Anfang Oktober kam der malerische Schmiedeturm an der Schäßburger Burgmauer endlich wieder zu seinem Recht. Das Demokratische Forum der Deutschen in Schäßburg hatte zu einer Ausstellung eingeladen, die ein besonderes Erlebnis ankündigte. Der wohlbekannte Bildhauer Wilhelm Fabini hatte sich entschlossen, seine 50-jährige Tätigkeit als Initiator und Leiter eines Kunstkreises bekannt zu machen. Er hatte talentierten Kindern in jahrelanger Arbeit den Weg auf das Gebiet der bildenden Künste geöffnet und wollte nun die Ergebnisse einem interessierten Publikum vorführen. Eine originelle Einladung verriet seine Absicht: Ein kurioses Gefährt lud zu einer imaginären Reise ins Ungewisse ein, angeführt von einem Vogel und einer schwebenden Wolke.
In den beiden Sälen des massiven Turms sind noch bis zum kommenden Sonntag die hellen Wände mit farbenprächtigen Bildern und feinen Grafiken bedeckt, auf den Fensterbänken reihen sich Tonfigürchen aller Art. Die Thematik ist umfassend und der kindlichen Denkungsweise angepasst.
Eine rege Beobachtungsgabe, Freude am Detail und ein besonderes Farbempfinden macht jedes einzelne Bild zu einem kleinen Kunstwerk. Ob Landschaft mit Bergen, Hütten, Bäumen, Tieren oder ein malerisches Stadtbild des Heimatorts, ob Ferien am Meer oder im Schnee, ein Himmel mit Ufos oder im Sonnenlicht – die Bilder strahlen einen eigenen Reiz aus. Der Versuch, sein Gegenüber oder einen Bekannten zu porträtieren, hinterlässt interessante Eindrücke, den Augen wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Auch die Grafik kommt nicht zu kurz: Es gibt eine feine, originelle Strichführung, besonders bei Berglandschaften und Blumenvasen voller Blüten; doch auch hier ist die Porträtkunst ein beliebtes Thema. Auch an der Drehscheibe versuchten sich viele: Phantasievolle Figürchen, Gefäße und winzige Tiere aus Ton sind das Ergebnis. Hinter all diesen kindlichen Werken spürt man die wachsamen Augen und die Hingabe eines einfühlsamen Lehrers.
Als Wilhelm Fabini 1963 in Klausenburg sein Kunststudium als Bildhauer beendet hatte, träumte er von einem künstlerischen Beruf. Doch die Zwangszuteilung brachte ihn nach Schäßburg in die Entwurfsabteilung der Fayance-Fabrik. Originelle Modelle zu entwerfen, blieb ein Traum, eigene Initiativen waren nicht gefragt. Dafür musste man ausländische Modelle kopieren und gewissen Maßen anpassen. Die Zukunft sah düster aus, nach sechs Jahren hatte er genug und suchte etwas anderes. Es blieb nur das Lehramt, an sich kein Traumberuf, weil Zeichnen in den Schulen als Nebenfach eingestuft war. Doch er hatte Glück: Im Städtischen Pionierhaus gab es kreative Zirkel, wo eine Stelle freigeworden war, hier konnte er sein Wissen besser anwenden. Es wurde in Gruppen mit 20 Schülern gearbeitet, die Kinder wurden ausgewählt, Talent und Begeisterung waren gefragt. Durch Beziehungen wurden Drehscheibe, Brennofen und Lehm beschafft, die Fayance-Fabrik hatte Inte-resse und half mit. Die Arbeit mit Kindern lief reibungslos, sein Können, seine ausgeglichene Art, sie anzuleiten und mit ihnen umzugehen, brachte den erhofften Erfolg, sonst hätte er wohl nicht ganze 50 Jahre durchgehalten.
Nach der Wende verlor er zwar seine Räume im Pionierhaus, doch er fand eine andere Bleibe und machte weiter. Die schönsten und gelungensten Werke hat er aufbewahrt und jetzt ausgestellt. Er kennt die kleinen Künstler und weiß, wer hinter jeder Arbeit steckt. Von vielen weiß er auch, wo sie leben, was sie arbeiten, ob sie ihre Kreativität anwenden. Doch ausgeträumt hat er noch immer nicht! Sein Traum wäre, in Schäßburg ein Museum einzurichten, speziell für Kinder, wo jeder sehen kann, dass es nicht viel braucht, um Kindern eine Chance zu geben, ihren Weg zu finden. Gerade heute!