Jugendliche aus Rumänien wollen im Ausland studieren. Sie stellen sich dann das Idealleben irgendwo anders vor - Deutschland, England oder Frankreich, bloß nicht in Rumänien. Manchmal passiert es aber auch umgekehrt. Junge Leute kommen nach Rumänien und wollen hier leben und studieren. Jasmin Kohlen ist einer dieser jungen Menschen, die Deutschland hinter sich ließen und Rumänien als neues Zuhause umarmen.
„Ich muss zugeben: Hier fühle ich mich wohl und richtig Zuhause und stelle mir das Leben in Deutschland gar nicht mehr vor“, sagt die 19-Jährige. Jasmin wurde 1996 in Deutschland in einer gemischten Familie geboren - der Vater Halb-Schwabe, die Mutter Rumänin – beide aus der Temescher Ortschaft Triebswetter/Tomnatic.
Schon seit Mitte der 1990er Jahre lebte Familie Kohlen in der Nähe von Nürnberg. Ein wahres Zugehörigkeitsgefühlt zu Deutschland hatte die Familie nie richtig, erzählt Jasmin. „Zuhause redeten wir immer rumänisch. Zu Besuch kamen wir auch oft bei den hier gebliebenen Verwandten. Das Komische war, dass, obwohl ich einen deutschen Namen, einen deutschen Vater, eine deutsche Staatsbürgerschaft habe, wurde ich immer als eine Ausländerin behandelt – alles nur, weil man nicht richtig Deutsch ist“, erzählt Jasmin enttäuscht. „Nun bin ich hier die Deutsche“, sagt die junge Frau lächelnd und fährt sich die Finger durch die braune Mähne.
Für alle Probleme gibt es eine Lösung: davon ist Familie Kohlen immer überzeugt gewesen. So kam vor einigen Jahren die Entscheidung: Kurz nachdem sie die neunte Klasse einer Realschule abgeschlossen hat, packte die Familie die Koffer und zog wieder nach Rumänien.
In der zehnten Klasse schrieb sie sich in Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare ein. Dort besuchte sie eine rumänische Abteilung und musste vieles von Neuem lernen. Das rumänische Schulsystem schien ihr aber im Vergleich zum deutschen sehr leicht und etwas oberflächlich. „Was ich schade finde, ist, dass man hier in der Schule alles auswendig lernt. So kriegt man die besten Noten. In Deutschland wird mehr Wert aufs Verstehen und Mitdenken gelegt. Dort kriegt man gute Noten viel schwerer“, sagt sie. „In Deutschland befassen sich die Lehrer mit dem Thema Ausbildung, Individualität eines Schülers, worauf hier gar nicht geachtet wird. Vor allem, nachdem man hier die 12. Klasse abschließt, werden die jungen Leute immer noch als Kinder betrachtet. Gerade deswegen, weil man sie aufs Leben nicht vorbereitet“, erzählt Jasmin Kohlen mit Ernsthaftigkeit in der Stimme und wenn ihr jugendliches Aussehen es nicht verraten würde, könnte man leicht denken, von der Denkweise her, dass sie mindestens zehn Jahre älter sei.
Als Deutsche habe sie viele Werte und Stärken mit sich gebracht: Die Überpünktlichkeit, Gründlichkeit und Ernsthaftigkeit – sagt sie entschlossen. Das werde ihr im Leben und vor allem im künftigen Beruf helfen, weiß Jasmin zu schätzen. Nun studiert die junge Deutsche Jura an der West-Universität Temeswar.
Nach Deutschland zurück zu kehren? Da stellt sich im Augenblick gar nicht mehr die Frage: „Ich will nicht mehr zurück!“ sagt Jasmin Kohlen entschlossen. In Zukunft will die junge Frau in Rumänien leben und hier arbeiten. Eine Vorstellung von einer Erfolgskarriere hat sie sich bereits gemacht: „Der Job als Anwalt ist vielfältig. Ich möchte mich mit dem Zivilrecht befassen. Mit meinen Deutschkenntnissen kann ich sogar in einem deutschen Unternehmen mit rumänischer Niederlassung als Juristin arbeiten, zum Beispiel. Es gibt sehr viele Möglichkeiten“, schließt Jasmin Kohlen.