Bildrausch – Unser Filmptipp der Woche

Dear Zachary: A Letter to a Son About his Father

Der Regisseur Kurt Kuennes stellt in bewegenden Bildern seinen Freund Andrew (rechts) vor.
Foto: www.objectivecinema.net

Jede Woche stellen wir Ihnen ein Film vor, den Sie sich nicht entgehen lassen sollten. Egal ob amerikanisch oder europäisch, egal ob Western-, Krimi- oder Dokumentarfilm, egal ob gestern oder heute. Wir suchen für Sie die Allerbesten raus.

 

Ich werde ehrlich mit Ihnen sein: Als „Dear Zachary“ zu Ende ging, habe ich mir die Augen aus dem Kopf geweint. Dabei habe ich mich mutig durch die erste halbe Stunde durchgekämpft und kann auch mit Stolz behaupten, dass ich sogar die erste Stunde tapfer ausgehalten habe. Als aber dann der Abspann lief, hatte mich Kurt Kuennes Dokumentarfilm gefangen. Andere werden bestimmt schneller nachgeben, sich schneller auf „Dear Zachary“ einlassen und nicht versuchen kritisch das zu hinterfragen, was Kuennes 90 Minuten lang versucht mit seinem Film zu erreichen.

 

Auf den Inhalt werde ich kaum eingehen, weil es den Film ruinieren würde. Ich kann Ihnen versichern, dass „Dear Zachary“ unerwartete Wendungen nimmt und hoffe, dass selbst diese Aussage nicht schon zu viel hergibt. Denn Kuennes Film muss man sich ohne Vorwissen anschauen. Was Sie als Zuschauer wissen müssen ist folgendes: Der Film handelt von Andrew Bagby, dem besten Freund des Regisseurs, der ermordet wurde. Kuennes dreht den Film für dessen Sohn, um die Erinnerung an seinen Vater zu bewahren.

 

Der Regisseur reist dafür Tausende von Kilometern und nimmt zahlreiche Interviews von Verwandten, nahestehenden Freunden und Studienkollegen auf. Gleichzeitig untersucht Kuennes den Mordfall und begleitet die Eltern Bagbys, wie sie versuchen, den Mörder ihres Sohnes hinter Gitter zu bringen.

„Dear Zachary“ ist somit beides: ein Portraitfilm über einen Freund und ein Kriminalfilm.

 

In seiner Recherchearbeit brachte Kuennes viel Material zusammen. Er verzichtet auf wenig und bietet eine Flut an Bildern, Eindrücken und Stimmen an. Manchmal werden im Minutentakt neue Gesprächspersonen eingeführt. Kuennes selbst ist auch Erzähler und er hat sich gewollt für einen rasanten Erzählfluss entschieden. Als Zuschauer wird man meistens durch die Handlung gehetzt.

Nichts passiert unabsichtlich. Kuennes versteht es die Macht der Bilder und der Worte auszunutzen. Darum wirkt der Film oft manipulativ. Doch man verzeiht es dem Regisseur spätestens nach der ersten Stunde. Es ist ein zutiefst menschlicher Film.

 

Es ist ein Film über Gut und Böse, über ein fehlerhaftes Justizsystem, über Familie, Kinder und Eltern. Ja, ich sage es offen: Ich habe geweint. Doch ich kenne niemanden, der nach „Dear Zachary“ nicht weinen würde.