Zur Eröffnung des ungarischen Abschnitts der Wanderausstellung über die Migration der Deutschen im Donauraum im 18. Jahrhundert (ungarischer Titel: „Migrácio a Duna Térségében. A németek betelepülése a 18. században“) hat der Partner der Ausstellungsmacher aus Ulm, Sathmar, Arad, Temeswar, Reschitza und Novi Sad, das Janus Pannonius-Museum aus Pécs, mittelgroßes Geschütz aufgefahren: Der Pécser/Fünfkirchener Bürgermeister Zsolt Páva war gekommen, der Abteilungsleiter im Ministerium für gesellschaftliche Ressourcen, verantwortlich für die Partnerschaft der Minderheiten, Richard Tircsi (ein Sathmarschwabe aus einer der drei sathmarschwäbischen Gemeinden, die heute auf ungarischem Hoheitsgebiet liegen) und Johann Flodung, der der deutschen Minderheiten-Selbstverwaltung von Pécs und dem Komitat Baránya vorsteht. Und es spielte, in guter „schwäbischer“ Tradition, eine Musikergruppe aus Nadasch/Mecsednádas auf.
Die Moderation der Eröffnungsveranstaltung hatte die Interimsleiterin der Museen übernommen, die als „Janus Pannonius“-Museum fungieren, Judith Müller, die sich auch (fast) von Beginn an um das Projekt seitens des ungarischen Partnermuseums gekümmert hat. Und Judith Müller machte es (nicht lampenfieberfrei) gekonnt, denn die etwa 150 Teilnehmer an der Eröffnungsveranstaltung unter der blühenden uralten Linde vor der Ausstellungsgalerie des Museums spendeten lebhaften Beifall, der so gar nicht nach einer Höflichkeitsgeste klang.
Bürgermeister Páva Zsolt wünschte sich, „dass je mehr Bewohner unserer Stadt sich diese Ausstellung anschauen. Viele unter ihnen werden manches erstmals sehen und Denkanstöße verinnerlichen, die sie bewegen können, unsere Stadt mit anderen Augen zu sehen.“ Im anschließenden Gespräch gab der Bürgermeister zu, dass sich hinter der diplomatischen Verbrämung in der öffentlichen Rede der Wunsch verberge, dass die Mehrheitsbevölkerung der Stadt ihre deutsche Vergangenheit intensiver schätzen möge. Richard Tircsi, der deutschstämmige Abteilungsleiter in einem Ministerium der Regierung von Viktor Orbán, sagte u.a.: „Die Welt, in der wir heute leben, unser gemeinsames Europa, braucht Heimat. Heimat brauchen auch wir Ungarndeutschen in der EU. Diese Ausstellung ist auch Heimatpflege. Und sie erinnert uns alle daran, dass unsere Verbundenheit zu unseren Herkunftsgebieten feste Anker braucht. Wie diese Ausstellung einer ist.“
Johann/János Flodung, der seine Ansprache erst ungarisch und dann deutsch, ohne Übersetzung seitens eines Dolmetschers, hielt, lobte die Ausstellung aus Sicht eines Nachkommens deutscher Siedler, die im 18. Jahrhundert in die Schwäbische Türkei eingewandert sind: „Diese Ausstellung stärkt unsere Identität. Sie stellt die Geschichte des kleinen Mannes dar, keine Geschichte aus hoher und höchster Warte. Aber die Ausstellung ist auch ein Bild der Donau, die nicht nur uns Ungarndeutsche hierher brachte und die für alle Donauschwaben ein Fluss der Hoffnung war und ist. Donau ist Heimat.“
Der Ausstellungseröffnung war eine Projektbegegnung vorausgegangen, an der – mit Ausnahme von Arad und Temeswar – alle beteiligten Museen teilgenommen haben und die einerseits eine Bilanz des bisherigen Ausstellungsgeschehens (Dr. Dumitru }eicu, Direktor des Museums des Banater Montangebiets: „In meinem Museum haben in den sechs Wochen, als die Ausstellung besichtigt werden konnte, sie so viele Interessenten besucht, wie sonst in einem halben Jahr in dieses Museum kommen.“) und andererseits eine Vorausschau auf künftige Projektvorhaben der Partner aus den vier Ländern Deutschland, Rumänien, Ungarn und Serbien.
Ziemlich konkret ist bereits der bescheidene Beitrag zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des 1.Weltkriegs, an den 2014 europaweit erinnert wird. Das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) in Ulm – auch diesmal der Vorreiter in der Partnerschaft – bereitet eine Ausstellung vor, die schon allein durch die Thematik fasziniert: Die Sicht des Frontsoldaten, widerspiegelt in seiner Feldpost. Es gibt zum Glück umfangreiche Sammlungen an – zensurierter und unzensurierter – Feldpost in allen beteiligten Museen und daraus wird eine Ausstellung zusammengestellt, die über Freud und Leid, Fernweh und Sehnsucht der Frontsoldaten des ersten Weltkriegs erzählen soll.
Hochinteressant die Beiträge dazu, die aus Sathmar und aus Temeswar zugesagt wurden (die anderen Museen, Ausnahme das DZM und Pecs) sind noch auf der Suche...). Temeswar besitzt ein jüngst angekauftes umfangreiches Tagebuch – mit zahlreichen eingeklebten Fotos und Handzeichnungen – eines Frontsoldaten, das dessen Teilnahme an den Alpenkämpfen verlebendigt. Sathmar kommt mit den als Feldpost verwendeten Foto-Briefen eines k.u.k.Offiziers von der Albanien- und Mazedonienfront, geschrieben von einem Rumänen, der im kaiserlich-königlichen Heer diente und der später in Großrumänien eine politische Karriere einschlug. Da die Erklärungen zu den von ihm geknipsten Fotos an seine Frau adressiert sind, haben sie eine ganz eigene Note.