"Manche Leute bauen Häuser/andere zimmern Tisch und Stuhl.../Ich wohne in einem Haus/Ich trage Kleid und Schuh/ und - schreibe immerzu -"
( Wozu?) .So der einfühlsame und selbstkritische Blick der Dichterin in das eigene Leben und Schaffen. Es handelt sich um eine ungewöhnliche Schriftstellerin, die sowohl im Leben wie auch in der Literaturszene in allen Lagen Bescheidenheit zeigte: Das war die Temeswarer Lyrikerin Erika Scharf - Sie gehörte neben Altmeister Zoltan Franyo auch zu den wichtigsten literarischen Übersetzer des Banats und Rumäniens- trotz ihrer Zurückhaltung im Nachhinein doch eine bedeutende Stimme der Banater deutschen Literatur. Erika Scharf ist am 14. Juli 2008 im Alter von 79 Jahren nach langem Leiden in Temeswar verstorben.
Erika Scharf (Pseudonym: Karoline Urban), geboren am 21. Juni 1929 in Temeswar, war jahrzehntelang in der Temeswarer Literatur- und Kulturszene ein fester Begriff als Lyrikerin, Übersetzerin, Prosaautorin und Filmkritikerin, Mitglied des rumänischen Schriftstellerverbandes, des Literaturkreises Lenau bzw. AMG sowie Die Stafette. Sie war als Bibliothekarin am Nationaltheater (1955-64) und am DSTT (1964-70), als Redakteurin der NBZ (1970-72), danach als freischaffende Schriftstellerin (ab 1984 in Rente) tätig. Ihr literarisches Debüt fand in der Zeitschrift “Neue Literatur”(1965) statt. Ihren Broterwerb sicherte sie sich aber ab 1963 hauptsächlich durch ihre Übersetzertätigkeit. Die 40 Buchtitel, darunter 17 Stücke, 26 Prosabände und 7 Gedichtbände, vorwiegend Übersetzungen aus dem Rumänischen und Ungarischen ins Deutsche, in in- und ausländischen Verlagen (vor allem für den Kriterion- und Facla-Verlag) weisen sie als eine der angesehensten Übersetzerinnen des Landes aus. Bei vielen ihrer Übersetzungen sollte man eher von Übertragungen oder Nachdichtungen sprechen. Ihre Übersetzungen von Mihail Sadoveanu, Marin Preda, Eugen Barbu, George C²linescu, Sütö Andras oder Jozsef Meliusz zählen auch heute noch zum Besten in diesem Bereich. Sie hat auch etwa 20 Stücke für das DSTT übersetzt. Zu erwähnen "Die Schindmähre" /Omul cu mâr]oaga" von Gheorghe Ciprian, "Wintermärchen" von Tudor Mu{atescu oder "Der Vagabund" von Victor Eftimiu, "Und immer wieder Medeea" von Göncz Arpad. Hervorzuheben auch ihre Nachdichtung der ungarischen expressionistischen “Ma”-Gedichten von Robert Reiter (Franz Liebhard) in dem Band "Abends ankern die Augen".
Als eigene literarische Arbeiten hat sie Lyrik aber auch stimmungsvolle Kurzprosa in fast allen deutschen Publikationen Rumäniens sowie in den Anthologien rumäniendeutscher Autoren 17 Ich - 1 Wir (1965), Worte und Wege (1970), Worte unterm Regenbogen (1973), Pflastersteine (1985) sowie in den Sammelbänden der “Stafette” veröffentlicht. Erika Scharfs Lyrik, die sie selbst immer als eine Sache der Intimität streng gehütet und schwer für den Druck freigegeben hat, reicht von zarter Stimmungslyrik bis zu aussagekräftiger Gedankenlyrik. Ihr erster und letzter eigener Band mit Kurzprosa und Lyrik ist unter dem Titel “Strandgut” erst 2002 im Temeswarer Artpress Verlag als Stafette-Buch erschienen.