Das Enttäuschungs-Sextett

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Ein Sextett von Präsidentschaftskandidaten hat sich in den vergangenen Wochen geoutet. Die PNL tritt mit dem peinlichen Vier-Sterne-General a. D. und Johannis-Schützling Nicolae-Ionel Ciucă (57) an. Die PSD stellt ihren Parteivorsitzenden, Premierminister Ion-Marcel Ciolacu (56) auf, den Politiker, der erst im mittleren Alter lernte, was ein richtiger Arbeitsplatz ist. Die rechtsextreme AUR tritt mit George-Nicolae Simion (37) an, einem ehemaligen (Fußball)Fan-Kurven-Regisseur und Vorbrüller. Die USR, die enttäuschende Ex-Hoffnungspartei der bürgerlichen Gesellschaft, nominierte Elena Valerica Lasconi (52), eine ehemalige Fernsehansagerin, die aus dem Hatzeger Land stammt und die uns von den Plakaten mit rumänischer Trachtenbluse, diskret gezeigter Trikolore und einem ziemlich üppigen Kreuz über der Bluse grinsend zu überzeugen versucht. Die andere Frau, die am Tor von Schloss Cotroceni hämmert, ist die raumfüllende Skandalnudel Diana Iovanovici Șoșoacă (47), ehemalige Anwältin des mehr als umstrittenen orthodoxen Erzbischofs von Konstanza, Teodosie Petrescu, die es als EU-Abgeordnete geschafft hat, schon aus der Gründungstagung des neugewählten EU-Parlaments gefeuert zu werden wegen Disziplinlosigkeit. Der Sechste im Bunde ist der noch amtierende NATO-Vize-Generalsekretär und US-Augapfel Mircea Geoană (66), Ex-Botschafter Rumäniens in den USA, Ex-Außenminister und Ex-Senatspräsident, sogar für eine Nacht Fast-Präsident Rumäniens (beim Wahlgang gegen Traian Băsescu, 2009).

Wir haben also einen Vier-Sterne-General (a. D.), der nie eine Schlacht geschlagen, nie ein Buch veröffentlicht (es aber dafür heftig – und angeblich mit Staatsgeld – bewirbt) und seine Doktorarbeit laut journalistischen Nachforschungen weitgehend abgeschrieben hat. Einen ewig lächelnden und von seiner Intelligenz höchst überzeugten ehemaligen Brezelbäcker (nichts gegen den Beruf an sich!), der durch seine Finanz- und Vergeudungspolitik des Staatsvermögens den Karren brutal an die Wand zu fahren droht. Einen Rechtsextremen aus der Welt der fanatischen Fußballfans, der mit Heilsversprechen um sich schmeißt (u. a. Wohnungen um Peanuts für jedermann) und „sein“ Land den Rumänen „zurückzugeben“ verspricht. Eine extrem Rechtsextreme, mit Gossengoschn und -benehmen. Sodann eine Art weiblichen Băsescu in ihrem Marktschreierwesen (dadurch stark abweichend von der traditionellen siebenbürgischen Gesetztheit), aber ohne Băsescus Spritzigkeit und seinem Riecher für das politisch in einem bestimmten Augenblick genau Passende. Und nicht zuletzt einen Politiker am Karriereende, mit so ziemlich allen Wässern gewaschen und aalglatt, doch in keiner seiner bisherigen öffentlichen Statements in die Tiefe gehend oder was Bedeutsames sagend.

Manche der politischen Kommentatoren sprechen angesichts dieser Konstellation bereits vom „Dilemma des nichtbesoffenen Bürgers“ – in Anspielung auf den genialen Satiriker Ion Luca Caragiale, mit seiner Standardfrage des „besoffenen Bürgers“: „Und mit wem stimme ich?!“ (klingt griffiger im Rumänischen: „Eu cu cine votez?!“).

Die vier in den bisherigen Umfragen abwechselnd vorne liegenden Kandidaten, Ciolacu, Ciucă, Geoană und Simion, haben bisher als Politiker weder Instinkt, noch Prinzipien, noch Cleverness oder Anzeichen von Staatswissen von sich gegeben. Die Geplänkel zwischen den beiden Jüngst-Premierministern, Ciucă und Ciolacu und deren Entourage, sind offensichtliche Scheingefechte, bei denen es um nichts Grundsächliches geht. Simion ist ein professioneller Schaumschläger, der die Seiten der Skandalpresse regelmäßig füllt, aber bisher nie solide Wirtschafts-, Finanz- oder politische Kenntnisse an den Tag legte. Geoană hat zu allem schlagfertig eine Meinung, umschifft aber Tiefergehendes. 

Wie Recht hat doch Brecht im „Vom armen B.B.“: nach uns wird kommen: nichts Nennenswertes.