Sie leiden an Tetraparese, Autismus oder am Down-Syndrom, doch eines haben sie alle gemeinsam: Man kann die Freude von ihren kleinen Gesichtern ganz deutlich ablesen, wenn sie ein bis zwei Mal in der Woche ihre Tierfreunde treffen. Ungefähr 30 Kinder, die an den verschiedensten Behinderungsformen leiden, betreut Hippotherapeutin Erika Kempf. Die 27-Jährige ist von der Ausbildung her Ärztin, sie beschloss aber, ihre Leidenschaft für Pferde in einen Dauerjob umzuwandeln. Sie ließ sich in Italien zur Hippotherapeutin ausbilden und wendet seit ungefähr zwei Jahren die Therapie mit Pferden auch im Banat an. Der Therapieort befindet sich am Gestüt in Izvin, ungefähr 15 Kilometer von Temeswar/Timişoara entfernt. Hier stehen zwei speziell für diese Therapieart ausgebildete Pferde den kleinen Patienten zur Verfügung.
Erika Kempf kann sich seit Kurzem mit einem Preis rühmen.
Anfang November reichte sie über ihre NGO HorsEmotion ein Projekt bei der Mol-Stiftung ein, das schließlich mit einer Förderung von 20.000 Lei bedacht wurde. Das Projekt steht unter dem Motto „Ich bin speziell und verdiene einen speziellen Therapeuten“ und ermöglicht es zehn Kindern, sechs Monate lang von kostenlosen Hippotherapie-Stunden zu profitieren. Darüber hinaus kann die NGO HorsEmotion eine Konferenz zum Thema „Behinderung“ organisieren, die Eltern von behinderten Kindern anspricht und ihnen Infos vermittelt, um ihren Alltag zu erleichtern. „Für uns ist diese Finanzierung sehr wertvoll, weil wir so mehreren behinderten Kindern, die aus sehr armen Verhältnissen stammen, Therapie mit Hilfe von Pferden ermöglichen“, sagt Erika Kempf. Die Vorteile der Hippotherapie sind in Westeuropa schon längst anerkannt, in Rumänien ist diese Therapieart allerdings noch weitläufig unbekannt. Das sogenannte therapeutische Reiten spricht sowohl den Körper, als auch die Seele des Menschen an und ist weitmehr als eine sportliche Freizeitaktivität. Das Therapiepferd wird dazu verwendet, um dreidimensionale Schwingungen auf den Menschen zu übertragen.
Diese Bewegung des Pferdes ist dem Gang des Menschen sehr ähnlich. Hüft- und Rückenmuskulatur der reitenden Patienten werden dadurch gestärkt, die Wirbelsäule wird beweglicher, Gleichgewicht und Koordination werden geschult, die Atmung verbessert sich. Darüber hinaus werden auch Selbstwertgefühl, Kontaktverhalten, Aufmerksamkeit oder Konzentration positiv beeinflusst. Kurz gesagt: Die jungen Patienten fühlen sich wohler, sicherer und lernen, selbstständiger zu sein.
Um dieser Art der Therapie durchführen zu können, müssen auch die vierbeinigen Therapeuten speziell ausgebildet sein. Neben der Therapie mit Pferden setzt sich die NGO HorsEmotion auch noch ein weiteres Ziel: Nämlich die natürliche Pferdedressur zu promoten, die sich auf eine enge Beziehung zwischen Mensch und Tier stützt und bei der sich die beiden gegenseitig helfen. Die sogenannten „Natural Horsemanship“-Methoden lernte Erika Kempf ebenfalls in Italien kennen, wo sie diesbezüglich einen Kurs belegte. Bei dem sogenannten „Parelli Natural Horsemanship“ wird der natürliche Umgang mit Hauspferden unterrichtet. Dieses Programm geht auf den Pferdetrainer Pat Parelli zurück, der zu den berühmten sogenannten Pferdeflüsterern gehört. Bei dieser natürlichen Pferdedressur sind jegliche gewaltsame Methoden ausgeschlossen.
Erika und ihr Mann Christian Kempf planen, im kommenden Jahr ein Zentrum für Hippotherapie in der Temescher Ortschaft Ianova, etwa 20 Kilometer von Temeswar entfernt, zu eröffnen. „2014 wird sicherlich kein leichtes Jahr, aber wir müssen alles tun, damit die Kinder dezente Verhältnisse haben, um an ihrem eigenen Fortschritt zu arbeiten“, sagt Erika Kempf. Das Hippotherapie-Zentrum soll mit einer Reithalle versehen sein, damit die Therapiestunden wetterunabhängig vonstatten gehen. Auf der Webseite der NGO HorsEmotion, www.horsemotion.ro, können interessierte Personen mehr Infos über die Vorteile der Hippotherapie bekommen.