Eine Expo von 61 Künstlerinnen und Künstlern zu Sommeranfang

Maler und Bildhauer aus ganz Rumänien stellen bis Monatsende in Hermannstadt aus

Als Exponierende hat sie noch nie eine Sammelausstellung in der Galerie der Kammer der Bildenden Künstler Hermannstadts verpasst: Ileana Selbing (Bildmitte), Witwe von Dirigent Henry Selbing und selten auf Vernissagen anzutreffen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Angesichts der unübertrefflichen Vielfalt, die der Sommer-Salon für visuelle Künste in der Galerie der Bildenden Künstler Hermannstadts noch bis Ende Juni offeriert, hätte es seine Vernissage am Dienstagnachmittag, dem 4. Juni, überhaupt nicht nötig gehabt, das Motto „Freundschaft“ („prietenie“) der Auflage Nummer 31 des Internationalen Theaterfestivals Sibiu (FITS) vom 21. bis 30. Juni strikt vorwegnehmen zu müssen. Im eigenständigen Ausstellungsraum am Großen Ring/Piața Mare jedoch wurde dem FITS-Gründer und Magnaten Constantin Chiriac durch Übernahme der oberflächlichen Sammelüberschrift ohne jede Widerrede Tribut gezollt, und sogar Kulturministerin Raluca Turcan ausdrücklich für ihre Wertschätzung der bildenden Kunst gelobt. Nur gut, dass die Tiefgründigkeit der zig Exponate von Künstlern aus Hermannstadt und einigen ihrer Kollegen aus allen Teilen Rumäniens sich nicht in den politischen Zugeständnissen erschöpft, die Gheorghe Dican als stellvertretender Landesvorsitzender der Rumänischen Kammer der Bildenden Künstler und Dr. Florin Viorel, ihr Ansprechpartner für den Kreis Hermannstadt, am Eröffnungstag aus diplomatischem Kalkül wählten. Kritikerin Dr. Iulia Mesea führte zurecht an, dass die Werke von Meistern wie Stefan Orth, Marius David, Constantin Ilea und Ioan Tămâian unbedingte Referenz für jeden Besucher sein sollten, erwähnte auch Karrierestarter Cezar Stanciu und erkannte erwartungsgemäß, dass Öl- und Mischtechnik-Bilder von fähigen Händen wie jenen etwa eines Florin Viorel oder einer Raluca Oros stilistisch in ein und dieselbe Sparte zu rechnen sind. Je eine Arbeit von 61 Künstlerinnen und Künstlern bietet der Sommer-Salon zur Besichtigung, und natürlich tragen nicht alle den gleichen klaren Bezug zum vorgegebenen Thema „Freundschaft“ – manches Bild oder manche Skulptur schließlich haben rein gar nichts damit zu tun. Aber jedes einzelne Exponat birgt in sich selbst die Kraft, den Blick seiner Besucher zu binden, zu fesseln. Das Porträt etwa eines schwarzhaarigen Mannes mit breitkrempigem Hut aus einfachsten ruralen Verhältnissen im mittleren Alter, das Fotograf Daniel Bălțat ausstellt, ist Messlatte für alle Vorbeischauenden, die ihr eigenes Können zur Kunst erweitern wollen. Schauspieler C²t²lin Neghin² vom Radu-Stanca-Theater, der höchstwahrscheinlich von Intendant Constantin Chiriac zum nicht ersten Mal als Gedicht-Vortragender in die Galerie der Bildenden-Künstler-Kammer entsendet worden war, unterlief nach seinem letzten gesprochenen Wort der Fauxpas, durch zu nahes Herantreten mit dem Rücken an die LED-Lampen-Arme des Ölbilds von Florin Viorel Letzteres ins Wackeln gebracht zu haben. Doch auch in den Publikumsreihen war ein leiser Anflug von Unachtsamkeit zu erfassen: Elftklässlerin Lavinia Haiduc vom Kunstgymnasium und dort Schülerin von Geigen-Lehrerin Vasilica Tudori spielte ohne Klavierbegleitung die berühmte „Meditation“ aus der Oper „Thais“ von Jules Massenet vor und musste vor dem Nachsatz auf ein filigranes Flageolett in höchster Lage, das etliche Zuhörer fälschlicherweise schon als Schlussnote auffassten, einen verfrühten Applaus abwarten. Eine Vernissage, die nicht wie am Schnürchen lief.