Farbexplosion auf Samt: die Werke der Kronstädter Malerin und Dekorateurin Ileana Sbârcea-Mureşanu kennen viele Kunstliebhaber. Blühende Bäume, von Blumen übersäte Wiesen, die wie in einem Traum aussehen, Hügel, Meere und Berge, die unter einer rosaroten Abendsonne schimmern- wer sich ihre Gemälde anschaut, taucht in eine Phantasiewelt ein. Am Freitag, dem 24. März, wurde im Kronstädter Kunstmuseum, in Anwesenheit von über 100 Besuchern, die Jubiläumsausstellung der Künstlerin eröffnet, die in diesem Jahr 75 Jahre alt wird. Drei Säle des Museums sind aussließlich den Werken von Sbarcea-Mureşanu gewidmet. Bei einem Gang durch die Ausstellung entdeckt man sowohl vertraute als auch weniger bekannte Gemälde. Jedes hat seine Geschichte, und die Künstlerlin erzählt gerne davon.
Samtmalerei als Ausweg im Kommunismus
Ein schwarz-weißes, vergrößertes Foto steht rechts neben dem Eingang. Es zeigt sechs Schaufensterpuppen, die vor dem Kleinen Theater in Bukarest ausgestellt sind. Die Puppen tragen bemalte Kleider. „Das Foto wurde irgendwann Ende der 70er Jahre aufgenommen. Ich war die einzige, die zu der Zeit Kleider bemalte. Es waren Unikate. Mit den Schauspielerinnen und Opernsängerinnen, die sie getragen haben, sind die Kleider durch die ganze Welt gereist und wurden immer bewundert. Leider habe ich kein einziges davon behalten“, meint die Künstlerin. Gleich neben dem Foto mit den Schaufensterpuppen ist ein weniger bekanntes Werk der Malerin ausgestellt: eine rumänische Fahne mit einem Loch in der Mitte, umgeben von vielen Kreuzen. Es stammt aus der Zeit gleich nach der Revolution und ist das einzige Bild der Malerin, das nach einer Skizze hergestellt wurde. Der Samt, auf dem die Künstlerin in der Zeit ihre Werke malte, hat eine eigene Geschichte.
Um während des Kommunismus nicht Bilder von Ceau{escu malen zu müssen wie andere Kollegen, fand Ileana Sbarcea-Mureşanu einen Ausweg: als Dekorateurin hat sie Kleider, Blusen und weissen oder rosa Samt mit Farben bemalt. Ihre Wohnung war voll von Milchflaschen mit Farbstoff. Der Umgang mit hochkonzentrierten, dampffixierbaren Seidenmalfarben war keine leichte Prozedur, es war aber die einzige Möglichkeit, während des Regimes ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. „Zum Trocknen hängte ich meine Werke auf den Balkon. Eine Nachbarin sagte immer zu mir: „Ich kann es kaum erwarten, hinauszugehen und auf Ihren Balkon zu schauen. Er ist so farbig“.
Hinter einer Glaswand ist auch die erste Zeichnung der Künstlerin ausgestellt. Es stellt die Ponte-Vecchio-Brücke aus Florenz dar. „In der elften Klasse bemerkte mein Mathelehrer, dass ich während seiner Stunde dauernd malte, statt aufmerksam zu sein. Er hat zu mir gesagt, ich soll ihm ein Bild malen, ansonsten würde ich eine 4 bekommen. So entstand dieses Bild, das mich vor einer schlechten Note gerettet hat und das meine Kollegen gleich in der Klasse ausgestellt haben. Dann ist es verschwunden, und ich habe es nach Jahren ganz zufällig wieder gefunden“, erinnert sich Sbarcea-Mureşanu.
Ein anderes Exponat zeigt ein Meer aus bunten Herbstblättern, die mit Hilfe von Stempeln auf ein großes Stück Stoff angebracht wurden. „Den Stoff hatte ein mit mir befreundeter Arzt als Geschenk bekommen. Aus ihm sollte ursprünglich ein Arztkittel entstehen. Die Stempel stammen von einem Designkurs, den ich einmal bei einer Textilwerkstatt gehalten habe. Damals sollten die Kursanten Stempel aus Gummi herstellen. Sehr viele haben Herbstblätter-Stempel gemacht. Dann kam mir die Idee, auf das Stoffstück eine bunte Herbstlandschaft zu zeichnen“.
Eine Familie, die in der Geschichte Kronstadts eine große Rolle gespielt hat
Ileana Sbârcea-Mureşanu wurde am 6. Dezember 1941 in Kronstadt geboren. Im Jahr 1964 absolvierte sie die Hochschule für Bildende Kunst in Klausenburg. Nach dem Studium unterrichtete sie Zeichnen an der 14-er Schule aus Kronstadt, bis sie Ende der 70er Jahre mit ihrer Familie nach Bukarest zog. In der Hauptstadt unterrichtete sie 10 Jahre lang an der Kulturuniversität „Dalles“. 1994 zog sie in ihre Heimatstadt zurück, wo sie bis 2003 am Honterus-Lyzeum Zeichnen unterrichtete. In dieser Zeit war der Festsaal der Schule von bunten Bilder geschmückt, die die Schüler unter ihrer Aufsicht malten. Sbârcea-Mureşanu hat ihre Werke in ganz Rumänien, aber auch in Deutschland, England, Frankreich, Holland, Italien, den USA und Australien ausgestellt.
Die Künstlerin stammt aus einer Familie, die eine wichtige Rolle in der Geschichte der Stadt gespielt hat. Der Großvater väterlicherseits, Theodor Sbârcea, war der erste rumänische Arzt in Kronstadt. Er wurde von der ungarischen Regierung für die Ausrottung des Typhus in Marienburg und Satulung ausgezeichnet. Er hat sich aktiv für den Bau von Krankenhäusern (wie das Mârzescu-Krankenhaus) eingesetzt. Der Vater der Künstlerin, Ioan-Aurel Sbârcea, war ein geschätzter Frauenarzt. Die Kronstädter Geburtenklinik trägt heute seinen Namen. Die Tante von Ileana Sbârcea-Mureşanu, Anne Marie Schnell, war die erste Frau in Siebenbürgen, die als Rechtsanwalt gearbeitet hat.
Die Ausstellung kann bis zum 23. April im Kunstmuseum (dienstags bis sonntags zwischen 10 und 18 Uhr) besichtigt werden.