Die Sanierung der Temeswarer Innenstadt ist offiziell abgeschlossen. Auf den ersten Blick scheint die Erneuerung des historischen Stadtzentrums ein gelungenes Unterfangen. Vor allem Leuten, die schon lange nicht mehr in Temeswar gewesen sind, fallen die Veränderungen positiv auf. Aus einem Stadtzentrum voller Autos ist eine (teilweise) gepflasterte Fußgängerzone geworden, auch Dom- und Freiheitsplatz sind generalüberholt. Doch die Bürger der Stadt lassen sich von der Sanierung und Umgestaltung der Altstadt bei weitem nicht beeindrucken. Viele der Arbeiten sind schlampig durchgeführt, der Feinschliff fehlt, den Details hat man überhaupt keine Bedeutung beigemessen.
Ein kurzer Spaziergang durch das Stadtzentrum reicht völlig aus, um zu beobachten, dass eines der Versprechen, die Bürgermeister Nicolae Robu in der Wahlkampagne vor vier Jahren öffentlich gegeben hatte, nicht eingehalten wurde. Nämlich jenes, dass alle Kabel in der Stadt unterirdisch verlegt werden. Schlendert man, zum Beispiel, durch die Alecsandri-Straße, und guckt man nach oben, so fallen die unzähligen, gewundenen Kabel auf, die über den Köpfen der Passanten hängen. Sofort bemerkt man auch die unsanierten Altbauten, wie etwa das Gebäude im Stile der Jahre 1900, in dem die Liberalen ihren Sitz haben. Eines der schönsten Gebäude, benutzt von der ältesten Partei Rumäniens, macht weder dem Domplatz, noch der PNL Ehre – der auch Bürgermeister Robu angehört. Das unverputzte Gebäude der Nikolaus-Lenau-Schule in der Gheorghe-Lazăr-Straße ist ebenfalls eine Schande, denn schließlich gehört die deutsche Schule, die zwei Nobelpreisträger geliefert hat, zu den Einrichtungen, mit denen man sich gerne rühmt. Dass von vielen Altbauten der Verputz abblättert, ist seit Jahren ein ungelöstes Problem.
Die Kommune vergräbt zwar keine Kabel, jedoch ihre eigene Geschichte. Die wohl größte archäologische Entdeckung, die türkischen Bäder am Freiheitsplatz, kamen wieder unter die Erde, nachdem ein Ausschuss von städtischen Fachleuten es so beschlossen hatte. Es wäre eine zeitweilige Lösung, hieß es im Herbst 2015, um die Funde unverändert zu erhalten. Dass die türkischen Bäder am ehemaligen Paradeplatz irgendwann mal in ein urbanes Freiluftmuseum gestellt werden, ist momentan noch sehr realitätsfern.
Pitstop Freiheitsplatz: Zahlreiche Alttemeswarer sind der Meinung, dass der mit roten Steinplatten in konzentrischen Kreisen ausgelegte öffentliche Platz seine Identität verloren hat. Von dem historischen Paradeplatz ist keine Spur mehr übrig, aus dem einstigen Platz mit viel Grün und Bänken ist ein moderner, öffentlicher Ort geworden. Schaut man zum Alten Rathaus hinüber, so stechen einem vier Riesenbuchstaben ins Auge, die je ein Fenster füllen: A-L-D-E. Die vier Banner gehören der Allianz der Liberalen und Demokraten und wurden laut Aussagen des Temescher Filialevorsitzenden Petru Ehegartner mit Genehmigung der Stadt dort angebracht. Unpassende, kitschige Werbeschilder hängen auch an dem Gebäude, in dem die Bauernpartei ihren Sitz hat.
Pflastersteine, die wackeln und Gischt hochspritzen beim Gehen, ungleichmäßig angebrachte Betonplatten, zwei verschiedene Arten von Straßenlampen, Hausnummern mit der alten Straßenbezeichnung (wie etwa in ehemaligen der Ceahlău-Straße): Die Liste des Schluderns in der Altstadtsanierung könnte mit vielen Beispielen fortgesetzt werden. Allein der Domplatz scheint seinen alten Glanz wieder zu erhalten. Oder beinah. Der von 1971 stammende artesische Brunnen wurde zwar wieder mit Greifköpfen versehen, jedoch sehen diese aus, wie wenn sie von alibaba.com bestellt worden wären. Allein die „Made in China“-Aufschrift fehlt.