Eine Familienflucht brachte den Jazzgitaristen Tibor Eichinger zur großen internationalen Musikerkarriere. Es war kurz nach dem Ersten Weltkrieg als Josef Konrad seine Familie nahm und seine Heimatstadt Temeswar/Timisoara verließ. Tibors Urgroßvater floh nach Ungarn, verbrachte in Szegedin in einem Rinderwaggon den Winter und ging dann nach Budapest. Der Urenkel Tibor sollte wieder ganz woanders zur Welt kommen, näher an dessen alten Heimat dran. In Nordosten Ungarns, in Nyíregyhaza wuchs er auf, bekam mit 13 Jahren seine erste Gitarre – ein Geburtstagsgeschenk seiner Eltern – und schrieb mit 14 schon seine ersten Songs.
Erst zwei Jahre später folgte die erste Band. Davor machte er mit seinen Auftritten auf sich aufmerksam. Als 15-jähriger eiferte er Folk-Größen wie Bob Dylan nach: Tibor trug lange Haare, eine Lederjacke, Röhrenhose, Gitarre und Mundharmonika.
Ob auf Schulwettbewerben oder später auf dem Pop-Rock-Jazz-Landeswettbewerb, der Musiker schaffte es meist in die Endrunde und staubte auch den großen Preis ab - mit 22 eine goldene Urkunde. „Dieser Sieg bedeutete einen wichtigen Energieschub für mich“, sagte Tibor Eichinger im Interview mit der Neuen Zeitung. „Zu der Zeit lernte ich in der Benczúr-Straße in Budapest schon Jazzgitarre, als Zeitungsbote habe ich mein Geld verdient, um daran teilzunehmen.“
Zusammen mit dem deutschen Gitarristen Stefan Varga bildet Eichinger seit Jahren das Duo „West and East“. Auch Varga fing mit 13 Jahren an, Gitarre zu spielen. Er studierte an der Musikakademie Wiesbaden und später an der Johannes Guttenberg Universität in Mainz.
Eichinger studierte am Béla Bartok Konservatorium und der Franz Liszt Musikhochschule in Budapest bei Gyula Babos. Das Duo tourte viel durch Deutschland und hat zwei Alben herausgebracht. „Danach entstand die Formation ZoZo“, so Eichinger in der Neuen Zeitung. „Mit dieser waren wir beim Regensburger Jazz festival 2012 und 2013 dabei.“
Er hätte einen durchschlagenden Erfolg erlebt und zahlreiche CDs verkauft. „Es war für mich ein unglaubliches Erlebnis“.
Der Jazzgitarrist unterrichtet auch am Sanktiwan bei Ofen. Zweimal in der Woche bringt er an der zweisprachigen Grundschule am Nachmittag Kindern das Gitarrenspiel bei. Er hat insgesamt 12 Schüler. Hinzu kommen noch einige Privatschüler. Mit der Stelle versucht der Musiker über die Runden zu kommen. Die Gitarre sei für ihn sein Leben.
„Ende der 70er Jahre war ich Teenager“, sagte Eichinger im Gespräch mit Angéla Korb für das ungarische Wochenblatt die „Neue Zeitung“. „ Damals hörte ich die großen Rockbands wie Led Zeppelin, Deep Purple, Santana, Pink Floyd und die anderen, so bin
ich aufgewachsen, sowie mit den ungarischen Formationen Hobo Blues Band, EDDA usw. Zu der Zeit habe ich schon Gitarre gespielt und hatte selbst mit meiner Band Auftritte. Mich interessierte ausschließlich die Musik.“
Darum spielt er in zahlreichen Formationen mit und war auch in verschiedenen Projekten involviert. Er arbeitete an Theaterstücken des Ensembles Kréta Kör mit, komponierte Filmmusiken für Györy Szomjas sowie András Szöke und trat mit Gábor Gadó und dem Bop-Art Orchestra auf.
Dabei fing alles vor fast einem Jahrhundert mit einem deutschen Flüchtling an. Die Geschichte seines Urgroßvaters würde zu einem Blues-Song passen. Alles halb so tragisch, aber dennoch abenteuerlich. Und es würde zeigen, aus welchem Holz die Eichingers geschnitzt sind. Echte Kämpfernaturen. Das behaupten zumindest Fans, die Tibors Vita kennen und auch schon von der Lebensgeschichte Josef Konrad gehört haben. Schließlich gibt Tibor alles für seine Musikkarriere, denn Musik stellt nicht nur sein Leben dar, sondern auch seinen Glauben.