Der Dichter und Uni-Lehrer Andrei Bodiu hätte noch viel zu sagen gehabt. An Projekten und Aufgaben mangelte es bei ihm nicht, sowohl im literarischen als auch im universitären Bereich. Nun ist es in der Kronstädter Dichterwelt stiller und trauriger geworden; die Transilvania-Uni verliert einen ihrer besten und beliebtesten Professoren. Er war einer der vieles vorhatte und andere von seinen Plänen überzeugen und für sich gewinnen konnte. Sein plötzlicher Tod kurz vor seinem 49. Geburtstag hinterlässt eine große Lücke und wirft einen Schatten auf diesen Frühling.
Kennenlernen konnte ich den damaligen frischgebackenen Rumänischlehrer zwei Jahre vor der politischen Wende. Er pendelte nach Apa]a, ich nach Reps, sodass sich im Zug die Gelegenheit zu Gesprächen ergab. Andrei sagte offen seine Meinung über das Leben im kommunistischen Rumänien, verpackte dabei seine Kritik oft in Ironie. Angeber und verlogene Propaganda – das konnte er nicht leiden. Er ereiferte sich aber nicht ins Maßlose und wollte und konnte auch sehr gut zuhören.
Sicher setzte das damals ein gewisses Maß an Vertrauen voraus. Dieses Vertrauen schenkte er auch mir. Jahre später, als Dekan der Kronstädter Philologie-Fakultät und als Dichter der seinen Weg gefunden hatte, war er derselbe aufmerksame und entgegenkommende Gesprächspartner. Bodiu ließ mich teilhaben an seiner Freude, Vater geworden zu sein; er sprach gern über seine Temeswarer Studentenzeit und gemeinsame Bekannte (z. B. Siegbert Bruss).
Andrei Bodiu teilte nicht uneingeschränkt meine Begeisterung über einige neuen Sterne in der rumänischen Literatur, Kritik und Philosophie was mich zunächst stutzig machte und mir später auch zu denken gab. Vielleicht auch deshalb, hauptsächlich aber weil ich sein literarisches Werk gründlicher kennenlernen wollte, verschob ich immer wieder ein geplantes Interview mit dem Kronstädter Dichter, das ihm vielleicht Freude gemacht hätte. Ein bisschen konnte mich Univ. Prof. Andrei Bodiu doch einschüchtern, selbst wenn das schwer vorstellbar ist für alle, die diesen offenen und gar nicht eingebildeten Menschen gut kannten. Vor genau einer Woche, zwei Tage vor seinem Tod, kreuzten sich unsere Wege in der Nähe der Redaktion. Wir begrüßten uns kurz. „Salut“ sagte er kurz lächelnd. Nun ist Andrei Bodiu nicht mehr unter uns und ich bin ihm ein Interview schuldig geblieben, was diesen Abschied noch schwerer macht.