Zwischen Licht und Zeit Zur Symbolik von Initiation und Austritt aus dem Profanen bei Rudolf Steiner und Mircea Eliade. Ein Vortrag von Bogdan Mihai Dascălu an der Rumänischen Akademie

Bogdan Mihai Dascălu während seines Vortrags. Im Präsidium: acad. Dan Dubină und Prof. Univ. Dr. Florin Drașovean.

Die Aula der Akademie war bis auf den letzten Platz gefüllt

Im Anschluss blieben die Teilnehmer bei einem Glas Wein am Buffet. Fotos: privat

Temeswar (BZ) - Im Rahmen der letzten Konferenz der Veranstaltungsreihe Serile Institutului (Die Abende des Instituts für Sozial- und Geisteswissenschaften „Titu Maiorescu“) entfaltete der Forscher Bogdan Mihai Dascălu eine inspirierende Reflexion über Initiation, heilige Zeit und die Sehnsucht nach Sinn, getragen von einem Vergleich zwischen den Weltanschauungen Rudolf Steiners und Mircea Eliades.

Bis auf den letzten Platz gefüllt war am Abend des 2. Oktober die Aula der Rumänischen Akademie in Temeswar. Mehr als 150 Interessierte fanden sich in einem Raum ein, der kaum hundert Plätze bietet, ein untrügliches Zeichen dafür, dass das Thema der angekündigten Konferenz eine ungewöhnliche Anziehungskraft ausübte. Eingeladen hatte das Institut für Sozial- und Geisteswissenschaften „Titu Maiorescu“ der Rumänischen Akademie, Zweigstelle Temeswar, gemeinsam mit der Rumänischen Akademie (Bukarest). Die Veranstaltung fand im Rahmen der vom Institutsdirektor Florin Drașovean initiierten Vortragsreihe „Die Abende des Instituts“ statt.

Nach der Eröffnung durch Prof. Dan Dubină, Mitglied der Rumänischen Akademie und Präsident der Zweigstelle Temeswar, der den Referenten als festen Bestandteil der Institution würdigte und zugleich die Frage nach dem „heiligen Raum“ zur Diskussion stellte, ergriff der Institutsdirektor Florin Drășovean das Wort. In seiner Ansprache betonte er die Bedeutung der Vortragsreihe, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Esoterik fördern soll. Anschließend trat Dr. Bogdan Mihai Dascălu ans Rednerpult, Forscher, Übersetzer und Schriftsteller, dessen akademischer Weg ihn von Heidelberg über Bukarest nach Temeswar geführt hat.

 

Ein Forscher zwischen zwei Welten

Dr. Bogdan Mihai Dascălu, derzeit wissenschaftlicher Forscher (Forschungsrang II) am „Titu Maiorescu“-Institut der Rumänischen Akademie, zählt mit über achtzig Büchern, darunter literarische Texte, kritische Editionen, Übersetzungen, Lexika und wissenschaftlichen Studien, zu den produktivsten Intellektuellen seines Fachs. Zwischen 2002 und 2007 leitete er den Lehrstuhl für Rumänische Sprache und Literatur an der Universität Heidelberg, später das Germanistik-Department am „G. Călinescu“-Institut der Rumänischen Akademie in Bukarest. Diese doppelte akademische Erfahrung, philologisch fundiert und zugleich philosophisch durchdrungen, prägte auch seinen Vortrag, in dem er den Brückenschlag zwischen rationalem Denken und innerer, esoterischer Erfahrung wagte.

Unter dem Titel „Initiation und Austritt aus dem Profanen bei Rudolf Steiner und Mircea Eliade“ präsentierte Bogdan Dascălu eine vielschichtige, explizite und zugleich poetische Analyse. Im Mittelpunkt standen zwei Denker, die sich zwar nie persönlich begegnet sind, jedoch von denselben existentiellen Fragen bewegt wurden: Wie kann der Mensch die lineare, funktional durchgetaktete Zeit hinter sich lassen und eine Ebene betreten, auf der einzelne Augenblicke sinnstiftend wirken? Und was bedeutet Initiation in einer Welt, in der Rituale, Transzendenz und das Schweigen zunehmend in Vergessenheit geraten?

 

Steiner und Eliade: zwei Wege zur Transzendenz

Rudolf Steiner, so erläuterte Bogdan Mihai Dascălu in seinem Vortrag, sei als der Esoteriker der Moderne zu verstehen, ein Denker, der mit der Anthroposophie eine „Wissenschaft des Geistes“ schuf, in der die Erfahrung des Heiligen nicht außerhalb, sondern im Inneren des Bewusstseins verortet ist. Mircea Eliade hingegen habe eine Phänomenologie des Heiligen entwickelt, die zeigt, wie Mythen und Rituale dem Menschen ermöglichen, aus der profanen Zeit auszutreten und in eine symbolisch aufgeladene Dimension einzutreten. Trotz ihrer unterschiedlichen Ansätze glaubten beide, so Bogdan Mihai Dascălu, an eine innere Achse, die Himmel und Erde, Geist und Materie verbindet, ein Gedanke, der in einer zunehmend fragmentierten Welt aktueller erscheint als je zuvor.

Mit einer präzisen Sprache nahm Bogdan Dascălu sein Publikum mit auf eine gedankliche Reise von den ägyptischen Mysterien bis zur christlichen Liturgie, von der Idee der symbolischen Wiedergeburt bis hin zu Rudolf Steiners Bild vom „Sonnenlicht um Mitternacht“, jenem paradoxen Moment, in dem das Bewusstsein die Dunkelheit in sich selbst zu erleuchten vermag. Er machte auch deutlich, dass Initiation keine Flucht aus der Welt bedeutet, sondern eine Rückkehr, die Wiederentdeckung einer vertikalen Ordnung, in der das Profane durchscheinend wird für das Ewige.

 

Ein Abend jenseits der Zeit

Der Vortrag ließ kaum jemanden unberührt. Im Foyer wurde lebhaft weiterdiskutiert, bei einem Glas Wein und einem Stück Pizza, bereitgestellt vom Restaurant Del Vecchio, und dessen Betreiber Helmut König. Die Gespräche über Rudolf Steiner und Mircea Eliade, über Zeit, Bewusstsein und über das Heilige zogen sich bis in den späten Abend. Viele Besucher sprachen von einem Moment, der den Takt des Alltags unterbrochen hatte, als sei die Zeit selbst für einen Augenblick stillgestanden. Ganz im Sinne des Themas: ein „Austritt aus dem Profanen“.

So wurde dieser Abend zu mehr als einem akademischen Vortrag, zu einem leisen Innehalten zwischen Wort und Stille. Vielleicht war er eine Spur dessen, was man einst „Erfahrung des Heiligen“ nannte: ein Augenblick, in dem Denken und Glauben, Licht und Zeit einander berühren. Bogdan Mihai Dascălu ließ erahnen, dass das Heilige nicht bloß in den Archiven der Vergangenheit ruht, sondern in jener unsichtbaren Bewegung weiterlebt, die uns immer dann ergreift, wenn wir das Offene, das Unbegreifliche zuzulassen wagen.