen, wo oft nur kleine Werkstätten das wirtschaftliche Geschehen aufrecht erhalten, wird es solche Strukturen bestimmt nicht geben. Das gleiche gilt für Großbetriebe, die Arbeitsplätze abbauen. Die Anforderungen des deutschen Modells, mit gehobenem Ausbildungspotenzial, zusätzlichen Stipendien und gesicherten Arbeitsplätzen sind nur über wirtschaftlich stabile Betriebe möglich.

Die ersten Absolventen am Ferdinand-Kolleg gibt es in Kürze. Ein weiterer Jahrgang mit technischer Ausbildung steht vor dem letzten Jahr. Die drei neuen Klassen, an denen die Schüler nach deutschem Modell am Herbst ihr Studium beginnen, haben auch gegenüber den vorangegangenen Jahren mancherlei Vorteile: Sie werden sofort nach der 8. Klasse an die Berufsschule aufgenommen, und die Ausbildung dauert ab nun drei Jahre. Über diese gesamte Dauer hinweg erhalten sie 200 Lei vom Staat und noch einmal die gleiche Summe vom Partnerbetrieb. „Berufsschulen haben generell einen niedrigen Stellenwert und deshalb genießen sie wenig Vertrauen. Und unser Modell ist noch zu unbekannt“, gesteht Hochmuth, dass es noch schwierig ist, Schüler für diesen Bildungsweg zu gewinnen. Mit der ersten Generation Absolventen glaubt der Klubpräsident, dass das Modell der dualen Bildung einen weiteren Schub an Bekanntheit erfahren wird. Erst Schritte in diese Richtung sind ohnehin getan: Sogar aus dem Verwaltungskreis Hunedoara haben sich Schüler für den „Deutschen Fach-Bildungsweg“ gemeldet. Dräxlmaier, Hella, Dura, Barum, Continental, Kathrein, Netex und dm sind die Unternehmen, die derzeit am Projekt des „Deutschen Modells“ teilnehmen. Hochmuth kann sich bald auch ähnliche Klassen an Bildungseinrichtungen in Lugosch/ Lugoj vorstellen – Nachfrage und Logistik dazu sind vorhanden.