Hermannstadt - Beim letzten Transylvanian Brunch Ende August in Holzmengen/Hosman im Harbachtal hätten eigentlich Festglocken läuten müssen! Denn es sind genau sieben Jahre vergangen, seit dieser neue Brauch in Siebenbürgen eingeführt wurde. Übernommen wurde er aus dem Grenzgebiet Sachsens zu Tschechien, wo man sich zu einem verspäteten Frühstück traf: um sich kennenzulernen, einheimische Küchenspezialitäten anzubieten und lokale Bräuche vorzustellen. Dafür ist dieser multiethnische Landesteil Siebenbürgen mit seinen malerischen Bergen und Burgen wie geschaffen, denn jeder redet hier seine eigene Sprache und kocht sein eigenes Süppchen. Kein Wunder, dass immer mehr Neugierige auftauchen und mitmachen.
Wer sitzt nicht gern im lauschigen Pfarrgarten im Schatten einer Kirchenburg, oder in einem urigen Bauernhof voller Leben, oder mitten in einem Obstanger, wo die gedeckten Tafeln im Schatten reifer Apfelbäume stehen, während von Kessel und Grill verführerische Düfte locken? Volksmusik und Volkstänze draußen, Orgelmusik oder Gesang drinnen, Legenden und Berichte über das Leben von anno dazumal... Es gibt für jeden etwas. Das Angebot ist vielfältig, und wer nur einfach ausschalten will, vergnügt sich mit seinen Kindern im Gras. So läuft ein Brunch.
Die Initiatoren – Jochen und Gabi Cotaru aus Holzmengen, Juliana und Cristian Cismaru von Reky Travel aus Hermannstadt sowie Voichiţa und Mihai Dragomir von Mioritics aus Bukarest – haben es geschafft, diesem Brauch Leben und Dauer zu verleihen und sich mit der Zeit „eine eigene Klientel“ zu schaffen. Wenn es anfangs mehr Deutsche waren, die zufällig in dieser Gegend weilten, so hat sich mit der Zeit ein Gleichgewicht eingependelt. Es sind jetzt vor allem junge Familien aus ganz Rumänien, die oft weite Anreisen auf sich nehmen (Großwardein/Oradea und Konstanza beispielsweise), nur um dabei zu sein.
Zum letzten Brunch in Holzmengen waren rund 200 Gäste erschienen, weitere 60 bestritten das Kulturprogramm und verwöhnten die Gäste. Die „Alte Mühle“ hatte sich festlich vorbereitet: in der Scheune standen die weißgedeckten Tafeln mit Köstichkeiten aller Art. Zuerst das leckere Hausbrot der Luisa Boldiszar, das schon längst zu den Verkaufsschlagern auf dem Biomarkt am Huetplatz gehört und als das beste siebenbürgische Hausbrot gilt. Man konnte es als Fettbrot mit Zwiebeln bestreut zur Vorspeise genießen. Während die Rindfleischsuppe im Kessel köchelte und daneben der Mixgrill brutzelte, konnte man sich die leckeren Zuspeisen „zu Gemüte führen“.
Es gab Zakuska und Vinete als Salat und Musaka, mit Käse gefüllte Paprika und Telemeakäse in Kräutersoße, Speckwürfel und Käsebällchen vom Grill, als Hirtenspeise Bulz bekannt. Zu den Fleischklöschen konnte man ausgebackenen Karfiol oder gegrillte Kürbisscheiben genießen. Das heißt also, dass man schön langsam beginnt, die heimischen Traditionen aufzulockern und zu bereichern. Es wird keineswegs auf das Einheimische vergessen, aber man versucht sich auch an Neuem. So fehlte weder die leckere Hanklich, noch der Obst- und Gitterkuchen, aber auch Salzbrezeln und Sesamkugeln haben ihre Abnehmer und sind sogar bis zu den Bukarester Vegetariern gelangt.
Den kulturellen Teil bestritt diesmal eine Schülertanzgruppe aus Kirchberg, zwei Holzmengener Musikschüler sorgten mit ihren Instrumenten für gute Stimmung. Großes Interesse erweckte auch die Besichtigung der eindrucksvollen evangelischen Kirchenburg im Dorfzentrum. Der Alzener Restaurator [tefan Vaida führte zweisprachig durch die Geschichte dieser Ortschaft und stellte eine Kirchenburg vor, die zu den bedeutendsten Denkmälern romanischen Stils im Harbachtal gehört.
Inzwischen vergnügten sich die zahlreichen Kinder im weiträumigen Hof und Garten der Alten Mühle, planschten im Becken, schaukelten in der Hängematte oder sprangen über Strohballen und Holzhaufen, besetzten den Pferdewagen oder streichelten das Pferd – alles Dinge, die ihnen den Tag zu einem Erlebnis machten. Und die Eltern genossen es mit ihnen.