Erinnerungen, Erlebnisse, Gefühle, Träume – das alles brachten die Ensemblemitglieder des Deutschen Staatstheaters Temeswar (DSTT) zu Papier und schickten sie auf Anfrage dem französischen Dramatiker und Theatermacher Pascal Rambert. Der wiederum nahm das Material und flocht es zu einem Stück, das in zwei Stunden zu erzählen versucht, wie das DSTT in Temeswar/Timișoara tickt. Es ist eine Fiktion, aber alles könnte sich so zutragen. Die Schauspieler spielen zwar nicht sich selbst, dafür übernehmen sie Aussagen oder Einstellungen aus den Geständnissen ihrer Kollegen. Alle Schauspieler stehen auf der Bühne. Schnell kristallisiert sich heraus, dass drei Figuren eher Hauptrollen sind, die anderen als Nebendarsteller, fast als Statisten mitmachen: Iris, Sofia und Sonja, gespielt von Ida Jarczeck-Gaza, Ioana Iacob und Isolde Cobeț.
Es gibt bestimmt zwei Arten von Publikum für dieses Stück: das eine, das mit dem Ensemble, seinen Geschichten und Schicksalen, mit der Geschichte des DSTT vertraut ist, und das andere, das sich einfach ein Theaterstück des renommierten Regisseurs und Dramaturgen Rambert ansehen möchte. Gewisse Erwartungen haben die meisten und es kann sein, dass gerade für die zweite Kategorie die Inszenierung wenig hergibt, während die ersten etwas verwirrt werden, dass manche Schauspieler mit ihren Namen angesprochen werden, andere Rollennamen angenommen haben, weil man doch nicht sich selbst, sondern Rollen, fiktive Personen darstellt. Und tatsächlich hätte man sich von jemandem, den Verpflichtungen mittlerweile nach Paris, Kairo und Tokio führen, mehr Drama oder auch Humor erwünscht, vielleicht gehofft, dass das Theater auch mal über sich selber und seine Fehler lachen kann. Etwas mehr Spannung und eine geraffte Handlung wäre wünschenswert. Der Intendant selbst, Lucian Vărșăndan, hatte bei der Premiere des Öfteren gelacht, besonders bei der hysterischen Art, in der er von Rareș Honțu dargestellt wird, und zeigte sich am Ende über die Produktion zufrieden, die im Jahr, da das Haus 70-jähriges Jubiläum feiert, auf die Bühne kam.
Für die Dramaturgie zeichnet Rudolf Herbert verantwortlich: „‘Das Theater‘ ist ein Vorschlag Pascals. Er hat kein Casting per se gemacht, sondern sich mit allen Schauspielern unterhalten und sich von ihnen Texte, die mit diesem Haus und ihren eigenen Biografien zu tun haben, zuschicken und übersetzen lassen. Im Kern lernt der Zuschauer dadurch das Leben auf und hinter der Bühne dieses Ensembles kennen, bei dem sich Berufliches und Privates kaum trennen lässt, sich vieles überschneidet und letztendlich doch alle wie eine große Familie da stehen. Es hat ziemlich viel mit den Hintergründen zu tun, vor denen die Mitglieder des Ensembles groß geworden sind.“ Es erzählt uns einiges, wie das Ensemble des Deutschen Staatstheaters Temeswar funktioniert: es gibt Freundschaften, es gibt meines Wissens keine Eifersüchteleien, keine Konflikte, man hält zusammen und es geht immer um die Produktion, um die Vorstellung – eine Wahrnehmung auch vieler berühmter Regisseure, die bei uns inszeniert haben.“ Tatsächlich wird man Augenzeuge, dass es innerhalb des künstlerischen Personals familiäre Beziehungen gibt, dass die ältere Generation viel zur Formierung der jüngeren durch Vorbildfunktion oder direktes Zutun beigetragen hat, dass Neulinge kaum etwas zu bestimmen haben, doch mit einbezogen werden, dass man die Sorgen von zu Hause ins Theater mitbringt, das für manche auch das Zuhause ist usw. Und dazwischen gibt es poetische Momente, die die Tage der persönlich erlebten Revolution mit auf die Bühne bringen.