Masken vor dem Hauptgebäude der West-Universität: Eine Familie, Touristen, schweres Gepäck, bunte Klamotten, eine Frau, ein Mann, ein Kind. Keine Worte, nur Gesten. Kein Drehbuch, ein Happening. Die Studenten der deutschen Schauspielabteilung an der Fakultät für Musik- und Theaterwissenschaften der West-Universität Temeswar hatten vor wenigen Tagen einem Workshop mit Professor Prof. Christian Bohdal von der Hochschule für Künste im Sozialen Ottersberg teilgenommen, der über das Erasmus+ Austauschprogramm nach Temeswar gekommen ist. An dem Workshop hatten am ersten Tag auch die Studenten der rumänischen Theaterabteilung, die anderen vier Tage waren dann ausschließlich für die Studenten der deutschen Schauspielabteilung gedacht.
Für Christian Bohdal war dies der erste Aufenthalt in Temeswar: „Es hat mir viel Freude gemacht, weil eine große Bereitschaft war. Wir sind in den wenigen Tagen relativ weit gekommen. Das Thema war neu für die Stundeten. Wir haben mit Masken gearbeitet und gewillt sein, sich in der Öffentlichkeit mit Masken zu zeigen und zu spielen, war sehr erfreulich“.
Es gab auch Herausforderungen, die größte war, „das Thema den Studenten nahezubringen. In der Maskenarbeit gibt es gewisse Regeln, die man vermitteln muss, gleichzeitig muss man auch ermöglichen, dass es auch Spielfreude gibt. Wenn man zu viel über Regeln spricht, was darf sein, was darf nicht sein, dann kann es anstrengend werden. Ich habe mich sehr gefreut, dass sie auch in die Öffentlichkeit wollten. Das ist alles nicht selbstverständlich“.
Worauf es denn ankommt, erklärte Christian Bohdal „Die Essenz beim Maskenspiel ist die Erfahrung, dass die Maske das Spiel führt, dass ich mich zur Verfügung stelle für die Figur, die sich mit mir und der Maske entwickelt. Aus dem, was da passiert, davon kann ich mich leiten lassen. Das war heute Morgen im Studio noch schwierig, sie hatten sich zu viel ausgedacht, und jetzt, draußen, hat man gemerkt, dass sich langsam das Spiel entwickelt und bereichert hat in der Logik der Figur. Das ist ein sehr wesentlicher Faktor, weil die Maske eben einen ganz spezifischen Raum ermöglicht, in dem bestimmte Gefühle möglich sind und wenn der Spieler, die zulässt, dann sind sie genau die Substanz mit der er arbeitet“.
Dieser Austausch soll weiterentwickelt werden: „Es ist eine spontane Idee gewesen über einen Erasmus+ Austausch, weil Professor Eleonora Ringler-Pascu auch bei uns war, ich habe sie kurz kennengelernt, als mir auch ein Austausch angeboten wurde, war klar für mich, Rumänien. Wir hoffen, dass sich die Kooperation entwickelt. Ich denke, wir können voneinander lernen“.
Von Christian Bohdal lässt sich auf jeden Fall einiges lernen. Der Theaterprofessor macht Theater auf eine neue Weise, indem Theater und Soziales verbunden werden: „Für mich ist es eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass die Kunst zum Menschen gehört und dem Menschen zu dienen hat und nicht nur in abgehobenen Tempeln stattfindet. Wenn man in den sozialen Arbeitsfeldern, mit welcher Klientel auch immer, ins Spiel kommt, dann profitieren diese extrem viel davon. Und sie machen auch Dinge, die durchaus künstlerisch interessant sind. Es gibt auch die Theaterpädagogik, die mit Hilfe von Kunst bestimmte Dinge entwickeln will. Wir sagen, es ist durch Kunst ermöglicht, nicht mit Kunst. Es ist auch ästhetisch ein extrem hoher Anspruch“.
Eine Neuigkeit ist, dass Christian Bohdal Theaterworkshops im Strafvollzug anbietet: „Neben meiner Lehrtätigkeit bin ich auch viel unterwegs und arbeite in verschiedenen Institutionen in letzter Zeit besonders gerne im Strafvollzug. Ich merke, dass es dort auch viel bewegt, weil es auch eine Möglichkeit ist, Freiheit zu gestalten. Das oberste Ziel des Strafvollzugs ist die Resozialisierung. Es wissen alle, dass dies im Knast nicht möglich ist. Man kann den Menschen nicht die Freiheit nehmen und sagen, sie sollen die Freiheit lernen. Die Theaterarbeit ist aber eine gute Möglichkeit, Freiheit zu lernen. Im Strafvollzug arbeite ich an einem längeren Projekt. Ich glaube, es ist wichtig, dass es auch nachhaltig ist. Die Beamten müssen lernen, dass es Sinn macht, am Anfang stört es sie, dass plötzlich ein Künstler kommt. Die ganze Institution muss sich dem auch öffnen und das braucht einen langen Atem. Das sind Projekte die nicht an die große Glocke gehängt werden, es passiert in Europa und auch in Südamerika, aber nur an wenigen Orten wird etwas Festes über längere Zeit installiert wird“.