Patriotismus mittels Hymne

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Noch ist es nicht offiziell: die Schulkinder der Klassen 1-8 müssen per Anordnung noch nicht am Schulmorgen oder zum Wochenbeginn die Nationalhymne singen. Was wie ein dummer Witz angestoßen wurde – ein läppischer Sänger vergaß oder unterdrückte vor dem Fußballländerspiel gegen Frankreich und zur Einweihung der neuen National-Arena gerade den Vers, der sich auf den Römerkaiser Trajan bezog und machte ein Politikum draus, weil er angeblich den Vornamen des Staatschefs nicht habe nennen wollen... – endete mit Bedrohung für die Schüler.

Der grimmige Unterrichtsminister, der seinen Patriotismus während langer Auslandsaufenthalte angestaut hat, fing wie immer einen genialen Gedanken seines Staatschefs im Flug auf und verordnete dessen Zwangsübernahme durch die Schulen. Dass dies noch nicht umgesetzt ist, das hängt wahrscheinlich mit der Hektik des Beginns des Unterrichtsjahrs zusammen, mit der Trägheit des Systems, vielleicht – hoffentlich – auch ein wenig mit dem längst überholten Text der aktuellen Hymne Rumäniens, voller „Feinde“, „Tod“, Joch“, das „wir wie Rinder tragen“, „Fremden“ (ein Begriff, der im Rumänischen immer feindlich klingt), „Intrigen“, „Todesschlaf“, „fatale Plagen“, „hinterlistige Machenschaften“, „des Neides Bosheit“ usw. usf. Dies in einem Mitgliedsland der EU, deren Hymne Schillers „Ode an die Freude“ ist.


Ob man mit so einem Vokabular die Schulkinder bis zur achten Klasse überhaupt erziehen kann, ganz abgesehen von den Denkmustern aus dem 19. Jahrhundert, die mit solchem Wortschatz transportiert werden? Man muss als Erziehungsverantwortlicher schon maßlos borniert sein, um mittels solcher Wörter die Kinder indoktrinieren zu wollen: „patriotisch zu erziehen“.

Falscher Pathetismus in einer Zeit des Pragmatismus, längst widerlegte Denkmuster (man denke an die „Kruden“, die „uns“ „sogar die Sprache“ „stehlen“ wollen), ultimative, unreflektierte Aussagen  –  all das soll auf die Schulkinder geworfen werden, soll ihnen durch ewiges Wiederholen tief ins Hirn eingehämmert werden.


Dies, während andrerseits von der Schule die Heranziehung des mündigen, gesellschaftskompetenten Menschen gefordert wird, der sich und seiner Umwelt – auch seiner geistigen! – Fragen stellen soll und angeleitet werden soll, die bestmöglichen Antworten zu finden.

Eine Hymne ist laut Duden ein „feierlicher Festgesang; ein Lobgesang (für Gott), ein Weihelied, ein kirchliches oder geistliches Gesangs- und Instrumentalwerk von betont feierlichem Ausdruck“ oder „ein preisendes Gedicht“. Von da und bis zur jämmerlichen Opferhaltung der Welt gegenüber, zum Aufruf, einen Totenschlaf zu beenden, das sind Meilenentfernungen.

Zwar sollte man ähnlich auch die Hymne Frankreichs unter die Lupe nehmen („un sang impure abreuve nos sillons“ usw.), die Italiener hymnen auch vom (allerdings schon stattgefundenen) „Erwachen“ der Nation, aber so defätistisch wie die Hymne Rumäniens aus 1848 klingt keine.


Ich habe noch eine Unklarheit: die Lyzeumsschüler und die Stundenten müssen nicht mittels Hymnensingen erzogen werden? Oder sind die schon zu kritisch?