Wenn Gernot Nussbächer einen Beitrag für die „Karpatenrundschau“ in Aussicht stellte (und das machte er oft und gerne, wobei ihn unsere Anregungen als Zeichen des Interesses für die Heimatkunde sichtlich erfreuten) oder auch bei anderen Vorhaben, fügte er in der Regel die lateinische Redewendung „Sub conditione Jacobaea“ bei der Verabschiedung hinzu. Für ihn war es mehr als ein Klischee oder eine gebräuchliche Formel: Diese Worte standen für seinen tiefen, festen Glauben, für die Überzeugung, dass nichts ohne Gottes Mitwirkung Früchte trägt.
Damit, wie auch mit dem „Soli Deo Gloria“, das seine Manuskripte begleitete und mit dem er auf ihn gezielte Zeichen des Dankes oder der Anerkennung antwortete, stand der so verdienstvolle Historiker, unaufdringlich aber kompromisslos, zu seinem Glauben. Er, der öffentliche Auftritte mied so oft und gut er es konnte, und der Interviewanfragen konsequent ablehnte, scheute sich nicht, dadurch irgendwie als unangepasst an den heutigen Zeitgeist zu erscheinen. Für ihn, der so gerne Witze hörte und auch selber weitergeben wollte, hörte der Spaß auf, wenn man sich über Gott, über den eigenen oder fremden Glauben lustig machte.
Gernot war offen für technische Neuerungen, freundete sich mit dem Computer gut an und wusste sehr wohl Bescheid, wie man on-line in den großen Bibliotheken und Archiven der Welt recherchieren kann. Klar, dabei lagen ihm Honterus und die diversen Auflagen der Werke des Kronstädter Humanisten in den Städten Europas besonders nah am Herzen.
Zur Rechtschreibreform ging er aber auf Distanz. Er sei dafür nun zu alt und halte es mit den Regeln, die er in der Schule gelernt hatte. Fehler, auch in Sachen Grammatik, wollte der stadtbekannte Archivar mit seiner Gründlichkeit und Genauigkeit unbedingt vermeiden. Deshalb war es ihm sehr wichtig, wie seine Manuskripte noch vor dem Erscheinen ankamen und was man noch eventuell daran stilistisch verbessern könnte. In der Redaktion setzte er sich an einen zweiten Stuhl vor dem Monitor, die Schriftgröße wurde seinen Bedürfnissen angepasst und Satz für Satz gingen wir den Text nochmals durch. Dabei konnte man Details zu dem Geschilderten erfahren, Fotos wurden erläutert, Titelvorschläge wurden besprochen.
Gernots Besuche in der Redaktion sind nun nur Erinnerungen. Seine Hinweise und Antworten (auch in der Form „Sieh mal nach im Band …, da hat der Gernot was dazu geschrieben.“) werden wir sehr vermissen. Er und seine Eigenheiten (Zugluft vermied er peinlichst; um eine Zeit waren seine Manuskripte auf der Innenseite der Verpackung von Schokoladentafeln zu lesen; er sammelte gern genutzte Briefmarken, um sie weiter zu verschenken … oder auch Toilettenpapierrollen aus Karton - im Kindergarten könnten die Kleinen daraus schöne Sachen zusammenbasteln) waren unverwechselbar. Er hatte seinen Weg und seine Aufgabe gefunden. Von seinem so umfassenden Wissen sollten möglichst viele etwas mitbekommen. Nie hatte unser großer Freund seine Hoffnung an das Gute in jedem Menschen und an Gottes Beistand verloren.
In der Zusammenarbeit mit Gernot Nussbächer (stolz bezeichnete er sich als dienstältester KR-Mitarbeiter) haben sicher unsere Leser und wir den größeren Nutzen ziehen können. Gernot kam und ließ uns teilhaben an seinem legendären Wissen um Honterus, um das Kronstädter und Siebenbürgische Mittelalter. Er war froh, interessierte Zuhörer vorzufinden, seine Kenntnisse möglichst vielen Leuten über die Zeitung vermitteln zu können. Er war dankbar, den Kopierer oder Scanner nutzen zu können, die eine oder andere Broschüre, Information oder Publikation nach Hause zu nehmen und in eine seiner vielen Sammlungen unterzubringen (die nun hoffentlich in die richtigen Hände gelangen). Er entschuldigte sich für jede Kleinigkeit, die er bei uns in Anspruch nahm: ein kurzer Anruf, ein Gepäck für kurze Zeit in der Redaktion abstellen, eine Zeitung zu suchen, die noch in anderen Kollektionen fehlte. Wären Gernots Besuche längere Zeit ausgefallen, so wäre eigentlich das die größte Störung, die er uns verursacht hätte.
Nun ist Gernot aus dieser Welt gegangen im guten Wissen, dass das so kommen musste und dass für ihn gesorgt wird. Sein Werk vertiefen und fortzusetzen wäre die beste Würdigung für ihn und würde ihn, nicht laut aufjubeln, sondern leise und mild lächeln, vielleicht sogar schelmisch kichern lassen.