Zu einem solchen Boykott hat tatsächlich ein strammrumänischer Patriot aufgerufen, als die Aufnahme in den Schengenraum für freies Reisens (nur soviel kam beim meinungsgefreiten rumänischen Fernsehglotzer an – das ist der Durchschnittsbürger hierzulande) Rumänien – keiner schert sich um Bulgarien! – verweigert wurde. Der Hass- und Abstrusitätenfluss sprang an, die sozialen Medien (Spielwiese für feige Gelegenheitspatrioten) schäumten über vor Österreichhass (man übersah vollkommen, dass auch der Seit-Je-Njetsager Holland gegen den Beitritt stimmte) und auch die ausgeglichensten Medien wiesen innerhalb der Wutströmung kaum darauf hin, dass das Veto aus Felix Austria ein Njet der Regierung, nicht des Landes war (wo die österreichische Opposition gegen das Votum ihres Landes – wohl nicht nur aus politischem Anstand – wetterte).
Da erklärte ein rumänischer Parlamentarier, sich von nun ab nur noch der „Verfolgung und Entlarvung“ österreichischer Firmen in Rumänien zu widmen (mindestens zwei leisten durchaus Beispielhaftes: Strabag und PORR-Bau). Mit dem altbewährten „hölzernen Wortschatz“ der Ceaușescu-Ära erklärte man dem eigenen Volk (allen voran der Präsident und sein Hampelmann, Regierungschef und Vier-Sterne-General Ciucă), wie fit man „technisch“ für Schengen sei. Übereifrig die EU-Parlamentarier: Sie machten plötzlich mit Hochdruck Lobby (wie um im Inland zu beweisen, warum sie in Brüssel sitzen…), ob es nun die karg gebildete Maria Grapini, der frankreichdienernde Dacian Cioloș, der mit präsidialen Vorschusslorbeeren belastete Mihai Tudose oder der dem Blickfeld der Strafverfolger nach Brüssel weggewählte Vasile Blaga waren. Abstrus kam´s vom präsidialen Augapfel Rareș Bogdan, dem PNL-Wadenbeißer, der über Nacht PNL-Mitglied, Vizepräsident der Partei auf Landesebene (beides mit Niedertretung der Parteisatzungen) und EU-Parlamentarier aufgrund unwidersprechbaren präsidialen Willens wurde.
Mit gekonnt gemimten animalischem Pathos, vom verblichenen Ultranationalisten und Volksverhetzer C. V. Tudor abgekupfert, drohte der EU-Parlamentarier und Erste Vizepräsident der PNL der EU, dass Bukarest den gesamten EU-Raum mit einer Lebensmittelkrise abstrafen werde, jenes Rumänien, das in Wirklichkeit, laut Bukarester Landwirtschaftsministerium, 70 Prozent seines Bedarfs an Grundnahrungsmitteln importieren muss… Präsident Johannis, nach dem dummen Ausraster seines politischen Lieblings (oder bevorzugten Dieners/Jasagers?) gefragt, milde: „Den hat ein bisserl die Welle erfasst!“
Das einzige Argument, mit dem der Präsident in die Debatte des Schengenbeitritts Rumäniens öffentlich eingriff, dass ein Veto zum Beitritt den Ultrarechten (lies: den Ultranationalisten von AUR, der Allianz für die Einheit aller Rumänen) starken Auftrieb verleihen werde, löste in Brüssel und Straßburg eher Verwunderung und Achselzucken (Rareș Bogdan, echt Brutus zum Ziehvater, verwendete „stupoare“: im Deutschen „Bestürzung, Stupor, Starrheit“) aus. Im Grunde bediente sich Johannis des uralten Arguments aller Zwerg-Politiker vom Ufer der Dâmbovița: Für jedwelches innen- oder außenpolitische Scheitern ist das Ausland („străinii“, die Fremden) schuld, für egal welchen Erfolg einzig und allein WIR.
Die propagandistischen Spiegelgefechte nach dem Scheitern der ursprünglich als sicher verkündeten Zulassung Rumäniens zum Schengen-Raum lassen mehrere Schlussfolgerungen zu. Nach den unüberlegten, überspannten, krass nationalistischen Reaktionen von Politik und Volk auf einen außenpolitischen Misserfolg ist einmal mehr klar, dass Rumänien für einen GEMEINSAMEN visafreien Reiseraum von über vier Millionen Quadratkilometern nicht reif ist. Zweitens, dass das Regierungsprogramm Ciucă eigentlich recht hat: Dort steht nur nebenbei etwas vom Schengen-Beitritt, nichts davon als Priorität.
So war es.