Ein Mädchen in roten Strümpfen am Strand: Es sitzt auf einer aufgerichteten, zweidimensionalen Goldfolie, nur aus einem bestimmten Blickwinkel sichtbar. Dahinter entsteigen zwei blaue, wilde Pferde der Gischt des Meeres – Pferde aus Wasser, die sich in den Himmel hinein auflösen. Aus transparentem, imaginärem Traumgewebe. „Mariana ist Farbe, Mariana ist Poesie, Mariana ist Lachen“, präsentierte Oana Monica Holban die Künstlerin Françoise Mariana Roşian Apostol auf der Vernissage der Ausstellung „Form und Farbe“ am 20. April im Kulturhaus „Friedrich Schiller“. Ihre Bilder seien Reisen für die Malerin, für den Betrachter hingegen Geschichten. Ob Mohnblumen, Berge, Bauernhäuser, ob venezianische Frauen oder ein leuchtender Nautilus, jedes ihrer Gemälde ist Träger eines inneren Konflikts: Denn die Natur kennt keine Linien, nur Farbflecken, die miteinander konkurrieren. Nicht der Pinsel setzt die Konturen, sondern die Gefühle. Zwischen den explosiven Farben, die Apostols Bilder dominieren, verbirgt sich erst auf den zweiten Blick jede Menge Zartheit.
Umso klarer grenzen sich davon die Skulpturen ab, diskret zwischen Bildern platziert oder hoheitlich vor den gewaltigen Spiegeln in den Hallen beider Etagen thronend. „Der Künstler sieht die Realität aus einem anderen Blickwinkel“, suggeriert Redner Doru Pavel Mugur bei der Vorstellung des Bildhauers Doru Drăguşin. Und vergleicht ihn mit Nichita Stănescu, dem abstrakten Poeten – ein abstrakter Bildhauer, dessen „multidimensionale“ Objekte vielfache Interpretationen erlauben. „Gott schafft durch uns Künstler etwas, was wir selbst nicht verstehen – und ihr seid die Übersetzer“, provoziert der Bildhauer selbst. Die minimalistischen Skulpturen erinnern vielfach an den Stil von Brâncuşi. Spiritualität ist ein wiederkehrendes Thema: Figuren meditieren, sich vor einer Ikone verneigend, ein kindlicher Engel hält die Hände vor das Herz. Verschlungene organische Formen muten an wie Glieder eines unvollkommenen Wesens, das nur teilweise in die Dimension unserer Realität hineinreicht.
Auch Françoise Mariana Apostol sieht einen spirituellen Ansatz in ihrer Kunst: Seit ihrem sechsten Lebensjahr wusste sie, dass bildende Kunst ihre Mission ist, bekennt sie. „Wir werden offenbar mit etwas geboren, das wir dann weiterführen müssen“. Apostol wirkte bisher in über 40 internationalen Ausstellungen mit – persönliche und gemeinsame mit andern Künstlern – und ist neben Malerei vor allem für bildende Kunst mit optischem Glas bekannt. Im Jahr 2000 erhielt sie den ersten Preis in einem Bukarester Wettbewerb für Keramik- und Glaskunst. Zwischen 1989 und 2008 lebte sie in Frankreich, wo sie von 2005 bis 2012 jährlich in verschiedenen französischen Städten in Kunstgalerien ausstellte. Auch Doru Drăguşin verfügt über eine beeindruckende Historie von mehr als 40 Gruppen- und 16 persönlichen Ausstellungen, unter anderem in New York, Paris und Rom. Außerdem veranstaltet er Workshops, in denen er Interessierten und Kindern die Kunst der Bildhauerei vermittelt.