Auf großem Fuß leben

Wer Schuhe in Übergrößen trägt, hat’s nicht leicht

Diese Stöckelschuhe sind online bis Größe 46 erhältlich.

Wer hat gesagt, dass große Damenfüße nicht weiblich aussehen?

Für dieses abgefahrene Paar zahlt man knapp 250 Euro. Die größte Nummer ist 42, die kleinste 35.

Als Kind habe ich mir gewünscht, Schuhgröße 39 zu tragen, um die schicken Stöckelschuhe meiner Mutter ausleihen zu können. Als Jugendliche wollte ich dann nur noch Sportschuhe und Schnürstiefel. Meistens fand ich die gewünschten Modelle auf meinen Auslandsreisen. Bei meiner Hochzeit habe ich Sneakers getragen. Hübsche, weibliche Hochzeitsschuhe in Größe 40+ zu finden, war vor einem Jahrzehnt noch schwieriger als jetzt. Seitdem ich zweifache Mutter bin, sind meine Füße noch länger oder breiter geworden. Oder beides. Ich trage Schuhgröße 41 bis 42, abhängig von Hersteller und Modell. Die meisten Marken produzieren aber nur bis Größe 40. Feminines Schuhwerk für etwas andere Füße zu finden ist eine stetige Herausforderung. 

Frauen, die Schuhgrößen unter 35 oder über 40 tragen und Männer, die unter 38 oder mehr als 46 tragen, können mit den neuesten Trends nicht mithalten. „Probieren Sie es in der Herrenabteilung!”, heißt es oft im Laden, wenn ich nach meiner Größe frage. „Ich hätte aber gerne Damenschuhe!”, insistiere ich. Und meist zucken die Verkäufer oder Verkäuferinnen die Schultern und sagen: „Dieses Modell führen wir nur bis Schuhgröße 40”, oder „Wir hatten nur ein einziges Paar, die Nachfrage ist klein“. Damit ist die Diskussion beendet. Selten kommt es doch vor, dass ich einen 41er finde und zwänge meinen Fuß hinein, in der Hoffnung, dass er passt. Nach wenigen Minuten wird die große Zehe taub. Pech gehabt! Und zu klein kaufen kommt nicht in Frage! Denn Gesundheit geht vor Weiblichkeit. Immerhin sind wir keine Geishas, die ihre Füße in zu kleine, unbequeme Schuhe zwängen, um einem Ideal zu entsprechen.

Nach Jahren demotivierender Erfahrungen in Schuhgeschäften greift man also zum Internet. Dort ist die Auswahl etwas größer als in Läden. Es gibt Sport- und Bergschuhe, Sandalen, Stiefel, sogar Stöckelschuhe in Übergrößen bis 44 – für Damen. Viele sind entweder hässlich oder altmodisch oder qualitativ minderwertig. Gemütliche Lederschuhe in freundlichem Design wie beispielsweise Camper, Trippen, El Naturalista, Waldviertler, Grünbein oder Duckfeet, die hauptsächlich in West- oder Nordeuropa hergestellt werden, sind zwar aus echtem Leder und hochwertig, kosten aber locker über 100 Euro das Paar. Außerdem ist das Anprobieren nicht möglich, weil die Geschäfte, die diese Ware anbieten, hauptsächlich im Ausland oder online sind. Und eigene Messungen helfen nicht immer, die richtige Nummer zu bestellen. Umso mehr freut man sich dann, wenn man in einem Second-Hand-Laden oder -Markt auf ein Paar stößt. Das geschieht aber sehr selten.

Schuhe weiten – einige Tipps

Was tun, wenn die Schuhe einfach zu schön sind, aber drücken? Man kann sie weiten. Meist klappt das bei Echtlederschuhen, aufgrund der natürlichen Eigenschaften des Materials. Schuhspanner sind eine Möglichkeit – die lassen sich in der Länge und auch in der Breite manuell einstellen und dehnen das Schuhwerk. Man kann es auch mit Dehnungsspray versuchen. Man sprüht es innen und außen auf und trägt die Schuhe etwa einen halben Tag lang. So übernehmen sie die richtige Größe.

Bekannt als Schuhdehner sind auch Mittel wie Zeitungspapier, Wasser oder Essig, die man einsetzen kann. Allerdings auf eigene Gefahr. Für das „Rezept” mit Essig, muss man dieses im Verhältnis 50:50 mit Wasser vermischen, im Inneren aufsprühen und die Schuhe einige Stunden lang tragen. Angeblich kann man Schuhe somit bis zu einer halben Größe weiten. Auch mit nassem Zeitungspapier, das zu Knäueln zerknittert und in den Schuh hineingedrückt wird, soll es funktionieren. Diese Methoden werden im Internet als wirksam empfohlen und sind bestimmt einen Versuch wert. Mir ist es nicht gelungen.

Kreativ ist auch die Methode mit der Gefriertruhe. Man schiebe einen Gefrierbeutel bis tief in die Schuhspitze und fülle ihn mit Wasser. Den Schuh zugebunden über Nacht in den Gefrierschrank stellen, wo sich das Wasser ausdehnt und das Material weitet. 

Auch Wärme kann wichtige Millimeter bringen. Dafür ist es nötig, dicke Strümpfe anzuziehen und die Füße in die zu kleinen Schuhe zu zwängen. Die engen Stellen werden mit dem Fön erhitzt. Anschließend die Schuhe noch einige Minuten tragen. So soll der Schuh nicht mehr drücken.

Schuster raten allerdings von solchen Tricks ab, weil Nähte platzen können oder das Obermaterial Schaden erleiden kann. Sie weiten das Schuhwerk mit eigens dazu gedachten Instrumenten und wissen genau, wie stark sie den Dehnungsprozess beeinflussen dürfen. In Lederschuhen können sie bis zu einer halben Nummer mehr Platz schaffen, bei Stoffschuhen und solchen aus synthetischen Fabrikaten ist es nicht möglich. 

Auf Bestellung

Bleibt man erfolglos mit diesen Optionen, kann man Schuhe auf Bestellung machen lassen. Schuhmacher bieten in Ländern wie Deutschland, Ungarn oder England Maßschuhe nach alter Tradition an. Für handgefertigte Klassiker wie Budapester oder Derby bis hin zu Oxford, sowie moderne Sneakers warten Kunden bei edlen Schuhmachern auch Monate. Glanzvoller Auftritt und Nachhaltigkeit hin oder her. Wer kann sich solche Unikate leisten? Manche kosten über 2000 Euro das Paar. 

Bei „Probi Shoes“ in Kronstadt/Brașov werden Schuhe in beliebigen Größen hergestellt. Ion Ioniță, Manager des Ladens, ist begeisterter Schuster und versucht, sich den Kundenwünschen anzupassen. Er arbeitet nur mit natürlichem Leder und zieht es vor, für Leute mit Behinderung oder  Kunden mit Übergrößen zu produzieren. „Ich helfe Menschen, bin nicht auf Mode und Trends orientiert“, erklärt er. Er hat nicht sehr viele Bestellungen und auch nur wenige für Übergrößen. Er flickt mehr. 

Auf Bandofcreators.com, einer Internetseite mit einer exklusiven Auswahl von Schuhen, Kleidungsstücken und Accessoires rumänischer Designer, sind modische Modelle zu finden. Der Preis liegt bei rund 200 Euro. Zwei Monate lang dauert es, bis die Bestellung fertig ist. Andere Anbieter sind schneller, die Modelle sind aber nicht umwerfend. 

Was für manche eine Wahl ist, sich beliebige Modelle zu bestellen, ist für andere eine richtige Qual. Etwa für Menschen mit so riesigen Füßen, dass sie Schwierigkeiten beim Gehen oder Treppensteigen haben. Tanya Herbert (USA) ist für ihre Schuhgröße 51 ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen worden, ebenso der 16-jährige Berliner Lars Motza, der sechs Zentimeter längere Sohlen als die Amerikanerin hat. 

Tricks, große Füße kleiner wirken zu lassen

Glücklicherweise gibt es einige Tricks, große Füße doch feminin wirken zu lassen. 

Vermeiden sollte man lange Spitzen, vor allem in Kombination mit kleinen, schmalen Absätzen – darin wirkt ein Fuß enorm. Schuhe mit schwerer, erweiterter Sohle an den Ecken sind auch keine gute Wahl. Genauso wie offene, dünne Sandalen, die den Fuß endlos wirken lassen. 

Am besten sind also elegante Flachschuhe, bei denen die Knöchel frei gelassen werden. Auch Absatzschuhe sind ideal, um die Wahrheit zu vertuschen. Sie richten den Fuß so aus, dass der größte Teil seiner Länge vertikal und nicht horizontal gezeigt wird. So wird die wahrgenommene Länge kürzer. Auch hier sollte man wissen, dass Stilettos weniger geeignet sind für Damen mit großen Sohlen. Dafür sind klobige Absätze und Keilabsätze aber der Volltreffer, weil sie den Fuß besser ausbalancieren als dünne Absätze. Faustregel: die Absätze sollen über fünf Zentimeter hoch sein.

Jeans und Hosen mit Schlag verstecken die Füße. Sie verhüllen einen Teil davon. Enge Jeans oder Hosen hingegen betonen die Dimensionen. Wer Miniröcke tragen möchte, hat die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf den oberen Teil des Körpers zu lenken, sodass die Füße nicht (so sehr) beachtet werden. Accessoires wie Schals, Halsketten oder Ohrringe lenken das Interesse auf das Gesicht. Der Rock darf aber nicht bunt sein und sollte keine Muster und Abdrücke haben, sondern ruhige Farben, die keine Blicke anziehen. Selbstverständlich ist deshalb auch von Fußringen, Armreifen und Ringen abzuraten. Und noch etwas: trägt man Schuhe mit dunkler Farbe (schwarz, dunkelbraun und dunkelblau) sieht der Fuß dünner, schmaler, kürzer aus. 

Gemäß einer Studie der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2002 ist der Mensch heute 22 Zentimeter größer als vor 100 Jahren. Seine Füße wachsen mit. Dementsprechend ist auch die Nachfrage für Übergrößen gestiegen. So wird auch das Angebot erhöht werden und dann können sich alle Leute freuen, die gewünschten Schuhe problemlos in passender Nummer zu finden.