Vom Rauchen zum Dampfen

Die E-Zigarette als Ersatz zum klassischen Glimmstängel

Auch in Kronstadt/Braşov wird für E-Zigaretten geworben. Foto: Ralf Sudrigian

Die guten alten Zeiten sind für die Raucher vorbei. Früher war es cool, sich einfach locker eine Zigarette anzuzünden und den Rauch lässig von sich zu stoßen. Das durch die Werbung stark mediatisierte Bild des naturnahen Marlboro-Cowboys vermittelte auch eine gewisse Romantik. Nun wird Rauchen als gesundheitsschädlich anerkannt, nicht nur für die Raucher, sondern auch für  passive Mitraucher. Also müssen die Tabakfreunde isoliert und in immer enger werdende Raucherzonen verbannt werden. Seit einigen wenigen Jahren tauchte dann die elektronische oder elektrische Zigarette, kurz E-Zigarette genannt, auf. Kann sie als womöglich weniger gesundheitsschädliche Variante zur klassischen Zigarette gelten? Im Folgenden einige Tipps, Überlegungen und Feststellungen, die ich auf Grund eines Selbstversuches machen konnte.

Keine Asche und kein Stummel

Sich eine E-Zigarette zu beschaffen ist heutzutage auch in Rumänien kein Problem - und keine übermäßig teure Angelegenheit. Diese Zigarette ist eigentlich ein kleines Gerät, das aus einem wiederaufladbaren Akku und einem Liquidtank mit Verdampfer besteht. In den Tank wird eine Flüssigkeit hineingetropft, die aus Propylenglycol (auch Propandiol), Glycerin, Wasser, verschiedenen Lebensmittelaromen und Nikotin besteht. Über eine Heizspirale, die per Knopfdruck beim Atemeinzug aktiviert wird, kommt es zum Verdampfen der Flüssigkeit, die inhaliert und nachher als weißer, praktisch geruchloser Dampf ausgeatmet wird. So entsteht das Gefühl, als ob man rauche, ohne dass aber Tabak verbrannt wird. Auf das Zubehör, das ein „zivilisierter“ klassischer Raucher benötigt, ist man als Konsument der E-Zigarette nicht mehr angewiesen: Aschenbecher und Feuerzeug oder Zündholzschachtel sind nun passe. Denn es entsteht keine Asche und es bleibt kein Stummel übrig, den man irgendwo, irgendwie los werden muss.

Doch nicht alles ist so problemlos, wie es auf den ersten Blick erscheint. Der Akku muss, je nach Frequenz, mit der man zur E-Zigarette greift, neu aufgeladen werden: über ein klassisches Ladegerät, das eine Steckdose benötigt oder über einen USB-Charger, der in einen entsprechenden Computerausgang eingestöpselt wird. In der Regel dauert der Ladevorgang des Akkus - von der E-Zigarette abschraubbar und ungefähr halb so groß wie diese -  bis zu vier Stunden. Damit der Raucher nicht plötzlich ohne „Heizkraft“ dasteht, gibt es zumindest bei den meisten Modellen eine Leuchtdiode, die von Weiß über Blau bis Rot die Akku-Ladekapazität angibt. Dasselbe geschieht auch beim Aufladen. Je größer der Akku ist, umso länger hält er. Ungefähr jeden dritten Tag oder auch fast nur einmal pro Woche muss man volens-nolens eine mehrstündige Rauchpause einlegen.

Das mögen starke Raucher überhaupt nicht - und weil diese Zigarettenkomponente austauschbar ist, halten sie einen funktionsfähigen Reserve-Akku griffbereit. Oder sie greifen zurück zu Feuerzeug und Zigarettenschachtel und werden zum „Dual-User“ wie es auf Neudeutsch heißt. In den Internetforen werden übrigens die klassischen Raucher auch als „Pyromanen“ ironisiert.

Was noch benötigt wird, ist das in kleinen Fläschchen verpackte Liquid. Dessen Nikotingehalt liegt zwischen 0 und 24 mg/ml. Also kann auch ohne Nikotin „geraucht“ werden, was vor allem für jene wichtig ist, die zur E-Zigarette als Entwöhnungsstrategie greifen. Es gibt jede Menge Aroma-Varianten - von Obstsorten bis Vanille, Tiramisu, American Tobacco usw. In der kleinsten Verpackung (10 ml) gekauft, kostet so ein Fläschchen zwölf Lei, also etwas weniger als eine Zigarettenpackung, hält aber bedeutend länger.

Die E-Zigarette hat in der heutigen Variante eine erst knapp zwölf Jahre alte Geschichte. E-Zigaretten scheinen ein fast ausschließlich chinesisches Geschäft zu sein. Meine hat, samt Liquid, fast 100 Lei gekostet, wobei die Gebrauchsanweisung nur als QR-Code mitgeliefert wurde. Weil mein Smartphone noch im Geschäft ist, musste ich selber und mit Internet-Ratschlägen ausprobieren, wie das ist, „elektronisch“ zu paffen … und erinnerte mich dabei auch an die erste, heimlich nach der Schule hinter der Graft gerauchte Zigarette.

Wie gesundheitsschädlich ist die E-Zigarette?

Allgemein wird darauf hingewiesen, dass Nichtraucher besser auch von der E-Zigarette die Finger lassen sollten. Das gilt vor allem für Jugendliche. Denn die Aufnahme von Nikotin in den Körper führt in der Regel zur Abhängigkeit - zu einer Sucht, die man schwer und nur mit großem Willen wieder los wird. Gerade die vielen aromatischen Stoffe könnten Jugendliche dazu verleiten, Neues auszuprobieren. Die E-Zigarette könnte das Rauchen wieder gesellschaftsfähig machen, befürchten deren Kritiker und wollen sie und die Liquid-Fläschchen in Apotheken verbannen. Das Argument wäre, vereinfacht gesagt, dass es sich bei diesen praktisch um Arzneimittel handelt, das Raucher benötigen, um ihre Sucht erfolgreich zu bekämpfen. Manche gehen so weit, kann man im Internet erfahren, dass sogar die Zigaretten aus Kaufhäusern, Gasthäusern und Tabakläden genommen werden und nur noch in Apotheken erwerblich sein sollten. So würde der Zigarettenhandel gebremst und das Raucherproblem besser unter Kontrolle gehalten.

Zur Zeit ist jedoch das Gegenteil zu bemerken: Das „flüssige Nikotin“ wird als Genussmittel definiert. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht entschied am 20. November 2014, dass die E-Zigarette kein Medizinprodukt ist. Die Deutsche Bundesbahn verbietet das Rauchen von E-Zigaretten in den Zügen, gestattet dieses aber auf den Bahnsteigen. In Deutschland gibt es übrigens heutzutage rund zwei Millionen Konsumenten von E-Zigaretten. In Österreich sollen E-Zigaretten ab 1. Oktober dieses Jahres ausschließlich in Tabaktrafiken geführt werden. In der Schweiz ist das E-Liquid von der Tabaksteuer befreit. Die EU-Tabakrichtlinie spricht sich für den freien Verkauf von E-Zigaretten aus.

Medizinische Untersuchungen gehen mehrheitlich davon aus, dass diese Form von Rauchen weit weniger gesundheitsschädlich ist als das „normale“ Rauchen. Allerdings werden gewisse Bedenken im Zusammenhang mit der Art und Weise, wie sich die Komponenten des inhalierten Dampfes auf die oberen Atemwege langfristig auswirken, angemeldet. Da diese Form von Rauchen relativ neu ist, weiß man eben noch nicht viel über die Langzeitfolgen. Dasselbe kann man über die Auswirkungen auf Dritte sagen. Fest steht jedoch, dass der Dampf weitaus weniger Schadstoffe enthält als der übliche bläuliche Zigarettendunst, der durch Verbrennung von Tabak, Teer und Zigarettenpapier entsteht.

Bilanz nach einem Monat

Vor gut einem Monat - wenn auch nicht unbedingt als Neujahrsvorsatz gedacht - habe ich das Zigarettenpäckchen ganz durch die E-Zigarette ersetzt. Dazu motiviert hat mich auch unser Kollege Hans Butmaloiu, der als erster mit der E-Zigarette in der Redaktion auftauchte. Seit damals gehören das demonstrative Husten, das mit der Hand den Rauch Wegwedeln sowie bissige Kommentare und melodramatische Klagelieder mancher unserer traditionellen oder gelegentlichen Redaktionsgäste eigentlich zur Vergangenheit.

Zuhause hatte ich ausprobiert, ob mein „neues Rauchen“ die Umwelt spürbar belastet: Ich zog an der E-Zigarette und blies die Luft in einen Luftballon. Als er voll war, ließ ich ihn in Richtung Zimmerdecke hochzischen. Eine weiße Dampfwolke entwich dem Ballon.  Aber sie stank nicht und verzog sich schnell.

Kann man jetzt mit gutem Gewissen vor anderen rauchen? Darf man sich das überhaupt erlauben? Die Proteste sind viel, viel seltener geworden. Anderen Rauchern ist es gleichgültig, was ich gerade rauche. Nichtraucher sind entweder neugierig, wie so eine Zigarette überhaupt funktioniert, oder sie schütteln den Kopf, weil sie nicht verstehen können, weshalb man an solch einem Gerät „zuzeln“ muss. Andere meinen, das sei jetzt gerade modisch und werde wohl bald vorüber sein. Ich glaube, dass dieser Markt noch Potential hat. E-Zigaretten in bunten Farben - es gibt sie bereits als Varianten vor allem für Raucherinnen - und phantasievolleren Mundstücken, wobei man vielleicht auch rosaroten oder grünen Dampf erzeugen könnte (die Farbstoffindustrie kann vieles, nur sollte es vereinbar mit der Gesundheit sein) - so etwas würde bestimmt gut in Clubs und auf Partys ankommen und ist sicher besser, als gewisse andere Kräuter und Gräser zu inhalieren.

Sicherlich gibt es auch Nachteile: auf Ausflügen oder Baustellen sind diese Art Zigaretten zu empfindlich und zu zerbrechlich. Zudem kann man sich aus hygienischen Gründen schwer vorstellen, aus einer E-Zigarette gemeinsam zu rauchen. Die Konsumenten von E-Zigaretten gehören zur Rauchergemeinde und werden in der Regel dort problemlos akzeptiert. Dieser spezielle Raucherkreis hat aber auch seine eigenen Internetforen und Webseiten. Die „vapers“ wie sie auf Englisch genannt werden, probieren viel Neues aus, basteln an ihren Zigaretten, kombinieren verschiede Aromen, geben Lektionen für eine möglichst genussvolle Rauchtechnik.

Fazit: E-Zigaretten sind eine reelle Alternative und wahrscheinlich auch ein besserer Ersatz für die alten Zigaretten. Sie können der erste Schritt zu einem stufenweisen Rauchverzicht sein. Außerdem sind sie viel billiger als die üblichen Zigaretten. Sie haben ihren Markteinstieg erfolgreich geschafft und könnten in nicht so ferner Zukunft eine ernstere Konkurrenz für den etablierten Zigarettenhandel darstellen.