Seit 1989 gab es drei Versuche, vom Weg zum Rechtsstaat zur Autokratie umzuschwenken: Zuerst durch Adrian N²stase, ziemlich subtil, mit Rechtskundigkeit und schmierigem Lächeln, indem er seine persönliche Macht bis über den Verfassungsrahmen ausdehnte. Den zweiten Versuch zur Erschleichung der Autokratie unternahm die Sozial-Liberale Union USL, jener schleimige Parteienbund zwischen PSD und PNL, der keine Skrupel hatte, zu versuchen, ein Gesetz nach einem Referendum so zu novellieren, dass seine Interessen doch noch obsiegten. Den dritten und plumpsten Versuch der Einführung der Autokratie (der allerdings dem Ziel am nächsten kam...) erlebten wir mit dem heute im Gefängnis einsitzenden Liviu Dragnea als Chef der PSD (Zufall? Dreimal war die PSD in den Versuchen des Durchsetzens einer Autokratie federführend involviert!!!). Er versuchte, primitiv, direkt und dumm, aus der Justiz eine reine Partei-Angelegenheit zu machen – wohlgemerkt: Eine Causa der gerade regierenden Partei!
Das misslang. Hingegen hörte er auf clevere Berater und besetzte das Verfassungsgericht so, dass es zum puren Instrument, auf Jahre, zur Durchsetzung der Interessen jener Partei wurde, die (clever getrickst und Gesetzeslücken nutzend) die meisten Verfassungsrichter ernannt hat: die PSD! In Rumänien hat die Tyrannei einen Namen bekommen: Verfassungsgericht, „Curtea Constituţională a României“, CCR. Daraus können wir wieder einmal eine Lehre der Geschichte verinnerlichen: Keine Tyrannei installiert sich spontan. Tyranneien kommen ur-sprünglich immer auf dem Rechtsweg (denken Sie ruhig auch an Stalin oder Hitler!), um sich schleichend, kaum merklich, zu wandeln und Schritt für Schritt – nie brüsk! – sich so zu verändern, dass beim Fallen des Schleiers von den Augen der Rechtstreuen plötzlich der/die Autokrat(in) dasteht, dessen/deren Werden man rekonstruieren, aber dessen/deren unmittelbaren Werde-Gang man nicht bewusst und zeitsynchron erlebt.
So kam die ominöse „Spezialabteilung zur Untersuchung von Rechtsvergehen der Justiz“, SIIJ, (ebenso die Justizinspektion) zustande, deren Funktionsweise einfach ist: Sie bildet ein Schutzschild für alle Weißkragen der Höheren Sphären von Gesellschaft und Politik. Wagt ein DNA-Staatsanwalt, ein Korruptionsverfahren gegen einen Weißkragen zu eröffnen, folgt unmittelbar darauf eine Strafanzeige gegen den Staatsanwalt seitens einer Person aus dem Umfeld des Anvisierten. Die SIIJ nimmt der DNA das Strafverfolgungsdossier ab, legt es beiseite und eröffnet ein Strafverfahren gegen den DNA-Staatsanwalt.
Durch diese Art der Tyrannei der Justiz baut man ein Zwei-Klassen-System auf, jene der dem Gesetz Unterworfenen und jene derer, die überm Gesetz stehen. Alles völlig „legal“. Und die (hochbezahlte) Justiz wagt nicht mehr aufzumucken. Das so etwas die Grundprinzipien der Verfassung verletzt, ist egal, genauso wurscht wie die Tatsache, dass es dem EU-Rechtssystem zuwiderläuft.
Kein Wunder, dass Rumänien weiterhin dem Mechanismus der Kooperation und Prüfung unterworfen bleibt und dass jeder Fortschrittsbericht übers Justizwesen Rumäniens die dringende Auflösung der SIIJ fordert, ebenso der EU-Gerichtshof. Hier setzt die Nr. 1 der Justiztyrannei im Interesse einiger an, mit Rechtsverdrehungen: Das politisch besetzte Verfassungsgericht CCR. Um die SIIJ nicht aufzulösen, duckt sich das CCR hinter Art. 11 Abs.3 der Verfassung: „Wenn Rumänien Teil eines Vertrags wird, der verfassungswidrige Verfügungen enthält, kann der Vertrag nur ratifiziert werden, nachdem die Verfassung novelliert ist.“ CCR ist es schnuppe, dass mit dem EU-Beitritt die EU-Gesetzgebung über der nationalen steht. Die Dinosaurierfraktion des Verfassungsgerichts lebt immer noch mit den Souveränitätsslogans von Ceauşescu´s Nationalkommunismus im Hinterkopf: Rumäniens Verfassung steht für sie über der EU-Gesetzgebung...