Seit Anfang November vergangenen und noch bis Ende Februar dieses Jahres ist im Erdgeschoss des Bukarester Nationalen Kunstmuseums eine Ausstellung mit rund siebzig Werken des großen rumänischen Porträtisten Corneliu Baba (1906-1997) zu besichtigen. Anlass für diesen interessanten Blick auf das Gesamtwerk des in Craiova geborenen, in Jassy/Iași und Bukarest zum Künstler ausgebildeten und im Laufe seines langen Lebens vielfach geehrten Tonitza-Schülers Corneliu Baba ist die Publikation des ersten Bandes seiner „Confesiuni și Jurnale“ (Bekenntnisse und Tagebücher), der die Jahre 1944-1965 umfasst und von Maria Muscalu Albani, die neben Monica Enache als Kuratorin dieser Baba-Ausstellung fungiert, im Verlag des Nationalen Kunstmuseums Bukarest im vergangenen Jahr herausgegeben wurde.
Das Spektrum der in der Ausstellung präsentierten Werke Babas reicht von frühen Schülerzeichnungen des zehnjährigen Corneliu, dessen Vater Gheorghe an der Wiener Kunstakademie studiert hatte und selbst Maler war – einige Stillleben und Landschaften von Babas Vater sind in der Bukarester Ausstellung zu bewundern –, bis hin zu großformatigen Porträts aus dem Spätwerk wie etwa dem von George Enescu in gebückter Haltung mit seiner Guarneri unter dem Arm.
Bereits in den Kinder- und Jugendzeichnungen Babas zeigt sich das stupende Talent des jungen Malers, dem es schon früh gelang, das Wesen menschlicher Gestalten in Porträts zu erfassen und aufs Papier zu bannen, so etwa in den fünf Soldatenzeichnungen in Mischtechnik aus den Jahren 1916-1918 oder in den zehn Zeichnungen von Mitschülern und Lehrern aus demselben Zeitraum, unter denen das Porträt des Erdkundelehrers mit Globus in der Hand und Wandkarte unter dem Arm hervorragt. Gleichwohl wurde der junge aufstrebende Künstler von der Bukarester Kunstakademie, an der er zu studieren wünschte, zunächst abgelehnt.
Ölgemälde Babas mit Porträts des Vaters und der Mutter sowie ein Selbstporträt des Siebzehnjährigen runden neben mehreren Familienfotos den Blick auf die Anfänge des Künstlers Corneliu Baba ab und eröffnen noch im ersten der drei Ausstellungssäle das Terrain für den zeitlichen Schwerpunkt dieser Baba-Ausstellung: die fünfziger und sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in denen Baba als „Künstler des Volkes“ ausgezeichnet und zum Mitglied der Kunstakademie der UdSSR sowie der Akademie der Künste in Ostberlin ernannt wurde.
Aus diesen fruchtbaren Jahren, in denen es Baba gelang, die ideologischen Vorgaben des Sozialistischen Realismus mit seiner an Velázquez, Rembrandt und Goya geschulten Porträtkunst zu verbinden, stammt denn auch der Löwenanteil der in dieser Ausstellung präsentierten Werke. Man sieht und sieht von Neuem verschiedene Selbstporträts, sei es in Öl, sei es mit Kohle oder mit Farbstiften, diverse Stillleben, aber auch zahlreiche Bilder aus berühmten Zyklen von Baba wie „1907“, „Oțelari“ (Stahlarbeiter) oder „Maternitate“ (Mutterschaft). Die museografisch exzellent aufbereitete Ausstellung ergänzt die Angaben zu den einzelnen Exponaten nicht selten auch durch Fotos, die den Künstler vor seinen Werken wiedergeben, etwa vor dem 1958 geschaffenen Ölgemälde „Bauern“ aus dem Zyklus „1907“, der an den rumänischen Bauernaufstand jenes Jahres erinnert. Desgleichen beeindruckt die Bleistiftstudie „Bauer“ aus dem Jahre 1956, die mittels der klobigen Hände und Füße wie auch durch den expressiven Gesichtsausdruck des Landmanns Armut, Leiden und Revolte gleichermaßen in Szene setzt.
Daneben finden sich in der Bukarester Ausstellung zahlreiche Landschaften von der Hand Babas, wozu auch Industrielandschaften zu zählen sind, und nicht zuletzt seine diversen Ansichten von Venedig. Zum Ölgemälde „Venezianische Ansicht“ aus dem Jahre 1956 schreibt Baba: „Unter allen Landschaften, die ich in Italien gemalt habe, charakterisiert mich diese am besten“, wobei er vor allem die chromatische Dramatik, die sich auch in der Venedig-Ansicht von 1960 wiederfindet, das tiefe Rostrot des einen Gebäudes im Kontrast zum Ockergelb der anderen, eigens hervorhebt. So bereichern die Zitate aus Babas Künstlertagebüchern den lebendigen Genuss und die verständige Betrachtung der einzelnen in der Ausstellung gezeigten Gemälde.
Den Höhepunkt der Ausstellung bilden gewiss die zahlreichen, oftmals großformatigen Porträts des Künstlers, die dieser von berühmten Zeitgenossen angefertigt hat. Das bekannte Ölgemälde mit dem im Lehnstuhl porträtierten Schriftstellers Mihail Sadoveanu, der in seiner Monumentalität mit kaltem und distanziertem Blick wie ein Gebirge über seinen Betrachtern zu thronen scheint, tritt in der Bukarester Ausstellung in einen interessanten Kontrast zu der daneben hängenden Fotografie aus der Entstehungszeit des Gemäldes, auf der Sadoveanu, klein und geradezu unscheinbar im Sessel sitzend, neben dem stehenden Maler und seinem auf einer Staffelei platzierten Bild geradezu als nebensächliches Detail erscheint. In dieser Ausstellung sind übrigens auch mehrere Illustrationen Corneliu Babas zu Mihail Sadovenaus Roman „Mitrea Cocor“ zu besichtigen.
Vor allem im zweiten Ausstellungssaal sind dann Porträts bedeutender Zeitgenossen von Corneliu Baba zu bewundern: Maria Tănase, Lucia Sturdza Bulandra (als Gorkis Wassa Schelesnowa), Theodor Pallady, Tudor und Paraschiva Arghezi, Krikor H. Zambaccian und George Enescu. Neben dem Gemälde des Ehepaars Arghezi ist ein Text wiedergegeben, in dem sich Baba über die negative Rezeption, ja geradezu feindliche Aufnahme des Gemäldes beklagt und sich dabei zugleich künstlerisch rechtfertigt. Und neben einer „Ansicht von Assisi“ in Öl aus dem Jahre 1960 findet sich folgender Tagebucheintrag Babas: „Vielleicht zu panoramaartig und das stört mich noch.“ So erweisen sich das Malertagebuch und die künstlerischen Bekenntnisse Corneliu Babas als sprachliche Fortsetzungen der Gemälde im Sinne eines lebendigen ‚work in progress’, was nicht zuletzt die Offenheit und Unabgeschlossenheit des Babaschen Gesamtwerks unterstreicht. Im dritten und kleinsten Ausstellungssaal kann sich der Besucher dann noch einer Videodokumentation zum künstlerischen Gesamtphänomen Corneliu Baba widmen, bevor er die Ausstellung begeistert und bereichert wieder verlässt.