Petro Rychlo ist kultureller „Brückenbauer“, Professor an der Universität Czernowitz, verdienstvoller Forscher, Germanist, Literaturwissenschaftler und vor allem Grenzen überschreitender Kulturmittler als Übersetzer. Es war für Kenner keine Überraschung, dass ihm nun in diesem Herbst der hohe Kulturpreis „Georg Dehio“ in Deutschland verliehen wurde für all diese Verdienste.
Der mit 10.000 Euro dotierte Hauptpreis wurde dem Bukowiner in Berlin überreicht bei einer Festveranstaltung im Atrium der Deutschen Bank „Unter den Linden“. Mit dem Ehrenpreis wurde das Filmprojekt „Alois Nebel“ (2012, auch als DVD erhältlich) ausgezeichnet, das in Böhmen spielt, aber ebenfalls mit Czernowitz zu tun hat. Vergeben werden die Kulturpreise vom Deutschen Kulturforum östliches Europa aufgrund von Vorschlägen und dem Entscheid einer siebenköpfigen Jury.
Der Hochschullehrer (seit 1976 am Lehrstuhl für Weltliteratur und Literaturtheorie) und Germanist Rychlo wurde am 10. Juli 1950 im ukrainischen Schischkoutz (rumänisch Şişcăuţi) im damaligen Rayon (Bezirk) Kotzman geboren. Nach dem Abitur studierte Rychlo ab 1967 an der Czernowitzer Staatlichen Universität Germanistik. An dieser nach der Wende „aufgewerteten“ Nationalen Jurij-Fedkowytsch-Uni stieg der Germanist vom Assistenten und Dozenten zum Professor auf, ein Titel, der ihm 2008 verliehen wurde nach der Habilitation 2007 über das dichterische Werk des Czernowitzer Lyrikers Paul Celans als Intertext.
Am Anfang seiner Forschungs- und Übersetzerarbeit standen vor allen die deutsch-österreichisch-bukowinisch bzw. ukrainischen Literaturbeziehungen und die vielen befruchtenden Interferenzen. Er machte seinen eigenen Landsleuten durch die Übersetzungen zahlreiche deutschsprachige Autoren der Bukowina wie auch aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bekannt. Zwei Jahre lang war er Gastprofessor in Wien am Institut für Slawistik der Universität Wien. Bald nach der Gründung des Bukowina-Instituts an der Universität seiner Heimatstadt (Herbst 1991) wurde er Mitglied in dem Vorstand und blieb es sehr aktiv bis zu dessen Ausgliederung aus der Uni. Er zählt seither zu den Persönlichkeiten in Czernowitz, die sich für die Wiederaufwertung des Instituts nach ursprünglichem (Augsburger) Konzept einsetzen, in Unabhängigkeit von politischen und staatlichen Verwaltungsbehörden.
Petro Rychlo beteiligte sich seit Anfang der 90er Jahre an zahlreichen internationalen Bukowina-Tagungen, zuletzt beispielsweise im Augsburger Bukowina-Institut hinsichtlich einer Zusammenführung von Forschungsergebnissen über die nationalen Kulturhäuser in der früheren Bukowina, sowie an vielen Literatur- und Übersetzertagungen. 1999 wurde er Mitglied des Verbands der ukrainischen Schriftsteller. Für den besonders wertvollen, reich illustrierten und dokumentierten Band „Literaturstadt Czernowitz“ erhielt der Forscher 2007 den Bukowina-Orden als erste hohe Ehrung.
Zahlreiche deutsche, österreichische und schweizerische Autoren hat der Übersetzer ins Ukrainische übertragen, darunter ein Dutzend in Buchform, vor allem verdienstvoll und originell die über Bukowiner. Dann stammen von ihm mehrere Anthologien und Monografien, an die 200 Fachartikel und Aufsätze sowie Beiträge für große Nachschlagewerke.
Die Laudatio auf Preisträger Rychlo hielt der Lyriker Reiner Kunze (hier der Volltext), der auf Schwierigkeiten bzw. die Kunst des Übersetzens von Lyrik einging aufgrund eigener Erfahrungen mit dem Tschechischen.