„In Temeswar angelangt, bindet Eugen von Savoyen sein Ross mitten auf dem Domplatz fest und macht sich auf die Suche nach der Enothek. Und was erfährt er? Dass die Straße, auf die er gelangen muss, seinen Namen trägt. Vor dem Gebäude mit der Nummer 11 ist ein riesiger Korkenzieher aufgepflanzt. Da muss es sein. Es hat sich viel Volk eingefunden zur Eröffnung des ersten Restaurants in Temeswar, das dem Wein gewidmet ist. Er tritt ein uns sieht gleich rechts sein eigenes Porträt. Er sieht noch immer fast genauso aus. Die Leute werden ihn leicht erkennen. Er steigt die gewundene Treppe herab und gelangt in einen Keller aus Backsteinziegel, dessen Wände von Hunderten von Weinflaschen übersät sind. Der Mann beim Empfang begegnet ihm herzlich, erkennt nicht, um wen es sich handelt. ´Ich wünsche den Sommelier des Hauses sprechen´, sagt ihm der Prinz. ´Von wessen Seite?´ ´Von Seiten Eugen von Savoyens!´“
So lautet ein Fragment aus dem Essay „Vom Wirtshaus ´Zu den 3 Kronen´ zur Enothek Eugen von Savoyen“, das von Oana Doboşi vor etwa acht Jahren geschrieben wurde. Die Frau hat vor Kurzem zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin die erste unabhängige Buchhandlung „La două bufniţe“ (deutsch: Zu den zwei Eulen) in Temeswar eröffnet. Heute ist die Buchhandlung Schauplatz der Buchvorstellung „300 Jahre seit der Eroberung der Festung Temeswar – Die Chronik der Eugen-von-Savoyen-Straße“. Die Autoren und Initiatoren des Projekts, Mitglieder des Literaturvereins „Ariergarda“, haben sich an diesem Abend versammelt, um die interessanten Geschichten sowie die erfundenen Erzählungen zu den Gebäuden in der Straße, die den Namen des Prinzen trägt, der die Temeswarer Festung von der osmanischen Herrschaft befreit hat, bekannt zu machen.
Die Chronik nimmt sich vor, den Leser an der Hand zu führen und mit ihm einen Spaziergang durch die Straße, die infolge der Generalüberholung der Innenstadt zu einer Fußgängerzone umgewandelt wurde, zu unternehmen. Eigentlich ist die Idee eines solches Buches schon 2008 entstanden, lässt der Temeswarer Autor und Initiator des Projekts, Daniel Vighi, wissen. „Damals war die Straße noch befahrbar und ich wollte eine Fantasieübung in die Wege leiten und den Temeswarern die Straße ohne Autos, so wie sie vor vielen Jahren gewesen war, lebhaft vorzustellen“, sagt Vighi.
Die Leser dürfen in eine vergessene Epoche eintauchen. Der Rundgang beginnt am Dikasterialpalast und führt bis zur Mărăşeşti-Straße. Jedes Gebäude rückt in den Vordergrund und wird zum einzigartigen Darsteller seiner eigenen Geschichte. So erfahren die Leser einiges über den Dikasterialpalast, auf dessen Platz sich im 18. Jahrhundert das sogenannte Alte Kammeralhaus befand; über die Herberge und die Gaststätte „Zum Trompeter“, später „Hungaria“, und Haus, in dem der rumänischen Herrscher Alexandru Ioan Cuza im März 1866 zwei Nächte verbrachte. Auch der sogenannte Mercy-Palast rückt in den Vordergrund: „Die Tradition besagt, dass dieser Palast eben der war, worin der Habsburgische Gouverneur des Banats, der Graf Claude Florimund von Mercy residiert hatte. In Wirklichkeit standen an diesem Platz mehrere Gebäudeteile, die das sogenannte Alte Generaltshaus, das alte Generalshaus, bildeten“, heißt es in der Chronik. Diese sanierungsbedürftigen Bauten wurden um das Jahr 1780 abgerissen. Auf spätere Stadtpläne wird auf dieser Fläche der Sitz des Komitatsgerichts, der Staatsanwaltschaft, des Gefängnisses und des Generalinspektorats der Gefängnisse aufgezeichnet. Heute ist hier der Biergarten „Curtea Berarilor“ untergebracht. Alle Fakten lösen sowohl erfundene, als auch mögliche humorvolle Liebes- und Lebensgeschichten aus.
Ganz am Ende der Eugen-von-Savoyen-Straße kann man das Prinz-Eugen-Haus oder das Haus vom Prinz-Eugen-Tor - sanierungsbedürftig und leicht zu übersehen - wiederfinden. Das ist das Gebäude mit der Nummer 24, das an der Stelle des ehemaligen Forforosa-Tores errichtet wurde. Heute erinnert nur noch ein im Stein gemeißeltes Abbild des Tors daran und eine Informationstafel, die an der Fassade des Hauses angebracht wurde. Jedoch wurde die Tafel wegen fehlerhafter Übersetzung der deutschen Variante (die BZ berichtete) wieder entfernt - demnächst soll eine korrigierte Variante angebracht werden.
„So würde es ausschauen! Sein Klein-Wien. Diese schmutzigen Straßen werden sauber werden, die Gebäuden ihrer Zierraten entledigt und die Pluderhosen werden in Rauch aufgehen, der auch in alle Winde verweht werden wird, so dass nichts übrig bleibt von dieser jämmerlichen Stadt. Die Luft in Temeswar hat etwas Besonderes und erst jetzt, da er durch das Forforosa Tor hindurch kommt, versteht er den Traum, den er hatte, zu deuten.(...) Im Traum ist ihm das Kleinod einer Stadt erschienen – eines Klein-Wiens mit schmalen Gassen, Kaleschen, einem Theater, Leuten, die glücklich waren, keine Pluderhosen mehr tragen müssen, und oh, Frauen, schönen Frauen. Wo immer sich schöne Frauen in Gefahr befanden, griff er, Prinz Eugen von Savoyen ein“. (Fragment aus Daniela Raţius „Der smaragdene Ring des Prinzen Eugen von Savoyen“).
Jede Geschichte wird im Buch von ausdrucksvollen Bildern begleitet. Camil Mihăescus Fotografien wurden mit einem Sepia-/Vintage-Effekt veröffentlicht, gerade, um die einstige Stimmung der Straße zu widerspiegeln.
Die rumänisch-deutsche Chronik ist teilweise eine Wiederveröffentlichung und eine durchgesehene Variante des Buches „Das Buch der Eugen-von-Savoyen-Straße“, das 2010 im Brumar-Verlag erschienen ist. Die Texte zur Geschichte der Immobilien stammen vom Historiker Ioan Ha]egan, die erfundenen Erzählungen aus den jeweiligen Gebäuden in der Straße wurden von Banater Autoren wie u.a. Viorel Marineasa, Daniel Vighi, Daniela Raţiu, Tudor Creţu und Alexandru Potcoavă geschrieben.