Der Titel des vor Kurzem in die rumänischen Kinos gekommenen Films „Love Building“ ist wohl von der gebräuchlicheren Wortfügung „Team Building“ inspiriert, also von der gezielten Formung und Entwicklung eines Teams, das ganz bestimmte Dinge erreichen soll. Genauso gut hätten die Drehbuchautorinnen, bestehend aus dem Triumfeminat Iulia Rugină, Oana Răsuceanu und Ana Agopian, den Film auch „Love Fixing“ oder „Love Repairing“ betiteln können, denn es geht in diesem 85-minütigen Streifen um die Wiederherstellung der verlorenen, verschütteten, vergessenen, verschwundenen Liebe in Partnerschaften.
Gut ein Dutzend Paare – Ehepaare, Liebespaare, homo- und heterosexuelle Paare, darunter auch eine Paarhälfte ohne, weil abwesenden, Partner – treffen sich im Rahmen eines von drei Therapeuten geleiteten Paarseminars, um diverse Probleme in ihren Beziehungen aufzuarbeiten, als da wären: Geld, Kind, Sex, Fremdgehen, Freundeskreiskonflikte, Bisexualität, Interessendifferenz, Dominanz und Unterwerfung, Eifersucht und viele andere mehr. Was in einem deutschen Film vielleicht zu einer quälenden Introspektion und zu einer humorlosen psychologischen Selbstbespiegelung geführt hätte, wird in dieser amüsanten rumänischen Komödie immer wieder aus tragischen Tiefen an die Oberfläche pragmatischer Daseinsbewältigung geholt und dort in ein heiter-melancholisches Spiel der Lebenszuversicht verwandelt.
Dazu tragen gewiss auch die drei Paartherapeuten bei, deren Rollen von der Regisseurin Iulia Rugin² scharf an der Grenze zur Karikatur oder gar Parodie entlang inszeniert sind: Drago{ Bucur verkörpert den durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringenden Sexologen Silviu, der gleichwohl andere Menschen wohl kalkuliert aus der Fassung zu bringen in der Lage ist und deshalb im Film auch einiges einstecken muss; Alexandru Papadopol spielt den an seiner Einsamkeit leidenden, unbeholfenen und bis zur Gehemmtheit schüchternen Therapeuten Cristian, der eher selbst therapeutischer Hilfe bedarf und sie in Gestalt der Videofilmerin (Elena Crîşmaru), die das gesamte Seminargeschehen mit der Kamera dokumentiert, schließlich auch findet; und Dorian Boguţă verkörpert den Psychologen Valentin, der unter Trennungsschmerz leidet und den Avancen der Parlamentariergattin, die wegen der Terminprobleme ihres viel beschäftigten Gatten alleine zum Paarseminar gekommen ist, erliegt.
Neben den drei unbeweibten Therapeuten, die als eingespieltes Komödientrio den Film „Love Building“ problemlos davor bewahren, in der Psychoecke zu verkümmern, tun dies auch die grotesk überzeichnete Seminarmanagerin (Silvia Moro{anu), die sich ziemlich bossy aufführt und den drei Psychologen immer wieder mit englischen Worthülsen in die Parade fährt, ebenso wie Hamid Nicola Katrib in der Rolle des berühmten Buchautors und Mäzens Hamid Khan nebst seiner Assistentin (Ana Bostan), die durch ihren Schoßhund und ihre auswendig gelernten Werbetexte, die sie mit Augenklimpern von sich gibt, besticht. Auch die von der Managerin stammende absurde Idee, dass der beste Lovebuilder am Ende des Seminars prämiert werden und eine Villa in den Bergen geschenkt bekommen soll, trägt dazu bei, dass der Film Spiel- und Gedankenfreiheit gewinnt.
Schauplatz der Filmhandlung ist ein inmitten der Natur an einem idyllischen See gelegenes Hotel, das durch seine Isoliertheit und Abgeschiedenheit die perfekte Bühne für das Filmgeschehen bildet, vergleichbar dem Landhaus in Woody Allens Sommernachts-Sexkomödie. Der auf eine Woche angelegte Filmplot folgt einem Tagesschema, das durch das Therapiekonzept des Paarseminars auch thematisch definiert ist: An einem Tag geht es um Partnerschaftsübungen (z. B. Rennen mit an den Knöcheln aneinandergebundenen Beinen), am nächsten Tag um das bewusste erneute Durchleben der ersten Zeit der Frischverliebtheit, am Tag darauf um das, was den einen Partner jeweils am anderen stört, dann wieder um Verschwiegenes und Geheimgehaltenes und so weiter und so fort.
Zusätzlich rhythmisiert wird das Filmgeschehen noch durch eingeblendete Videosequenzen, die in Schwarz-Weiß gefilmt sind und das in Farbe wiedergegebene Gruppenpaartherapiegeschehen um diverse Einzelpaartherapiesitzungen erweitern. Der Ton (Sound Design: Laura Lăzărescu) folgt diesen unterschiedlichen Bildebenen genauso subtil wie sensibel und macht überhaupt den Film auch zu einem Hörerlebnis, zumal die Sound Designerin neben der Sprachwelt und dem Geräuschambiente auch die Musik von Local Heroes (Mihai Dobre und Alex Pop) in die Tonkulisse mit verwoben hat: Unvergesslich die eine Szene, in der die Filmmusik eine Gruppenaktion der Paarseminaristen geradezu überdröhnt und damit das Freiwerden psychischer Energie kraftvoll unterstreicht.
Abgesehen von seiner Situationskomik und den zahlreichen paradoxen Handlungssequenzen – so erweist sich beispielsweise von den Seminarteilnehmern ein verheirateter Mann als am heftigsten von Eifersucht geplagt, aber nicht auf seine Gattin, die er zu Hause gelassen hat, sondern auf seine Geliebte, die mit ihm zum Paarseminar gekommen ist –, abgesehen von der Vielfalt der Charaktere und der im Film präsentierten Probleme lebt „Love Building“ vor allem auch von den eigentlichen Liebesgeschichten, also nicht von den therapeutisch wieder zu erweckenden, sondern von den neu sich anbahnenden. Dazu zählt die frisch aufkeimende Liebesgeschichte des Therapeuten Cristian mit der Videofilmerin oder die ein zweites Mal auflebende Liebesgeschichte des Sexologen Silviu mit der Geliebten jenes verheirateten Mannes, der Silviu als Konkurrenten, von dem er doch eigentlich therapeutische Hilfe erwartet, mehrfach körperlich und verbal attackiert und ihn am Ende sogar niederschlägt.
Man hätte sich als Zuschauer vielleicht sogar noch etwas mehr Irrungen und Wirrungen gewünscht, etwa durch amouröse Eskapaden aus manchen Paarbeziehungen heraus in andere hinein. Aber auch so ist der Film ein kurzweiliges, amüsantes Ensemble von Szenen, die spielerisch gleichwohl ernste Fragen aufwerfen und leichthin schwere Probleme ansprechen. Die einzelnen Rückblenden des Films, die genau auf solche Probleme hindeuten, lassen bald den Wunsch aufkommen, am Ende nun auch noch zu erfahren, welche Folgen das Paarseminar für die einzelnen Teilnehmer hatte – ein Ansinnen, das der Film selbst mit einer Frage beantwortet, die der Therapeut Silviu gleich zu Beginn stellt: „Kannst du deine Liebe in sieben Tagen reparieren?“