„Wir sollen uns auch in diesen Zeiten freuen“

Roman Tolicis Ausstellung „New Hope“ bietet eine kraftvolle Perspektive in schwierigen Zeiten

„New Hope 7“: Die Menschen sind genau so groß wie alle anderen Lebewesen, wie Elefanten, Schnecken, Würmer.

Detail vom Bild „New Hope 7“ Fotos: die Verfasserin

Roman Tolici (links) bei der Vernissage seiner Ausstellung in Kronstadt, im Dezember

Die ältesten Spuren menschlicher Siedlungen in dieser Welt befinden sich auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens. Hier haben vor fast zwei Millionen Jahren Vertreter der Gattung Homo gelebt, ihre Präsenz konnte anhand von mechanischen und symmetrischen Spuren auf Tierknochen entdeckt werden. Diese Information wurde am Montag, dem 27. Januar, in einer der weltweit renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften „Nature” veröffentlicht. Die Entdeckung wurde von einem internationalen Team von Wissenschaftlern gemacht, hauptsächlich Archäologen, darunter auch der gebürtige Kronstädter Paläobotaniker Mihai Emilian Popa.

Mit dieser Information begann Schriftsteller Adrian Lăcătuș, Dekan der Philologie-Abteilung der Transilvania-Universität in Kronstadt/Brașov, eine Gesprächsrunde mit Roman Tolici, einem der bekanntesten Maler Rumäniens, der den hiesigen Kunstmarkt geprägt hat. Der Anlass war Tolicis neueste Ausstellung „New Hope” (Neue Hoffnung), die von Dezember 2024 bis Ende Januar im Multikulturellen Zentrum der Transilvania-Uni zu sehen war und seit Mittwoch, dem 5. Februar in Bastion 2 in Temeswar/Timișoara zur Schau gestellt wird.

Die Idee vom Tod führt zu Hoffnung

Die Werke in der Ausstellung bringen den Gedanken des Verschwindens in den Vordergrund. Es geht um Leben, aber vor allem um den Tod. „Der Tod ist eines der wenigen Themen, das es wert ist, erkundet zu werden, weil er der schmerzhafteste Teil unseres Lebens ist”, erklärt der Künstler. Gleichzeitig ist es der Tod, der die Menschen zur Hoffnung führt.
Dennoch, - ist es kein Zeichen von Schwäche, zu hoffen? Ist Hoffnung nicht nur für Verlierer, zumal sie sowieso nicht immer in Erfüllung geht?

„Die Geschichte bietet unzählige Beispiele dafür, dass Hoffnung oft vergeblich war: Imperien sind zerfallen, katastrophale Ereignisse haben die Hoffnung der Menschen zerstört und schwerwiegende Ungerechtigkeiten blieben ungesühnt. Doch trotz allem hat die Hoffnung immer wieder hartnäckig ihren Weg zurückgefunden. Diese neue Serie erkundet genau dieses abstrakte und fragile Gefühl, das wir Hoffnung nennen”, erklärte Tolici.

Man hängt sich in schwierigen Zeiten an dieses zerbrechliche Gefühl, um weitermachen zu können und hofft, dass „alles gut wird”, trotz Pandemie, Kriege, politischen Krisen. Die raschen Veränderungen der letzten Jahre, die tiefgreifende Auswirkungen auf das tägliche Leben hatten und haben, lösten tiefe Angstgefühle, sogar Panik in den Menschen aus. 

Mehr Lockerheit und Humor

Roman Tolicis Art, sich von der Angst der Gegenwart zu distanzieren, ist das künstlerische Schaffen und die Einsicht, dass die Probleme und Dramen der Menschen, die heute leben, im historischen Raum verloren gehen. Seine Werke fangen Momente der Unsicherheit, der Anpassung und der Suche nach einem neuen Gleichgewicht ein. „Die Zivilisation, die unserer folgen wird, wird in zwei Millionen Jahren nicht wissen, was für Dramen und Probleme wir hatten… Wenn ich an die jetzigen Probleme aus einer entfernten Zukunftsper-spektive denke, finde ich sie nicht mehr dramatisch. Es ist eher eine Ironie über diese Momente. Das einzusehen, war für mich heilend”, erklärt Tolici.

„Was uns jetzt bedrückt, wird vergehen. Der Tod ist in unserer unmittelbaren Nähe. Das tief meditative Werk von Roman Tolici, in dem die Hoffnung unverkennbar ist, bringt auch Relativismus, Ironie und eine gewisse Gelassenheit vor das Publikum, lädt es ein, Abstand zu nehmen, diese Augenblicke anders aufzunehmen”, sagt Adrian Lăcătuș. Aus dieser neue Perspektive betrachtet, kann man die beängstigenden zeitgenössischen Geschehnisse mit mehr Lockerheit und Humor betrachten und, wie der Maler sagt, sich auch in diesen Zeiten freuen. 

In der Banalität des Alltags suchen

Roman Tolici findet seine Themen und seine Inspiration in seiner unmittelbaren Nähe. „Meistens finde ich sie, weil wir von Schönheit, Symbolen und Bedeutungen umgeben sind”. Er fotografiert immer, alles was ihn irgendwie anzieht, schaut die Bilder nach Monaten, sogar Jahren an und schafft, ausgehend von manchen dieser Bilder, Kunstwerke. 
So entstand beispiels-weise das Bild „New Hope 7“, das zwei abgewetzte Autoreifen zeigt, die wie eine Ruine auf einer schönen grünen Wiese aufgestellt sind. Sie bilden das Zeichen der Unendlichkeit und scheinen ein Fernrohr in eine bessere Welt darzustellen, wo Menschen, Ameisen, Nashörner, Viren, Pilze oder Bakterien alle gleich groß sind und wo der Raum gleichmäßig aufgeteilt wird. Auch andere Werke zeigen den Kontrast zwischen der ruhigen Natur und Elementen der menschlichen Zivilisation, wie verlassene Autos oder entwurzelte Bäume. Die Natur spielt eine zentrale Rolle in den Bildern dieser Serie, entweder als Symbol für Zerbrechlichkeit oder für Erneuerung. Sie ist die Einzige, die ständig überlebt.

Die Menschen und alle anderen Lebewesen ande-rerseits sind vergänglich, sie sind winzig und nichtig, während ausgerissene Bäume oder kaputte Objekte sehr groß dargestellt sind.

Die Message von „New Hope”, die gewagt und direkt ausgedrückt wird, richtet sich sowohl an „gebildete Kuratoren, wie auch an den Bauern, der zufällig in die Kunstgalerie tritt”, erklärt Tolici. Er ist ein Maler, der das Gespräch mit dem Publikum sucht, der seine Ideen in ganz unterschiedlichen Kreisen verbreiten möchte. Von der neuen Hoffnung kann man sich seit dem 5. Februar in Temeswar inspirieren lassen. Während des Jahres wird die Ausstellung auch in Hermannstadt/Sibiu und Bukarest ankommen. Mehr Details sind auf der Internetseite romantolici.ro erhältich. 

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Roman Tolici wurde 1974 in Ghetlova, einem Dorf in der Republik Moldau, damals Teil der UdSSR geboren. 1990 erhielt er ein Stipendium und wurde Schüler der Kunstschule Nicolae Tonitza in Bukarest, später studierte er Kunst in der rumänischen Hauptstadt, in der er seither lebt. Gegen Ende der 1990er Jahre experimentierte er mit Literatur, Animation, Cartoons und Fotografie, widmete sich aber seit Anfang der 2000er Jahre grundsätzlich der Malerei, die er in Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland zeigt. 

Adrian Lăcătuș ist auch Leiter des Multikulturellen Zentrums der Transilvania-Universität, wo seit über zehn Jahren hochkarätige Kulturveranstaltungen organisiert werden. Der Eintritt ist immer frei. Bekannte Jazzmusiker, Regisseure, Schauspieler, Fotografen, Schriftsteller und Poeten sind hier schon aufgetreten. Hauptziel des Zentrums ist es, den Studenten und Interessierten grundlegende Werte wie kritisches Denken, Offenheit für Innovation und Experiment, Toleranz für Diversität, intellektuelle Neugier und Dialog näher zu bringen.