Der Verein „Pro Banatul de Munte“ organisierte am 16. Dezember im Kulturheim der Gemeinde Zăvoi eine Aussprache der Bewohner der Ortschaften rund um das }arcu-Massiv über das Projekt des World Wide Fund For Nature (WWF) und einiger rumänischer Umweltschutzorganisationen, das gesamte Areal des Bergstocks zum „Wildwuchsgebiet“ zu erklären, wo ein Eingreifen des Menschen bloß noch in Ausnahmefällen und unter strengster Kontrolle durchgeführt werden kann. Anwesend waren Bürger aus Bolvaşniţa, Turnu Ruieni, Borlova, Zăvoi, Karansebesch und Ferdinandsberg, ebenso der dreiköpfige wissenschaftliche Ausschuss, den sich „Pro Banatul de Munte“ zugelegt hat (bestehend aus dem Ex-Parteiaktivisten und Soziologen Mihai Todor, dem emeritierten Hochschullehrer Dr. Martin Olaru und der Hochschullehrerin Dr. Ileana Rotaru).
Zugegen waren auch die Bürgermeister von Zăvoi (Dorel Cârdei und sein Vize Petru Gander), Bolvaşniţa (Petru Mihăilescu) und Turnu Ruieni (Mihai Maralescu) sowie zahlreiche Betreiber von Schutzhütten und Pensionen, aber auch Hirten und Landwirte. Seitens „Pro Banatul de Munte“ leitete Marian Apostol, der Direktor des Reschitzaer Gewerkschaftskulturhauses und Leiter des Gewerkschaftsbunds „Frăţia“, Filiale Karasch-Severin, die Versammlung. Er legte einführend die Schlussfolgerung der Umfrage (durchgeführt per Fragebogen) zum Thema „Pro oder contra Verwilderung“ dar, auf die rund 600 Bürger aus den zwölf betroffenen Gemeinden rund ums }arcu-Massiv reagiert hatten. Fast ausnahmslos ist man darin der Meinung, dass die Schutzmaßnahmen, die unter „Natura 2000“ eingeführt wurden, hinreichend sind und nicht durch zusätzliche „Verwilderungsmaßnahmen“ gedoppelt werden müssten. Andrerseits entnahm man den Antworten auf die Fragebögen, dass die menschlichen Eingriffe in diesem Raum nicht mehr endgültig beseitigt werden können, dass aber andrerseits der Mensch integrierter Teil der Ökosysteme ist und als solcher auch seine Rechte hat.
Seitens der Schafhirten des Raums Ţarcu sprach Alexe Munteanu, der gegen die Restriktionen monierte, die den Hirten bereits auferlegt sind durch die Forstgesetzgebung und durch „Natura 2000“. „Auch wir Hirten brauchen Schutzmaßnahmen, nicht nur Restriktionen“, war seine Forderung. Erwin Wogh, ein Ex-Mercedes-Angestellter, der in Poiana Mărului eine Pension betreibt und fast fünf Hektar Land besitzt, meinte, als er „sehr viel Geld“ investiert habe, habe ihn der Staat nicht gewarnt, dass Zeiten kommen könnten, wo er „nichts mehr machen“ dürfe. Es ging ihm also um Vorhersehbarkeit. Dumitru Firu sagte, er habe mit Hilfe von ihm bezahlter Sammler aus dem Raum rund um das }arcu-Massiv „Tausende Tonnen Himbeeren, Brombeeren, Blaubeeren und Pilze“ exportieren können. „Soll damit jetzt bald gewaltsam Schluss sein?“, fragte er, wohl wissend, dass „Wildwuchsförderung“ bedeutet, dass Waldfrüchtesammeln bald entweder stark eingeschränkt oder gänzlich verboten sein wird. Velizar Simici warf, durchaus berechtigt, ein, dass Regierungen, die sich hinter eine Initiative wie die des WWF stellen, besser beraten wären, wenn sie den Holzexport einfach mal für mehrere Jahre oder Jahrzehnte verbieten würden, womit mit einem Schlag auch der Wald besser geschützt wäre. „So etwas täte dem }arcu-Massiv richtig gut!“
Zum touristischen Potenzial des }arcu-Massivs kristallisierten sich ein paar Aussagen heraus. Es sei der einzige Ort im Banat, wo man ein richtiges Skizentrum schaffen kann, vergleichbar mit jenen in den Alpen, zum Skifahren auf 1400 bis 2200 m Seehöhe. Hier läge auch im Vieljahresdurchschnitt der höchste und am längsten sich haltende Schnee in den Karpaten, von November bis Mai. Poiana M²rului eigne sich zur Ozontherapie, also zu Verjüngungskuren, infolge der Aufladung der Luft mit negativer Ionisierung, was die Übernahme des Sauerstoffs durchs Blut erleichtere und ebenso zur Entschlackung des Körpers beitrage. Ein akuter Mangel sei der Zustand der Straßeninfrastruktur, während man beim Kapitel Bau von Unterkünften – aus Felsbruchstein oder Holz – rasch aufhole. Im Fall einer „Verwilderung“ werde wohl auch jeder Straßenbau aufgegeben. Ein Verbot des Straßenbaus, des Baus neuer Unterkünfte, der Beweidung durch die Schafherden und des Baus von Sennhütten, ohne Waldfrüchtesammeln und Skifahren würde die Gegend zwar verwildern, sie würde aber auch entvölkert werden, weil die Jugend fortziehen wird.
Den Menschen muss die Möglichkeit bleiben, wenigstens ihre traditionelle Lebensweise weiter pflegen zu können, meinten diejenigen, die in Z²voi Stellung bezogen. Nicht zuletzt: Alle europäischen Länder, die „Renaturierungsprojekte“ betreiben, haben an die betroffene Bevölkerung Kompensationszahlungen geleistet. Im WWF-Projekt stehe nichts dergleichen... Vernünftiger wäre es, eine Rückkehr der bereits Fortgezogenen zu stimulieren, statt eine „Verwilderung“ auch noch mit Geld zu favorisieren.
Förderprojekte der traditionellen Beschäftigungen der „Gugulaner“ (der Name kommt vom Gugu-Gipfel im Ţarcu-Gebirge, 2290 m, angeblich der „Heilige Berg“ des obersten Gottes der Daker, Zalmoxis): Landwirtschaft, Obstbau, Weidewirtschaft, Tauschhandel um Getreide mit Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Quitten, Wal- und Haselnüssen seien dringender als „Verwilderungsprojekte“. „Verwilderung“ und maßlose Entwicklung seien Richtungen, die dem Raum schaden. Doch nur die Menschen, die hier leben, könnten bestimmen, was mit ihrem Lebensraum geschieht, nicht irgendjemand, der seine Wunschträume erfüllen will, ohne selber betroffen zu sein. In diesem Zusammenhang kamen im Konsultationsgespräch auch (wie-der einmal) typisch rumänische Frustrationen (hart an Fremdenhass vorbeischlitternd) zum Vorschein, als von den „Fremden“ gesprochen wurde, die „nur ihre eigenen Interessen“ verfolgen, „ungedeckte Versprechungen machen“ und „Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg“ treffen, aufgrund derer „es nur ihnen gut gehen soll“.
Auf alle Fälle wurde in Zăvoi angekündigt, dass die dreiköpfige „Expertenkommission“ ihre Schlussfolgerungen am 15. Januar 2018 im Rahmen einer Pressekonferenz bekanntgeben wird. Diese Schlussfolgerungen sollen dann in schriftlicher Form durch den Lobbyverein „Pro Banatul de Munte“ „allen Entscheidungsfaktoren“ aus Rumänien sowie der Europäischen Kommission zugeschickt werden.