„Der Physiotherapeut behandelt auch die Psyche“. Schmerzgeplagt sehe ich mich in Thomas Luczays Büro um und lese dieses Plakat. Der sportliche Endvierziger, graumeliertes schulterlanges Haar, bittet mich sogleich ins Therapiezimmer. Schweigsam rückt er meinem Hexenschuss zu Leibe, löst verspannte Muskeln und beendet die Sitzung mit einer Massage. Es wird noch dauern! Wäre ich doch früher gekommen! Er kann das nur anraten: nicht lange warten, wenn solche Probleme auftreten. Fünf Wochen später zähle ich zu den Gesunden und sitze dem Mann gegenüber, der so viel über das Zusammenspiel von Muskeln, Bändern, Sehnen und Empfindungen weiß. Im Kopf, so erläutert es Herr Luczay, sitzt die Ursache fast sämtlicher Schmerzen. Mir fällt ein, wie ich in der Vorweihnachtszeit die Treppen hoch und hinunter jagte, im Wettlauf mit der Uhr alles perfekt herrichten wollte, bis es im Kreuz knackte. Danach diktierte der Schmerz mein Leben im Stehen, Sitzen oder Liegen. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist das eigentliche Anliegen eines studierten Therapeuten wie Thomas Luczay.
Seine Ausbildung führte über Umwege: Honterusschule in Kronstadt, Militärdienst, Metallarbeiter, Aussiedlung nach Deutschland. Mit zwei Köfferchen und hundert Mark in der Tasche fand er sich in der neuen Umgebung wieder. Was beginnen? Es dauerte nicht lange und Thomas begann eine Ausbildung zum medizinischen Bademeister und Masseur, arbeitete danach in einem Krankenhaus. Es folgten ein Studium der Physiotherapie, Staatsexamen und Tätigkeit in Krankenhäusern, bis er in eine Privatpraxis wechselte.
Am 29. Juli 2007 kehrte Thomas Luczay mit Frau und Sohn nach Kronstadt zurück. Bereut er heute diesen Schritt? Ehrlich, manchmal schon! Warum? Diese zunehmende Aggressivität der Leute, sei es im Verkehr, im Laden oder im einfachen Miteinander, die trostlose Verbitterung älterer Menschen, es ist zu viel Negatives überall! Und alle scheint so instabil. Seine eigene positive Ausstrahlung, von zahlreichen Patienten gerühmt, ist auf einem Prüfstand.
Die Wände hängen voller Fotos: Spektakulär die Morar-Zacken am Butschetsch, imposant die Felsen am Südhang der Karpaten, Gletscher in Österreich, aber auch ein Kätzchen, das in aller Morgenfrühe die noch stille Klostergasse in Kronstadt überquert. Thomas Luczay ist selbst ein Sportler, lebt vor, was er seinen Patienten nicht genug empfehlen kann: Bewegung in der Natur, weg von der sitzenden Lebensweise, hinaus aus dem Alltag. Da er selbst an die 60 Wochenstunden arbeitet, eingeschlossen in die Wände seiner Praxis, braucht er Natur, sei es als Sport im Freien (auf keinen Fall Fitnessräume!), sei es als Gärtner und Hobbylandwirt zuhause in Batschendorf in Siebendörfer/Săcele.
Vier Jahre lang war Herr Luczay Präsident des Siebenbürgischen Karpatenvereins, hat nun aber, seiner Familie zuliebe, etwas zurückgesteckt. Auch als Mitglied kann er sich einbringen. Wird Hilfe gebraucht, muss man ihn nicht lange fragen. Helfen ist ihm zur zweiten Natur geworden: er öffnet die Praxis in der Langgasse auch an freien Tagen, wenn ein echter Notfall ruft. Man kann es spüren: da brennt jemand für seinen Beruf. Es sind nicht leere Worte, wenn Thomas Luczay sein Gegenüber freundlich anlächelt und sagt: Das kriegen wir hin!