Der UNDO-Befehl

Man sitzt vor einer Bilddatei, schiebt Regler für Licht und Kontrast hin und her, definiert einen schönen Ausschnitt und auf einmal passiert es -  ein falscher Tastengriff und alles ist im Eimer! Für diese Fälle haben die meisten Programme eine UNDO-Funktion, die mit einem Mausklick den fatalen Fehler sofort rückgängig macht. Praktisch, nicht?

Wie schön wäre es, wenn es das auch im wirklichen Leben gäbe: UNDO – und das Auto schnellt zurück und die Delle im Heck des Vordermanns poppt wieder nach außen. UNDO - und das eben am Küchenboden zerplatschte Ei gleitet in Nullzeit wieder zusammen und springt intakt auf die Tischplatte. UNDO – und das beleidigende Wort, das mir im Affekt rausgerutscht ist, schlüpft ungehört zurück in meinen Kehlkopf.

Vielleicht sollte man mal mit dem Programmierer sprechen. „Hallo, lieber Gott! Wo bleibt Version 2.0 dieses Programms, das sich 'Mein Leben' nennt? Wo kann man das Update herunterladen?”

Ein weiterer Verbesserungsvorschlag wäre ein RESET Knopf. Wenn alles hoffnungslos versaubeutelt ist und man gar nicht mehr weiß, wie man den Schlamassel korrigieren soll, stellt man damit den Ausgangszustand wieder her. RESET - und Firmenpleite, Scheidung und verbockte Karriere lösen sich auf in Nichts und man bekommt eine neue Chance: als einzellige Zygote in der Gebärmutterwand.

Etwa die Hälfte aller religiösen Menschen glaubt an Reinkarnation. Für sie ist der Tod ein solcher  RESET Knopf, der das alte Programm löscht und ein neues beginnt. Die andere Hälfte glaubt an Himmel und Hölle. Für sie ist das Leben ein Computerspiel: wenn du es auf dieser Ebene nach den gegebenen Regeln erfolgreich beendest, kommst du in die nächste. Wenn nicht, gehts ein Level tiefer. Die Quantenphysik hingegen behauptet, der Beobachter erschafft seine Welt. Was du nicht siehst (oder misst), das gibt es nicht! Doch einmal hingeschaut, schwupps, gehört es zu deiner Realität. Nachträgliches Wegsehen hilft nicht, das Häufchen im Flur flutscht nicht zurück in den Hund.


Doch manchmal entsteht gerade aus Fehlern und Mißgeschick etwas Wunderbares. Der Klebstoff, der ums verrecken nicht halten wollte, bescherte uns die praktischen Post-its. Eine Blase am Zeh rettete am 11. September 2001 einem Liftboy im Twin Tower das Leben, weil er zu spät zur Arbeit gehumpelt kam und den Terroranschlag verpaßte. Einer Frau brachte ein Beinbruch auf Umwegen die große Liebe. Wie gut, dass es den UNDO-Befehl im wirklichen Leben nicht gibt! Ein bißchen Abenteuer muß doch sein...