Gratwanderung zwischen Dienstvorschrift und Verletzung der Privatsphäre

Banater äußern sich zur hautnahen Realität eines zeitlich überholten Falles

Auch wenn viele um die Privatsphäre bangen, ist Kontrolle der Kommunikation im Job unumgänglich.
Symbolfoto: Zoltán Pázmány

„Das haben wir schon hinter uns“. Die Frau lacht: „Erwähnen Sie mich bitte nicht, nicht einmal mit Initialen. Unsere Geschäftsführung hat längst von der Überwachung auf dem Dienst-PC abgesehen“. Man könne die Bedingungen von heute nicht mit den Gepflogenheiten von vor zehn Jahren vergleichen, denn „heute sind interne Kommunikationsmittel in verschiedenen Unternehmen geradezu Pflicht“. Damit ist sie in etwa auf gleicher Wellenlänge wie Beatrice Bristena, die sich zum letzten Aufschrei in Rumänien in Sachen Nutzung der Firmen eigenen Kommunikationsmittel zu privaten Zwecken äußerte, genauso wie es mehr als 30 Personen getan haben, die einer Facebook-Initiative der Banater Zeitung vom vergangenen Wochenende Folge geleistet haben.

Ausgangspunkt der Debatte war eine vor Kurzem getroffene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, EGMR, der festlegte, dass ein Arbeitnehmer das Recht habe, die Internetkommunikation der Angestellten während der Arbeitszeit zu überwachen. Die EMGR (rumänisch CEDO) hatte die Klage eines Ingenieurs abgelehnt, der im Sommer 2007 entlassen wurde, weil er seinen Online-Messenger genutzt hatte, um Privatgespräche zu führen. Der Arbeitgeber hatte sich darauf berufen, dass eine interne Regel der Firma besagt, dass es „verboten ist, die Ausstattung der Firma zu privaten Zwecken zu nutzen.“

Die Umfrageteilnehmer der Banater Zeitung leben entweder im Banat oder stammen zumindest aus der Region. Sie sind grundsätzlich dafür, dass Arbeitnehmer in ihrem Job den beruflichen Pflichten nachkommen, fühlen jedoch die Gefahr im Nacken, dass unter Umständen die Privatsphäre verletzt werden könnte. Kontrovers bleibt das Thema allein in dem Punkt, wo es darum geht, ob allein die Gerätschaften der Firma nicht zu privaten Zwecken genutzt werden sollen, oder ob vor allem die sinnvolle Nutzung der Arbeitszeit in Frage gestellt wird, wenn während der Dienstzeit private Gespräche geführt werden.

 

Einheitliche Meinung: Arbeitszeit sinnvoll nutzen

Um einen Ausgleich zu finden, zwischen sinnvoller Nutzung der Arbeitszeit, und Privatsphäre, ist manch einer dafür, dass verschiedene Internetseiten ersteinmal gar nicht aufrufbar sind, um der Versuchung vorzubeugen. Letztendlich apellieren einige an das Verständnis des Arbeitgebers, denn allein Sperren von Internetseiten oder verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten ist heute sicher keine Lösung im wahrsten Sinne des Wortes mehr. „Der Angestellte kann immer auf sein eigenes Mobiltelefon und auf die enthaltenen Applikationen zurückgreifen. Die privaten Gerätschaften darf der Arbeitgeber nicht kontrollieren“, sagt Beatrice Bristena. Technische Maßnahmen seien ein Teil der Lösung, schreibt die ehemalige Lenau-Schülerin. Arbeitszeit müsse genutzt werden, doch in die andere Extreme gehen und Navigations-Historie verfolgen sei nicht in Ordnung. „Ich glaube nicht, dass dieser Fall von 2007 an die heutigen Gegebenheiten angepasst ist, denn viele Programme sind heute für die interne Kommunikation unerlässlich“, meinte Beatrice Bristena zum Schluss. Die Sportjournalistin Anda Flavia Deliu glaubt grundsätzlich nicht, dass ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter entlässt, nur weil dieser einmal auf Facebook erwischt wurde. Zwar sei Kontrolle notwendig, aber auch da müssen Grenzen gesetzt werden, denn es könnten unter Umständen leitende Angestellten aus rein privaten Gründen Jagd auf die Kommunikation von Mitarbeitern machen.

 

Die Stimme des Juristen

Der Temeswarer Rechtsanwalt und ehemalige Schüler des Nikolaus-Lenau-Lyzeums, Dan Cărămidariu, sagt, dass die EGMR-Entscheidung richtig ist. „Der Arbeitgeber darf so vorgehen, wenn ein Verstoß gegen die im Vorhinein dem Arbeitnehmer bekannten Regeln am Arbeitsplatz vorliegt“. Und dabei geht es anscheinend nicht nur um Facebook oder private Mail-Nutzung. „Wenn dem Arbeitnehmer untersagt wurde, während der Arbeitszeit gewisse PC-Programme zu verwenden oder gewisse Internetseiten aufzurufen, dann spielt es gar keine Rolle mehr, ob er private Gespräche führt oder auf dem PC spielt“. Fakt ist jedoch, dass der Arbeitnehmer von der Regelung in Kenntnis gesetzt werden muss.

Was die Verwendung der privaten Geräte, also des privaten Mobiltelefons für außerdienstliche Gespräche während der Arbeitszeit betrifft: „Auch dagegen kann der Arbeitnehmer vorgehen“, sagt C²r²midariu. Der Anwalt weist darauf hin, dass der Arbeitnehmer „zwar nicht kontrollieren darf, was der Arbeitnehmer macht, bzw. mit wem er spricht, aber er kann Maßnahmen ergreifen, wenn deshalb Arbeitszeit vergeudet wird und der Arbeitnehmer nicht seinen Pflichten nachkommt“.

Nicht ungewöhnlich ist auch, dass der Arbeitgeber auf seinen eigenen Geräten bestimmte Internetseiten blockieren lassen kann, damit sie von den Angestellten nicht angeklickt werden. „Wenn der Arbeitnehmer Bescheid weiß, was er darf und was er nicht darf, kann der Arbeitgeber auch Maßnahmen ergreifen, bis hin zur. Kündigung, wenn der Arbeitnehmer gegen diese Regeln verstoßt“, führt der Temeswarer Anwalt für die BZ weiter aus. Auch wenn in Betrieben der Internet- und sonstige Kommunikationsverkehr auf den Geräten überwacht werden kann, darf die Privatsphäre des Angestellten nicht verletzt werden. „Meiner Meinung nach dürfte er nicht private Nachrichten des Angestellten lesen, weiterleiten oder sonstwie nutzen“, schließt Cărămidariu in einer persönlichen Notiz und weist darauf hin, dass so etwas trotzdem häufig geschieht.