„Meine Anregung für die Politiker heißt, Vor- und Umsicht üben, meine Anregung für die Rumänen ist, Solidarität, denn niemand kann individuell der Krise entrinnen“, sagte der rumänische Staatspräsident Traian Băsescu Mittwoch im Schloss Cotroceni, als er – zum ersten Mal seit dem Beginn der rumänienweiten Dauerdemonstrationen, die seinen Rücktritt fordern – öffentlich dazu Stellung nahm. Der Grundtenor der Stellungnahme Traian Băsescus war, dass er – abgesehen von seinem am Mittwoch eingestandenen „Fehler“ in der „Reaktion“ auf die „unbedingt notwendige Reform des Gesundheitswesens“ – sich keiner Schuld bewusst ist und auch keinen Grund zu seinem Rücktritt sieht.
Bezüglich des von den Demonstranten beharrlich geforderten Rücktritts sagte Băsescu: „Präsidenten können in Krisenzeiten nicht zurücktreten.“ Allerdings könne er sich die Variante eines Referendums vorstellen, bei dem die Frage gestellt wird, ob er sich noch der Unterstützung unter den Bürgern Rumäniens (im Sprachgebrauch rumänischer Politiker und Medien: „der Rumänen“) erfreut: „Es gibt viel mehr Unzufriedene als jene, welche auf die Straße gegangen sind, und ein Teil der Gesellschaft sieht im Präsidenten Rumäniens keinen Partner mehr.“
Der Kapitän, der immer den Hafen fand
Danach spielte Băsescu wieder seine Lieblingsrolle, jene des Schiffskapitäns, der durch den Willen des Volkes Staatenlenker wurde: „Das Volk hat seine Pflicht erfüllt. Es wurde strengsten Sparmaßnahmen unterworfen. Jetzt sind die Politiker an der Reihe, dem Land Stabilität zu verleihen und die Kontinuität der Reformen zu gewährleisten. Ohne Stabilität haben wir keinerlei Chance.(...) Wir müssen uns die Unterstützung unserer eigenen Bürger sichern mit den Ressourcen, die wir selber produzieren. Das heißt, verantwortliche Parteien haben, die den morgigen Tag verstehen.“
Băsescu versuchte in seiner Erklärung, die als Pressekonferenz ausgegeben war, wiederholt die gesamte politische Klasse Rumäniens zu implizieren und die Aufmerksamkeit von seiner eigenen Person und seiner Verantwortlichkeit im Bezug auf die Gründe für den Mangel an Glaubwürdigkeit abzulenken, an dem die politische Klasse Rumäniens leidet. Gleichzeitig bemühte er sich – in ungewöhnlich konzilianter Weise – auf die Unzufriedenheit einzugehen, die die Bürger Tag für Tag auf die Straße treibt: „Nichts mehr wird sein wie vor der Krise. Die Institutionen müssen anders funktionieren, sich anders in das tägliche Leben implizieren. In der letzten Zeit hat sich die gehobene Zivilgesellschaft in ihr Schneckenhaus zurückgezogen. Es wird Zeit, dass sie wieder hervortritt. Das ist ein Appell an sie (...).“
Kein Anlass, sich zu ändern
Dass er sich künftig zurückhält, „das zu sagen, was ich zu sagen habe“, darauf sollte allerdings niemand setzen, tönte der Präsident: „Mit Sicherheit werde ich weiter jene öffentlichen Bemerkungen machen, sowohl über das, was wir tun müssten, als auch über jenes, was nicht getan wird. Ich habe keinen Grund, mein Verhalten zu ändern, das ich in meinen bisherigen zwei Mandaten hatte, allein die Sache mit Arafat war ein grober Schnitzer.“
Dieser Passus ist anschließend von den Politanalysten am heftigsten diskutiert worden, denn Präsident Băsescu hat sich während seiner bisherigen Amtszeit eine ganze Menge von Fehltritten und Grobheiten geleistet, durch welche er nicht nur die Zivilgesellschaft, sondern auch den einfachen Mann von der Straße – dem Băsescu allerdings in seiner Rolle als Wahlbürger immer wieder seine Reverenz erweist und den er gern an seiner Seite sehen würde – düpierte, nicht zuletzt durch rüpelhafte Ausfälle gegen Intellektualität und Feingeistigkeit, denen er praktisches Handwerk vorzieht.
Ohne sich selber mit einzuschließen, forderte Präsident Băsescu von der politischen Klasse „Verantwortlichkeit, um zu beschleunigen, was wir in den letzten Jahren begonnen haben.“ Auch in diesem Passus ist das für Băsescu typische Mischmasch von „ich“ und „wir“ auszumachen, das er so geschickt wie selbstgerecht und unkritisch gebraucht.
Eine Ohrfeige für Boc
Bezüglich der Slogans auf der Straße, er leite die Regierung, konterte er in seiner zweideutigen Art: „Fragen Sie mal den Ungarnverband UDMR, wie oft ich ihnen gesagt habe, was sie zu tun haben!“ Die Partei, von der es heißt, dass er immer noch ihr heimlicher Vorsitzender sei, die PDL, nannte er aber nicht. Hingegen war seine Entgegnung auf den Slogan „Băsescu führt die PDL“ ausgesprochen wacklig: „Wenn ich sie führen würde, wäre diese Partei viel besser geführt“, was auch eine Ohrfeige für seinen ihm treu ergebenen Famulus, Regierungschef Emil Boc war, den amtierenden PDL-Vorsitzenden.
Băsescu ging auf die Notwendigkeit der Schaffung von Arbeitsplätzen ein, unterstrich den Zwang zur Reformierung des Gesundheitswesens, da er den ersten Anlauf dazu „zum Großteil selbst“ vermasselt habe, und sprach von der Novellierung des Wahlgesetzes – in alldem konsequent seine erklärte Rolle des „Player-Präsidenten“ spielend, der Parlament und Regierung in aller Öffentlichkeit Vorgaben macht. Ausdrücklich sagte er sogar: „Ich weiß, was zu tun ist.“