Es ist eine Frage, die inzwischen immer mehr ernährungsbewusste Menschen quält: Darf man Gemüse, Obst, Käse oder Fleisch weiterhin aus dem Supermarkt kaufen? Sollte man nicht den Markt vorziehen, wo es vielleicht noch echte Bauern gibt, die echte Lebensmittel anbieten?
Die gibt es noch. Sie werden jedoch immer weniger. Aus vielerlei Gründen. Einer ist der, dass ihre traditionellen Absatzmöglichkeiten – die Bauernmärkte – in Großstädten wie Temeswar ungerechter Weise vernachlässigt werden. Ein anderer ist jener, dass es eigentlich keine echten Bauernmärkte mehr gibt, sondern solche, wo der Großteil der Verkäufer gewerbetreibende Händler sind, die Waren aus dem Ausland einkaufen und als einheimische Produkte anbieten. So gibt es im Frühsommer auf dem Temeswarer Heumarkt Kirschen aus Teregova im Banater Bergland, obwohl es in Teregova keinen einzigen Kirschbaum gab und gibt, und Pfirsiche und Aprikosen aus Perjamosch/Periam. So viele, dass man sich fragt, wo all diese Obstplantagen stehen und wann sie gepflanzt wurden. Denn die alten, die es vor 1989 gab, sind ja nach der Wende abgeholzt worden.
Josefstadt: Müll überall, leere Stände in den Obergeschossen
Man erinnere sich: Einen bequemen, großräumigen neuen Josefstädter Markt versprachen der damalige Temeswarer Bürgermeister Gheorghe Ciuhandu und die Leiterin der Entwicklungsabteilung des Rathauses, Aurelia Junie, als sie vor mittlerweile etwa fünf Jahren die alten Markthallen an der Văcărescu-Straße abreißen und für mehrere Millionen Lei einen mehrstöckigen Betonklotz hinstellen ließen. Zwar wurde der Platz der abgerissenen Markthallen, die seit den 1970er Jahren dort standen, zu einer befahrbaren Straße umfunktioniert und es wurden auch Parkplätze gebaut, doch – in fast üblicher Manier – wurde die größere Fläche rechts von dem neuen Marktgebäude sich selbst überlassen. Sowie den Falschparkenden, den Händlern, die dort ihren Müll ablagern, und den streunenden Hunden. Eine halbgetane Arbeit.
Dieses Problem könnte eigentlich leicht und mit relativ wenig Geld behoben werden. Jedoch ein anderes – viel wichtigeres – kann kaum gelöst werden. Mir scheint, die Planer im Rathaus hatten noch nie einen echten Bauernmarkt gesehen. Kaum einer ist mehrstöckig, genauso wie auch keine Supermärkte auf mehrere Etagen gebaut werden. Großkaufhäuser, Bekleidungsläden beispielsweise, schon, aber Märkte? Eine der einfachsten psychologischen Marketing-Regeln – und als Architekt solcher Einrichtungen müsste man das wissen – besagt, dass die Käufer, wenn sie Fleisch, Käse, Obst oder Gemüse kaufen, nie oder kaum den Weg in die oberen Stockwerke suchen, auch wenn man ihnen Aufzüge zu Verfügung stellt.
Der Josefstädter Markt liefert das beste Beispiel dafür: Kommt man freitags oder samstags im Erdgeschoss kaum durch, so sind in der 1. Etage ein paar Käufer, in der 2. so gut wie keine mehr anzutreffen. Dementsprechend stehen viele der Verkaufsstände dort leer, die Stadt verdient an dem Projekt nur einen Bruchteil dessen, was wohl in der ursprünglichen Geschäftsplanung vorgesehen war. Man könnte also fast von der Pleite sprechen, die Hässlichkeit des Neubaus und die Ideenlosigkeit der Stadtverwaltung bezüglich des leer stehenden Areals rechts vom Marktgebäude außen vor gelassen.
700er- und Heumarkt modernisierungsbedürftig
Generell scheint es, dass die Temeswarer Stadtverwaltung nicht viel von den noch existierenden Bauernmärkten hält. Der 700er Markt, dessen Modernisierungsprojekt von 2008 in eine Schublade der Stadtbeamten gelandet ist und vielleicht jetzt doch noch umgesetzt werden soll, ist ein Schandfleck in der Stadtmitte. Aufgeben sollte man den Markt jedoch nicht, er ist durchaus modernisierungsfähig und -bedürftig. Auch wenn (zu) viele der in den daneben stehenden Bürohäusern arbeitenden Gutverdiener den Weg in den vor ihrer Nase liegenden Markt vergessen haben und die Filialen ausländischer Supermarktketten im Umkreis von etwa einem halben Kilometer vorziehen. Es gibt dort Parkplätze, man friert nicht im Winter und im Sommer gibt es auch eine funktionierende Klimaanlage. Das weiß auch der Tomaten-, Radieschen- und Zwiebelbauer aus Ineu, der mit seinen 70 Jahren noch immer jeden Tag am 700er Markt erscheint, und auch die Frau aus Vârciorova im Banater Bergland, die Äpfel und Birnen bis spät in den Winter anbietet. Und die man beide eigentlich so einfach unterscheiden kann von den Händlern, die sich als oltenische Tomatenbauern präsentieren, obwohl sie im Plattenbau wohnen und vom Großhändler türkisches oder italienisches Gemüse ein- und weiterverkaufen.
Der Heumarkt, heute als Piața Badea Cârțan bekannt, wurde bereits Mitte der 90er Jahre unter dem damaligen Bürgermeister Viorel Oancea modernisiert. Er bekam eine futuristische Dachkonstruktion, die zwar interessant war, aber zu nichts diente. Es regnete und schneite jahrelang auf Käufer und Verkäufer, niemand dachte daran, dem früher wie auch heute von allen Seiten offenen Marktareal eine Ummauerung zu bauen, die einen adäquaten Schutz bieten könnte. Für ein paar Millionen Lei ließ Bürgermeister Ciuhandu kurz vor dem Ende seiner Amtszeit die Dachkonstruktion erneuern; kalt und windig bleibt der Markt mindestens ein halbes Jahr hindurch. Parkplätze gibt es am Heumarkt so gut wie keine, samstags wird auf jeden freien Quadratmeter geparkt, aber vom Umbau des Marktes und seiner unmittelbaren Nachbarschaft spricht in der Stadtverwaltung keiner.
Bauernmarkt ohne Infrastruktur
Dafür hat man vor geraumer Zeit ein Konzept ins Leben gerufen, dass es bereits in Hermannstadt/Sibiu gibt, und zwar mit großem Erfolg. Man hat nämlich mittwochs und samstags zwischen der Casa Tineretului an der Arieș-Straße und dem Dan-Păltinișanu-Stadion einen sogenannt echten Bauernmarkt ins Leben gerufen, wo nur Produzenten aus dem Kreis Temesch verkaufen dürfen. Eine schöne Initiative. Die Bevölkerung nahm sie gut auf. Nur die Stadt machte es sich allzu einfach: sie investierte nämlich nichts in das Projekt. Die zur Verfügung gestellte Infrastruktur ist gleich Null. Verkauft wird direkt aus dem Kofferraum, auf kleinen Campingtischen oder sogar am Boden. Wer schon mal in Mittel- oder Westeuropa einen echten Bauernmarkt vor einer Domkirche oder auf einem Bahnhofsvorplatz besucht hat, stellt sich was anderes vor. Auch jene, die einmal den erfolgreichen Bauernmarkt vor dem Transilvania-Saal in Hermannstadt gesehen haben, verstehen, dass die Bereitstellung einer Straße und eines Parkplatzes nicht reichen kann, will man eine solche Initiative zu Ende führen. Angeboten hätte sich der Fabrikstädter Trajansplatz, aber auch der Domplatz oder der Freiheitsplatz in der Innenstadt. Übrigens: Anno 1900 war der Domplatz ein Marktplatz. Die Tradition hielt bis in den Anfangsjahren des Kommunismus; 1969 ließ man den 700er Markt bauen.
Märkte sind nicht aufzugeben
Fazit: die Stadt braucht ihre Märkte. Die Stadtväter dürfen sie nicht aufgeben, auch wenn der Druck der Supermarktketten besonders groß ist und auch so bleiben wird. An den Bauernmärkten verlieren Supermarktketten und ihre ausländischen Lieferanten noch viel Kaufkraft. Und um diese Kaufkraft kämpfen sie hart, mit Mitteln, die die Bauern nicht haben, die sich noch die Mühe machen, ein Huhn zu schlachten und es auf dem Markt zu verkaufen. Weder heute noch in Zukunft. Nachbarstädte aber, wie Szeged in Ungarn oder selbst die Kleinstadt Werschetz/Vrsac in Serbien, wo inzwischen am Wochenende der Markt von Temeswarern überrannt wird, haben mit EU-Geldern moderne Markthallen gebaut, die sich sehen lassen und die Kundschaft anziehen. In Szeged ist die neue Markthalle am Mars tér ein gelungenes Beispiel der für Ungarn typischen organischen Architektur á la Imre Makovecz; die Halle ist natürlich beheizt, es gibt saubere Toiletten, Imbissstände und nette Cafés. Auch so kann man Wirtschaftspolitik mit Lokalpolitik verflechten. Zugunsten einheimischer Bauern und Lebensmittelproduzenten. Den Willen dazu muss man noch finden. Als Stadtvater wie als einfacher Verbraucher.