Heft 1/2012 der Zeitschrift „Spiegelungen“, herausgegeben im Auftrag des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas e. V. an der LMU München von Peter Motzan und Anton Schwob, erinnert an die Verleihung der Würde eines „Doctor et Professor Honoris Causa“ der Universität Fünfkirchen/Pécs an Staatsminister Bernd Neumann im Oktober 2011. Die Ehrung stand im Zusammenhang mit der 2006 erfolgten Errichtung einer Stiftungsprofessur für deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa an der Universität Fünfkirchen. Die weitere Finanzierung der Stiftungsprofessur, die bislang über das IKGS erfolgte, wird in der Folge von der ungarischen Seite übernommen.
Nach Hermannstadt/Sibiu (2007) und Fünfkirchen/Pécs (2010) trägt mit Marburg an der Drau/Maribor (Slowenien) 2012 eine weitere südosteuropäische Stadt den Ehrentitel einer Europäischen Kulturhauptstadt. Die in der pittoresken Landschaft der Untersteiermark gelegene Stadt mit langer und reicher Tradition wird in der Rubrik „Das aktuelle Thema“ von Dr. Tanja Zigon, Dozentin an der Universität Laibach/Ljubljana, vorgestellt. Dr. Juliane Brandt (München) zeigt auf, welches Bild der Stadt Lexika des 17., 18. und 19. Jahrhundert vermittelten. Aus den Nachschlagewerken von Martin Zeiler und Johann Heinrich Zedler, dem berühmten „Kronprinzenwerk“ über Österreich in Wort und Bild, und aus dem Brockhaus wird dabei zitiert.
In der Rubrik „Literarische Texte“ sind unter dem Titel „Wie die Begeisterung zu mir nach Deutschland kam“ Aufzeichnungen Bettina Schullers über ihre Kindheits- und Jugendjahre in Kronstadt/Braşov zu lesen. Es folgen Gedichte des Banater Prosaisten und Lyrikers Johann Lippet, in denen Erinnerungsbilder aus der Herkunftslandschaft sich mit Eindrücken der Lebenswelt in Deutschland verquicken. Julia Schiff, Banaterin, die Deutsch und Ungarisch schreibt, übertrug neue Gedichte von János Marno (Budapest), einem Autor, den sie 2010 auch in einer zweisprachigen Buchausgabe („Licht machen, nur um Schatten zu werfen“. Bamberg: Edition Villa Concordia) den deutschsprachigen Lesern vorgestellt hatte.
Die Persönlichkeit des Dichters, Malers und Komponisten Wolf von Aichelburg (1912–1994), der Anfang Januar 100 Jahre geworden wäre, würdigt Herbert-Werner Mühlroth. Eindrücke seiner Begegnungen mit ihm fließen in die Darstellung ein. Freiherr Wolf von Aichelburg, geboren in Pola (Istrien), in Siebenbürgen naturalisierter Nachkomme einer aus Kärnten stammenden Offiziersfamilie, war aufgrund seines von Eigenständigkeit und betontem Formwillen geprägten Werkes ein von Deutschen wie auch Rumänen hochgeschätzter Intellektueller. Vom kommunistischen Regime verfolgt und inhaftiert, konnte er erst 1981 das Land verlassen. Er starb beim Schwimmen in Mallorca. Noch in Rumänien, wo er in Hermannstadt/Sibiu lebte, und danach in Deutschland pflegte er gern den brieflichen Austausch.
Zu seinen Partnern damals und danach zählte der Klausenburger, später Münchener Germanist Peter Motzan, der in der von ihm mitherausgegebenen IKGS-Zeitschrift vier längere, an ihn gerichtete Briefe Wolf von Aichelburgs zugänglich macht. Einführend erläutert der Briefeempfänger die Entstehung seiner Beziehung zu dem Dichter in den frühen 1970er Jahren, die sich bis in die Zeit in Deutschland fortsetzte. Die Briefe des „begnadeten Austauschpartners“ charakterisiert er so: „Erlebtes und Gelesenes, Beobachtetes und Durchdachtes kommen darin zur Geltung. Sie sind Ausdruck einer altösterreichischen Offenheit und Kommunikationsfreudigkeit, seiner Neugierde und seiner Fähigkeit zu bewundern und zu rühmen, zu staunen und zu granteln.“
Bei der Münchener Jubiläumstagung „60 Jahre Südostdeutsches Kulturwerk / 10 Jahre Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas“ (Juli 2011) berichtete Johann Adam Stupp, langjähriger Redakteur der „Südostdeutschen Vierteljahresblätter“, aus seinen Erinnerungen an das SOKW und die Herausgabe der Zeitschrift, die seit 2006 unter dem Titel „Spiegelungen“ vom IKGS weitergeführt wird. Diese „Rückschau und Bilanz“ kann nun nachgelesen werden.
Im „Forum“-Teil informiert die Zeitschrift über eine Reihe wissenschaftlicher Tagungen und Seminare im In- und Ausland, die Fragen der Kultur und Geschichte der Deutschen in Südosteuropa gewidmet waren. So behandelte der VII. Kongress der Internationalen Gesellschaft für Hungarologie in Klausenburg/Cluj-Napoca Aspekte der politischen Integration von Minderheiten, im Besonderen auch der Deutschen in Siebenbürgen, in der Zips und im Sathmarerland (Bernadette Baumgartner), ein Germanistenkolloquium der Universität Montpellier war mit rumäniendeutscher Literatur nach 1945 am Beispiel Banat befasst (Olivia Spiridon), während auf der Banater Kulturtagung im Haus der Donauschwaben in Sindelfingen Temeswar/Timişoara als Kulturzentrum thematisiert wurde (Hans Fink). Die Akademie Mitteleuropa in Bad Kissingen hatte zum 11. Internationalen Graduiertenkolloquium zur deutschen Kultur- und Beziehungsgeschichte im Donau-Karpatenraum (Clara Herdeanu) und zur 6. Nachwuchsgermanistentagung (Gustav Binder) eingeladen, dort fand auch eine Tagung über die Landler in Siebenbürgen statt (Josef Ramsauer). Die gemeinsam mit dem Haus des Deutschen Ostens München ausgerichtete Studienwoche diskutierte die Frage „Deutsche Kultur im Osten Europas – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für Wissenschaft und Forschung?“ (Meinolf Arens). Ein überregionales Symposium in Temeswar bot Einblick in die deutschen Dialektlandschaften des Banats, Siebenbürgens und des Sathmarer Gebietes (Walter Engel).
Zu den neuen, in der Zeitschrift rezensierten Büchern, zählen u. a. die groß angelegte Studie „Das Gedächtnis der Städte“ von Moritz Csáki über Wien und die urbanen Milieus in Zentraleuropa (René Kegelmann), der Berliner Tagungsband „Rumänien und Europa“ (Hannes Schuster), die Dissertation Stephan Olaf Schüllers über die Banater deutsche Jugend zwischen 1918 und 1944 (Gerald Volkmer), die von der LM der Banater Schwaben herausgegebene orts- und siedlungsgeschichtliche Darstellung „Städte und Dörfer“ (Luzian Geier), Ivan Poljakovic’s Arbeit über Flucht und Vertreibung in der donauschwäbischen Literatur (Stefan Teppert), die Monografie Horst Fassels über das Temeswarer deutsche Staatstheater von 1953 bis 2003 (Hans Dama), Julia Schiffs Roman „Reihertanz“ (Olivia Spiridon), die literarische Banat-Anthologie „Europa erlesen“ (Walter Engel) und der unter dem Titel „Wir setzen das Gespräch fort...“ veröffentlichte Briefwechsel zwischen Manfred Winkler und Hans Bergel (Herbert-Werner Mühlroth).
Breit gefächert sind auch diesmal die Beiträge der Rubrik „Rundschau“. Hervorgehoben sei die Würdigung des Bukowiner Prof. em. Dr. Dr. h. c. Kurt Rein zum 80. Geburtstag von Halrun Reinholz.