Handball hat in Großsanktnikolaus Tradition und das nicht nur, weil diese Sportart seit vielen Jahren in der westrumänischen Kleinstadt betrieben wird, sondern wiederholt spielten verschiedene Generationen von Handballern in gehobenen Leistungsklassen. Kurz vor der Wende von 1989 stieg die lokale Mannschaft Voinţa sogar in die Erste Liga auf und auch danach versuchten sich Mannschaften aus der 12.300-Einwohner-Stadt zeitweilig in der Zweiten Liga. Derzeit steht die Herrenmannschaft aus Großsanktnikolaus für eine neue Premiere: sie spielt nämlich in der Kreismeisterschaft Csongrad im Nachbarland Ungarn und ist auf dem besten Weg in die Drittklassigkeit, ebenfalls in Ungarn, aufzusteigen. Wenn Joszef Roosz-Suba heute über die Beteiligung seiner Mannschaft an einer Kreismeisterschaft in Ungarn spricht, tut er dies mit - symbolisch gesehen - recht leiser Stimme. Der Rumänische Handball Verband hat, BZ Informationen nach, den Verantwortlichen in Großsanktnikolaus nahe gelegt, diskret, mit dieser Tatsache umzugehen, doch der Handball-Abteilungsleiter bei CS Unirea, Roosz-Suba, stellt sich lieber den Medien, als falsche Informationen verbreiten zu lassen. Weil er auch Trainer der Senioren ist und alle Auswärtsspiele seiner Mannschaft in Ungarn bestreitet, kennt er das Geschehen wahrhaftig hautnah.
Sportliche Herausforderung und Kostenfrage
Zwischen Finanz- und Wettbewerbsfrage, bewegten sich die Gemüter in Großsanktnikolaus, als sich die Vereinsleitung im vergangenen Sommer entschloss, in ungarischen Dörfern und Kleinstädten statt in Billed, Lugosch oder Lowrin zu spielen. In der Temescher Kreismeisterschaft war ihr nämlich der Wettbewerb zu eintönig geworden; für die nächsthöhere Spielklasse - die Zweite Liga - waren die Ausfahrten lang und kostspielig: Manche sogar in 500 Kilometer entfernte Ortschaften. "Stellen sie sich vor, sechs Stunden lang eng beieinander sitzend im Kleinbus und dann Handball spielen", sagt Trainer Roosz-Suba. Dabei denkt er nicht nur an schwache Leistungen, sondern auch an die Verletzungsgefahr seiner Spieler. Unter solchen Voraussetzungen hat sich die Kleinstadt im Westzipfel Rumäniens für eine zumindest mittelfristige Beteiligung in Ungarn entschlossen. In einem Umkreis von 60 Kilometern trägt nun Unirea ihre Auswärtspartien aus und bei einem Aufstieg in die dritte Liga werden es maximale 200 Kilometer sein. Das Ziel, eine Klasse höher zu spielen, ist durchaus erreichbar, denn nach Abschluss der regulären Saison und vor der Play-Off-Runde führt Unirea mit fünf Punkten Vorsprung - ein Sieg bringt zwei Punkte ein.
Zuschauerboom lässt noch auf sich warten
Durchschnittliche 120 Zuschauer kommen zu den Heimspielen der Unirea-Handballer. Die Zeiten, als die Sporthalle an der Rosen-Allee übervoll war, sind längst vorbei. Das ist jedoch ein Trend, den alle Sportarten landesweit erkennen mussten. Mehr als die Fans bei den Heimspielen zählt wohl, dass der Verein in Großsanktnikolaus etwa 500 Mitglieder zählt – viele davon im Jugendbereich angesiedelt. Konkret geht es um einige Hundert Kinder, die sich nach Schulschluss sinnvoll die Zeit im Fußball, Handball, Tennis, Schah und Karate vertreiben. Träger des Vereins ist die Stadtverwaltung.
Wohl weniger die Einsicht des Verbandes, aber umso mehr die Erfolgsgeschichte um den Handball in Großsanktnikolaus, haben die Verbandsspitzen nachsichtig gestimmt, wollte doch dieser wegen den – seiner Ansicht nach – abtrünnigen Handballern - zunächst gleich mehrere Juniorenmannschaften aus den internen Vergleichen ausschließen und dem Verein einen Geldstrafe auferlegen. Spieler aus Großsanktnikolaus wurden mittlerweile in die Erste Liga transferiert, andere in Jugendauswahlen berufen und Juniorenteams stehen im Halbfinalrunde der Landesmeisterschaften.
Alternative: Eine rumänische Liga
Beim Verband habe man vorgeschlagen, eine dritte Liga ins Leben zu rufen, wo ein Mittelweg zwischen Kreismeisterschaft und zweiter Liga gesichert wäre: Mit höherem Niveau, aber gleichzeitig mit vertretbaren Ausfahrten, bei denen keine Übernachtungen notwendig sind, sagt der Trainer. Der Verband zeiget jedoch Bedenken, ob ausreichend Teams mitmachen würden.
Einst konnten Kosten durch auf Gegenseitigkeit beruhenden Austauschen gesenkt werden: Der Gastgeber bot nämlich dem Spielpartner kostenlose Übernachtung und Verpflegung und konnte beim Auswärtsspiel von den gleichen Bedingungen profitieren. Auch das ist heute, in einer Ära gekürzter Haushalte und der Profitsucht, kaum umsetzbar. Trainer Roosz-Suba stellt klar: „Wir boten unseren Gästen hotelmäßige Unterkunft und Verpflegung wie im Restaurant und im Gegenzug erhielten wir Unterkunft in Schulinternaten und Essen aus der Kantine“.