Liebe Schulgemeinde, Förderer und Freunde des Nikolaus-Lenau-Lyzeums, vor allem aber auch Heli Wolf und den beiden Stellvertreterinnen Simona Lobonț und Mona Mateiu, und nicht zu vergessen, die Sekretärinnen und Hausmeister*innen!
Am 31. August beende ich meine Zeit als Leiterin der Deutschen Spezialabteilung (DSA) am Lenau-Lyzeum in Temeswar nach sechs Jahren, in denen ich die Verantwortung für die Bildungs- und Erziehungsarbeit unserer Schule mitgetragen habe. Vor allem bei Ihnen als Eltern unserer Schülerinnen und Schüler und bei den Kolleginnen und Kollegen möchte ich mich mit diesem offenen Brief, der auch in der ADZ und auf der Facebook-Seite der Alumni veröffentlicht wird, verabschieden, da es wegen der Pandemie eine offizielle Verabschiedungsfeier nicht geben kann und auch nicht geben darf.
Wenn ich die Jahre meiner Leitung Revue passieren lasse, bewegt mich immer wieder der Gedanke, welche der vielen Aufgaben wohl die wichtigste war. Darauf gibt es, bedingt durch die besonders reiche Vielfalt an unserer Schule und durch die mannigfaltige Vernetzung mit inner- und außerschulischen Ansprechpartnern, eine Fülle von Antworten. Aber, was ist der Kern, in dem sich dann letztlich meine Verantwortung für die Schule manifestierte?
Eine wesentliche Aufgabe der Leitung der Abteilung habe ich immer darin gesehen, die organisatorischen und atmosphärischen Rahmenbedingungen für einen angemessenen Umgang zu schaffen, Visionen und Zielvorstellungen aufzuzeigen, die dann letztendlich von den am Schulleben Beteiligten aufgegriffen, im Team entwickelt und umgesetzt wurden. Manchmal braucht es neben Motivation und Kontrolle auch viel Geduld und Beharrlichkeit, bis das eine oder andere Projekt im Schulalltag endlich den erhofften Einzug hält. Ich denke an den langen Weg bis zur wiedereinsetzenden Zweizügigkeit der Spezialabteilung. Diese Ausrichtung wurde besonders von Ihnen, liebe Eltern, sehr begrüßt. Ich erinnere mich noch gut, dass auf Elternabenden applaudiert wurde, als ich die freudige Nachricht verkündete.
Mir war immer bewusst, dass der Erfolg schulischer Arbeit ausschließlich auf Ergebnissen echter Teamleistung beruht, dass an allen Prozessen immer eine Vielzahl engagierter Kolleginnen und Kollegen beteiligt sind. Durch das große Engagement, die hohe fachliche und pädagogische Kompetenz unseres gesamten rumänischen wie deutschen Lehrerkollegiums, durch die interessierte Mitwirkung der Eltern und Schüler*innen ist viel bewegt worden. Ich denke an unterschiedliche Projekte von Luther bis zu den Menschenrechten, ich denke u. a. an vergebene Stipendien und vor allem an die erfolgreiche Teilnahme an internationalen Wettbewerben, die dazu beitragen, den ausgezeichneten Ruf der „Lenau“ in die Welt zu tragen und ihn weiter bestärken. Dabei konnte ich immer auf die Unterstützung des Lehrerkollegiums, der Eltern und der Schüler*innen vertrauen, aber auch auf das Konsulat und die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen und auch auf die KMK. Allen Beteiligten liegt diese Schule besonders am Herzen. Die große Tradition ist mit Händen zu greifen, der Stolz, zur Lenau-Gemeinde zu gehören, hat auch mich ergriffen.
Die Erziehung im Sinne eines ganzheitlichen Menschenbildes in Tradition und Zukunftsvisionen vermittelt unseren Schüler*innen nicht nur die fachlichen und methodischen Voraussetzungen für eine Studierfähigkeit, die ja mit dem Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife dokumentiert wird, sondern die Erziehung soll darüber hinaus auch zu immer wichtiger werdenden sozialen Kompetenzen verhelfen, damit sie in ihrem späteren Leben Verantwortung für sich selbst und auch für die Gesellschaft übernehmen können.
Unsere Schüler*innen sollen befähigt und ermutigt werden, die wunderbare Vielfalt des Lebens bewusst wahrzunehmen, Dinge kritisch zu hinterfragen, sich zu positionieren und das gesellschaftliche Leben zunehmend mitzugestalten. Um nichts Geringeres geht es.
Ich denke, liebe Schülerinnen und Schüler, dass ihr in der ganz unterschiedlichen Zuwendung eurer Lehrer jeweils ihre Sorge erkennt, dass jeder einzelne von euch seinen individuellen Weg finden möge. Nicht immer läuft alles glatt und wunschgemäß. Im Schulalltag kann die Bewältigung von Problemen durchaus auch einmal mit einer ernsten Auseinandersetzung verbunden sein, wichtig ist uns aber immer dabei, dass sich jeder in seiner Persönlichkeit angenommen fühlt.
Im Lyzeum begleiten wir die uns anvertrauten Jugendlichen vier Jahre lang auf dem Weg zu ihrem Erwachsenwerden. Dabei möchten wir sie einerseits in ihrem Reifungsprozess unterstützen, aber andererseits auch bei ihrem Prozess der Eingliederung in unsere Gesellschaft. Diese Entwicklung zum Erwachsenen kann nur dann erfolgreich verlaufen, wenn Schule und Elternhaus gemeinsam ihre Erziehungsaufgabe abstimmen, Orientierung bieten und mögliche Lebensperspektiven aufzeigen, die dem Persönlichkeitsprofil der Heranwachsenden genauso gerecht werden wie dem Anspruch der Gesellschaft an den Einzelnen. Das ist in besonderem Maße gelungen. Der kurze Draht zu den Eltern und zu den Schulleiterinnen stellte immer die Schüler*innen ins Zentrum, Talente galt es zu erkennen,sie zur Entfaltung zu bringen. Dies geschieht sowohl im Fachunterricht als Kernbereich unserer Arbeit, als auch in unserem außerunterrichtlichten, äußerst vielseitigen, „bunten“ Schulleben, das bei uns ebenso einen hohen Stellenwert hat. Die zugewiesenen Stipendien, die vielen gewonnenen Wettbewerbe in Deutschland wie auch Rumänien bezeugen dies eindrucksvoll.
Ich erinnere mich gerne an viele erfreuliche Begegnungen mit euch, liebe Schülerinnen und Schüler. Bei vielfältigen Anlässen, wie zum Beispiel bei Konzerten oder beim NiL-Theaterfestival konnte ich sehen, was so in euch steckt und was im Unterricht nicht immer offenbar wird.
Ich danke auch für viele gute und erbauliche Gespräche, die ich mit Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schülern oder auch mit Eltern geführt habe. Ich bedanke mich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den oben genannten Direktorinnen und auch mit dem sogenannten „nicht-pädagogischen“ Personal. Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass ich eine starke Vertreterin der „Beziehungsdidaktik“ bin. Ich glaube ganz fest daran, dass in einer Atmosphäre voll gegenseitigem Respekt, in der eben in Beziehung getreten werden kann, darf und soll, Gutes entsteht.
Ich danke euch und auch Ihnen für konstruktive Kritik! Nur so können wir gemeinsam das erreichen, was wir eine „gute Schule“ nennen, eine Schule, die einer-seits dem Bildungsauftrag, aber andererseits auch dem betroffenen Menschen in ihr gerecht wird.
Liebe Eltern, vielen Dank, dass Sie uns das Wertvollste, was Sie besitzen, anvertrauen. Mein Dank gilt auch besonders den Eltern, die sich mit viel Zeitaufwand an ganz verschiedenen Stellen und in ganz unterschiedlicher Weise für unsere Schule eingesetzt und einen hohen Anteil daran haben, dass wir auf das Erreichte stolz sein können. Zusammenfassend darf ich sagen, dass mir die Arbeit in unserer Schulgemeinschaft sehr große Freude bereitet hat, ich verhehle aber auch nicht, dass mich diese Leitungsaufgaben manchmal viel Kraft und Zeit gekostet haben und ich mich nun auf meinen Ruhestand freue, auch wenn mir bewusst ist, dass ich eine mir vertraute Gemeinschaft verlasse, die ich außerordentlich schätze.
Eine neue Leiterin wurde von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen gefunden, nach vielfältigen Telefonaten mit der neuen Leiterin Frau Klein, kann nun schon deutlich konstatiert werden, dass Vorsorge für Kontinuität in der Arbeit unserer Schule getroffen wurde und ein reibungsloser Wechsel der Leitung gewährleistet ist.
Ich wünsche Ihnen, verehrte Eltern, und euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Schülerinnen und Schüler, alles Gute für die Zukunft und bitte Sie/euch, meine Nachfolgerin voll Vertrauen in die Schulgemeinschaft aufzunehmen.