Kostenlose Anti-HPV-Impfkampagne für Mädchen bis 18 Jahre

Screening-Programme für Krankenversicherte und nicht Versicherte in Westrumänien

Eine mobile Screening-Karawane kommt an Wochenenden in Temescher Ortschaften an.
Foto: privat

Bei rund 3300 Frauen wird in Rumänien jährlich Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert. Mehr als die Hälfte davon verliert den Kampf gegen die Krankheit und kommt deswegen ums Leben. Das macht Rumänien innerhalb der Europäischen Union zum Land mit der höchsten Häufigkeit dieser Krebsart und mit den meisten Todesfällen infolge dieser Krankheit. Genauer: Täglich sterben in Rumänien durchschnittlich fünf Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren an Gebärmutterhalskrebs, einer Krankheit, die durch eine Impfung gegen das HP-Virus (Humanes Papilloma-Virus) verhindert werden kann.

Im Januar 2020 ging das rumänische Landesprogramm für HPV-Impfung von Mädchen in eine neue Runde. Zehn Jahre nach der ersten Kampagne, die als gescheitert betrachten werden muss, hat der rumänische Staat die Kampagne wieder aufgenommen. Allein im ersten Jahr der neuen Kampagne haben 28.169 Mädchen (zwischen 11 und 14 Jahren) in Rumänien eine HPV-Impfung erhalten. Die kostenlose Impf-Kampagne wendet sich nun seit Anfang September auch an Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren. 


HPV (Human Papilloma Virus) ist die am weitesten verbreitete Virusinfektion mit ausschließlich sexueller Übertragung weltweit. Fast jeder sexuell aktive Mensch kommt im Laufe seines Lebens mit mindestens einem der Stämme des HP-Virus in Kontakt. In vielen Fällen wird das Virus durch das körpereigene Immunsystem eliminiert, aber wenn dies nicht geschieht, können HPV-Infektionen verschiedene Krebsarten auslösen: Gebärmutterhalskrebs bei Frauen ist die häufigste Art. Dieser wird zu 99 Prozent durch eine HPV-Infektion verursacht. Die HPV-Impfung deckt 90 Prozent der Stämme dieses Virus. 

Auch Jungen bzw. Männer können Träger des HP-Virus sein, in anderen Ländern wird die kostenlose Impfkampagne deshalb auch unter Jungen durchgeführt. In Rumänien kommt dies noch nicht in Frage, hier müssen sich männliche Interessenten wie über 18-Jährige Frauen das Vakzin selber kaufen. Der Preis einer Dosis des Neunfachimpfstoff Gardasil 9 beträgt etwa 650 Lei. Für Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren sind zwei Dosen, für über 14-Jährige drei Dosen notwendig. Und: „Impfen lassen kann man sich in jedem Alter“, sagt die Temeswarer Frauenärztin Olimpia Oprea. 

Der deutsche Wissenschaftler Harald zur Hausen, ehemaliger langjähriger Leiter des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, wurde 2008 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet, weil er nachweisen konnte, dass Gebärmutterhalskrebs durch Virusinfektionen ausgelöst wird. Zur Hausen vermutete bereits vor mehr als dreißig Jahren einen Zusammenhang zwischen Infektionen mit HPV und Gebärmutterhalskrebs. Seine Forschung hat es ermöglicht, einen Impfstoff gegen die dritthäufigste Krebserkrankung bei Frauen zu entwickeln. Seit 2008 ist eine solche Impfung weltweit verfügbar und wurde durch zahlreiche Impfkampagnen in den jeweiligen Ländern verteilt. Daten der Weltgesundheitsorganisation zeigen, dass fast eine halbe Million Gebärmutterhalskrebsfälle damit in der Zwischenzeit verhindert wurden. 

Eine Impfung gegen Humane Papilloma-Viren kann das Risiko einer Infektion bis zu 90 Prozent mindern, zeigen im Weiteren die Daten. Rumänien gehörte 2008 zu den ersten Ländern, die gleichzeitig mit etwa Großbritannien die HPV-Impfung einführten. Aller-dings war die Kampagne damals ein Misserfolg – nur zwei Prozent der Mädchen, bei denen dies empfohlen wurde, wurden geimpft.

Die Zahl der Neuinfektionen ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen am höchsten, da sie die sexuell besonders aktiven Gruppen darstellen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Neuinfektionsrate ab. Eine Infektion mit diesem Virus kann bis zu sechs Arten von Krebs verursachen, aber Gebärmutterhalskrebs ist die häufigste Art. Studien zufolge kann man HPV der Risikotypen 6, 11, 16 und 18 durch eine Impfung vorbeugen. Europaweit werden jährlich rund 31.000 neue solche Krebsfälle registriert. In Rumänien ist Gebärmutterhalskrebs die vierte Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Frauen und die erste Todesursache bei Frauen mit einem Altersdurchschnitt zwischen 15 und 44 Jahren. 

Während es für erwachsene Frauen kein kostenloses nationales Programm zur Vorbeugung dieser Krebsart gibt, existiert hingegen bereits seit einigen Jahren ein nationales Gebärmutterhalskrebs-Screening-Programm. Eine Untersuchung zur Früherkennung von zervikalen Krebs ist der sogenannte Pap-Test (rumänisch: Babeș-Papanicolau-Test), wie er beim Screening-Programm angewendet wird, das sich an Frauen zwischen 24 und 64 Jahren wendet. Kostenlose Untersuchungen innerhalb des Programms sind unter anderem auch an der Klinik für Gynäkologie und Entbindungsklinik Odobescu in Temeswar möglich. Krankenversicherte sowie nicht versicherte Frauen können daran teilnehmen. Sie müssen sich im Vorhinein einen Termin geben lassen. Dies ist in Temeswar unter folgender Telefonnummer möglich:  0256/491.664. 

Ein weiteres Screening-Programm findet derzeit im Kreis Temesch/Timi{ statt. Ein mobiles Team aus medizinischem Personal des Städtischen Krankenhauses Temeswar wird an Wochenenden in mehreren Ortschaften im Verwaltungskreis eintreffen, um endokrinologische Störungen und gynäkologische Erkrankungen – durch eine kostenlose klinische und Ultraschalluntersuchung und durch Pap-Tests – zu diagnostizieren. Dazu Dr. Olimpia Oprea,  Koordinatorin des europäischen Projekts: „Menschen über 18 Jahren, einschließlich Personen ohne Krankenversicherung, können allein anhand ihres Personalausweises über diese kostenlosen Untersuchungen verfügen“. Das Projekt „Gemeinsame Ansätze zur Optimierung der Früherkennung und Behandlung von Schilddrüsenkrebs in der Bevölkerung von Partnergebieten“, RORS 350, hat einen Wert von 1,03 Millionen Euro und wird zu 98 Prozent aus dem Interreg-Programm – IPA CBC Rumänien-Serbien 2014-2020 mitfinanziert. 

Seit Beginn des Projekts Mitte August wurden Patientinnen und Patienten (Männer für die Schilddrüsenuntersuchungen) in den Ortschaften Wojteg/Voiteg, Sacoșu Turcesc, Tschakowa/Ciacova, Neupetsch/Peciu Nou, Neubeschenowa/Dudeștii Noi, Ketscha/Checea, Warjasch/Variaș und Belinț kostenlos untersucht. Bis Ende des Jahres wird die mobile Karawane folgende Orte erreichen: Boldur (9. Oktober), Knees/Satchinez (16. Oktober), Lenauheim (23. Oktober), Großkeweresch/Chevereșu Mare (30. Oktober), Gataja/Gătaia (6. November), Klein Bergsau/Beregsău Mic (13. November), Detta/Deta (20. November), Gottlob (27. November), Rumänisch Sanktmichael/Sânmihaiu Român (4. Dezember), Fibisch/Fibiș (11. Dezember), Monostor/Mănăștiur (18. Dezember). Auch Bewohner der benachbarten Ortschaften können sich daran beteiligen. Weitere Ultraschalluntersuchungen für Schilddrüsenerkrankungen können am städtischen Krankenhaus in Temeswar unternommen werden. Dafür ist ein Termin unter der Telefonnummer 0723.396.351 (Montag bis Freitag, 8 - 18 Uhr) nötig.