Man hört ein einziges Kind weinen – sonst sind alle gut gelaunt und mit dem Spielen beschäftigt. Auf dem Korridor wartet eine Mutter. Für ihr Mädchen ist es der erste Tag im Kindergarten, doch schwer fällt es der Kleinen nicht wirklich, sondern eher der Mama. „Die Mütter dürfen zwei-drei Tage ihre Kinder in den Kindergarten begleiten, aber dann sollten sie schon loslassen können“, sagt Geraldine Zipple, die Leiterin des privaten Kindergartens „Kinderwelt“ an der Ausfahrt nach Sackelhausen/Sacalaz. Die meisten Kinder passen sich an das neue Programm in der Kita oder im Kindergarten schnell an.
Bei „Kinderwelt“ herrscht eine lockere Atmosphäre. Die Kinder spielen – es ist noch früh am Morgen. Später dürfen sie im großen Hof toben, verschiedenen Aktivitäten wie Sport, Tanzen oder Singen nachgehen, zu Mittag essen, ein bisschen schlafen und gegen 18 Uhr werden sie von ihren Eltern abgeholt. Gesprochen wird auf Deutsch. Die meisten Kinder sind rumänischstämmig und erlernen die deutsche Sprache im Kindergarten. Wenn sie später in die Klasse Null gehen, sollten sie die Sprache schon gut können. „Vor Kurzem wurde ich von einigen Lehrerinnen der Lenau-Schule beglückwünscht. Die Kinderwelt-Kinder haben den Aufnahmetest für die Vorschulklasse sehr gut bestanden“, sagt Geraldine Zipple, sichtbar erfreut darüber. Da das Interesse für die deutsche Nikolaus-Lenau-Schule in Temeswar/Timisoara sehr groß ist, werden die Kinder vorher auf ihre Sprachkenntnisse geprüft.
Großes Interesse für Deutsch
15 Jahre ist es her, seitdem die Deutsche aus Temeswar/Timisoara den privaten Kindergarten „Kinderwelt“ eröffnet hat. Davor war Geraldine Zipple sowohl in Deutschland, als auch in Rumänien journalistisch und als Übersetzerin tätig. Das ständige Pendeln zwischen Deutschland und Rumänien war ihr aber plötzlich zu viel geworden. „Der Anfang verlief nicht so reibungslos. Wir haben 1999 unsere Firmengründungspapiere gehabt und beabsichtigten, mit einer Gruppe von zehn-zwölf Kindern anzufangen“, erinnert sich die Kindergarten-Leiterin. „Die Bauarbeiten waren aber noch nicht soweit, die Erzieherin hatte plötzlich eine Lungenentzündung und dann waren keine Kinder da“, erinnert sich Geraldine Zipple, die dann die Sache ein bisschen anders anging. Ein halbes Jahr im Voraus warb sie für ihren Kindergarten – so dass sie im nächsten Kindergartenjahr, im Jahr 2000, mit 20-25 Kindern und zwei Erzieherinnen – eine aus Großsanktnikolaus und eine aus Temeswar – starten konnten.
Das Interesse für das Erlenen der deutschen Sprache erlebt zur Zeit einen Aufwärtstrend. „Im Vorschulalter sind Kinder wie ein Schwamm und lernen sehr schnell eine Fremdsprache“, sagt die Kindergarten-Leiterin. Heute besuchen die Kita und den Kindergarten „Kinderwelt“ ungefähr 80 Kinder.
Fünf Kindergartengruppen
Im Moment gibt es bei „Kinderwelt“ fünf Kindergartengruppen: die Sonnenschein-, Marienkäfer-, Frosch-, Elfen- und Bärengruppe. „Wir sind ein Montessori orientierter Kindergarten. Das heißt, in jeder Gruppe gibt es eine Erzieherin, die mit diesen alternativen Materialien für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren umgehen kann“, erklärt Zipple. Da aber 90 Prozent der Kinder danach die Lenau-Schule besuchen und sich dort an ein klassisches Schulsystem anpassen müssen, wird auch dieser Aspekt in Betracht gezogen. Eine Mischung aus alternativer und klassischer Erziehung findet bei „Kinderwelt“ statt. 24 Mitarbeiter beschäftigt der private Kindergarten im Moment. Er ist mit einer eigenen Küche ausgestattet, in der täglich frisches Essen für die Kinder zubereitet wird.
Es war nicht immer leicht für Geraldine Zipple, Erzieherinnen zu finden, die auch Deutsch können. Viele Pädagogen schlagen den Weg nach Deutschland ein, wo sie deutlich besser als in Rumänien bezahlt werden. „Wir können natürlich nicht mit den Löhnen in Deutschland ankämpfen oder uns damit vergleichen“, erklärt Geraldine Zipple. Deswegen möchte sie ihren rumänischsprachigen Erzieherinnen Deutschkurse anbieten. „In jeder unserer Gruppe gibt es eine Erzieherin, die gut Deutsch spricht, so dass ich mir im Moment keine Sorgen machen muss“, sagt sie. „Wir nehmen gerne auch Praktikanten an“, fügt Geraldine Zipple hinzu. Praktikanten aus Deutschland seien ebenfalls willkommen – freie Kost und Logis können bei Bedarf angeboten werden.
Software verschafft besseren Überblick
Ein Novum bei „Kinderwelt“ ist die spezielle Software, die die Erzieherinnen benutzen, um die Präsenzlisten aufzustellen. Mit Hilfe eines Tablets werden die An- und Abwesenden ins System eingetragen, aber auch sonstige Bemerkungen wie etwa Daten zu Lebensmittelunverträglichkeiten der Kinder können damit festgehalten werden. „Wir können zum Beispiel den Köchinnen rechtzeitig mitteilen, wie viele Essensportionen an dem bestimmten Tag zubereitet werden müssen“, sagt Geraldine Zipple.
Die Eltern, die ihre Kinder zu „Kinderwelt“ schicken möchten, müssen zirka 11,25 Euro pro Tag mit Mittagessen bezahlen und etwa 10 Euro ohne Mittagessen. Dazu kommen die Zusatzaktivitäten wie beispielsweise Musik oder Judo. Am kommenden Samstag, dem 19. September, findet bei „Kinderwelt“ der Tag der offenen Tür statt. Ab 11 Uhr werden alle erwartet, die sich den privaten Kindergarten anschauen und die Erziehungsmethoden kennenlernen wollen. Ein Fest mit Puppentheater steht ebenfalls auf dem Programm, aber auch verschiedene Spielecken für Kinder werden organisiert.