Am Mittwoch, dem 24. Mai 1837 erschien die erste Ausgabe der ersten deutschsprachigen Zeitung von Kronstadt mit dem Titel „Siebenbürger Wochenblatt“ mit der Beilage „Unterhaltungsblatt für Geist, Gemüth und Publizität“ im Verlag von Johann Gött und Wilhelm Németh und in der Buchdruckerei von Johann Gött gedruckt.
Seither sind heuer 175 Jahre vergangen und die „Karpatenrundschau“ ist als Fortführerin der Tradition der Kronstädter deutschen Presse (die KR- Vorgängerin, die „Volkszeitung“, erschien erstmals vor 55 Jahren, am 30. Mai 1955) wohl der geeignete Ort, um an dieses Jubiläum zu erinnern, wie sie es schon vor einem Vierteljahrhundert in der Ausgabe Nr. 22/1987 getan hat. Heute wollen wir aus diesem Anlass die Ausgaben des ersten Jahrgangs vorstellen.
Das „Wochenblatt“ hatte einen Umfang von 4 Seiten im Quartformat, das „Unterhaltungsblatt“ hatte 8 Seiten.
Über dem Titel des ersten „Wochenblattes“ stand: „Probeblatt“, darunter „Mit gnädigster Bewilligung“ (des siebenbürgischen Guberniums). In einer „Subscriptions-Anzeige“ auf der zweiten und dritten Seite wird das Programm der Zeitung bekannt gemacht, die ab Juli wöchentlich am Freitag erscheinen sollte.
Auf der ersten Seite der Zeitung standen Nachrichten aus Spanien, Frankreich, Griechenland, Deutschland und „Vermischte Nachrichten“. Auf den Seiten 3 – 4 wurden „Anzeigen“ – heute würde man Werbung sagen – gedruckt, von einer Maschinen-Knopf-Fabrik in Wien, von dem bürgerlichen Kunstdrechslermeister Johann Goldschmidt aus Kronstadt sowie vom Kaufmann Johann Christian Mieß, der seine Waren anpries, die er im „Verkaufs-Local“ in der oberen Purzengasse unter dem Schilde „Zur Zufriedenheit“ feilbot.
Bis zum Jahresende 1837 erschienen 28 Nummern des „Siebenbürger Wochenblattes“ mit einem Gesamtumfang von 132 Seiten. Am oberen Rand befindet sich eine durch den ganzen Jahrgang durchlaufende Zählung. Die meisten Ausgaben hatten nur 4 Seiten, beginnend mit der Nummer 19 vom 27. Oktober 1837 gab es auch einige Ausgaben mit 8 Seiten.
Auf den ersten Seiten standen die Auslandsnachrichten. Zu den Ländern in der ersten Ausgabe kamen noch hinzu: Österreich, Bulgarien, Serbien, Türkei, in Nummer 2 erstmals auch Siebenbürgen. In späteren Ausgaben folgten noch Amerika, Großbritannien (Regierungsantritt der Königin Victoria, die bis 1901 herrschen sollte), Walachei, Russland, Portugal, Italien, Preußen usw.
Interessant sind die Nachrichten aus Siebenbürgen.
Neben den Landtagsverhandlungen in mehreren Ausgaben finden wir Nachrichten über die neue Orgel in der ungarisch-evangelischen Kirche in Kronstadt (Nr. 2); Reparatur der Blumenauer Kirche (Nr. 3), Bau der Schule in Pürkeretz (Nr. 4), Brand in Krizba und Überschwemmung in Schäßburg (Nr. 7) usw.
In Nr. 2 veröffentlichte der Kronstädter Magistrat erstmals eine Bekanntmachung im Zusammenhang mit dem Bankrott des Bukarester Handelshauses Stefan Moscu .
Im „Siebenbürger Wochenblatt“ wurden Kapitalanleihen gesucht, Verkäufe und Versicherungen angeboten. Ab Nr. 7 werden die „Marktpreise der Körnerfrüchte in Kronstadt“ veröffentlicht. Ab Nr. 15 wurde auch die Liste der in Kronstadt Gestorbenen veröffentlicht, einschließlich Kleinkinder.
Die Herausgeber veröffentlichten auch vierteljährlich Aufforderungen zur „Pränumeration“ (Nr. 14 und 28) und der Buchhändler Wilhelm Németh sein Bücherangebot (Nr. 23. Die Buchhandlung befand sich im Jahre 1869 im Eckhaus Klostergasse Nr. 648, heute Nr. 28). Alle diese Arten von Nachrichten hatte es bis dahin nicht gegeben – nun waren sie in der Öffentlichkeit allgemein zugänglich.
Wenn auch das „Siebenbürger Wochenblatt“ die eigentliche politische Zeitung war, war die Beilage – das „Unterhaltungsblatt“ – schon vom Umfang her viel bedeutender, aber besonders durch seinen vielseitigen Inhalt. Die 28 Ausgaben von 1837 umfassen 224 Seiten, jede Ausgabe hatte acht Seiten. Am Ende des Jahres 1837 wurde auch ein Inhaltsverzeichnis gedruckt mit den Abteilungen: Gedichte, Erzählungen, Vermischte Aufsätze, Miscellen und Anekdoten sowie „Charaden“ (Rätselgedichte).
Von den Aufsätzen führen wir nur einige Titel an, um die Vielseitigkeit des Blattes anzudeuten: Über Schriftstellerei und Publizität in Siebenbürgen, Die Almas(ch)er Höhle, Rückblicke in Burzenlands Vorzeit, Das Vajda-Hunyader Schloß, König Andreas II. von Ungarn und der deutsche Orden im Burzenland, Siebenbürgen in den Berichten reisender Ausländer, Wie Mediasch Stadtrechte erhielt, Das Kloster am Buts(ch)ets(ch), Ein Ausflug auf den Buts(ch)ets(ch). Kurze Chronik Daciens, Über König Matthias, Die Herkules-Bäder bei Mehadia, Seltenheiten der Stadt Hermannstadt, Über die Goldwäschereien in Siebenbürgen, Volks-Sagen aus Siebenbürgen u.a.
Wie die Titel zeigen, ist das „Unterhaltungsblatt“ auch heute eine reiche Quelle für siebenbürgische Vaterlandskunde.
So schön heute die Kollektion des „Siebenbürger Wochenblattes“ und des „Unterhaltungsblattes“ aussieht, war es für Johann Gött nicht leicht, zuerst die Genehmigung dafür zu erlangen und auch dann die eigentliche Redaktionsarbeit zu koordinieren.
Johann Gött hatte am 10. Januar 1834 – nur 24 Jahre alt! – die Kronstädter Druckerei gekauft und schon am 21. Januar 1834 bat er den Kronstädter Magistrat um die Erlaubnis, ein Wochenblatt herausgeben zu dürfen. Am Ende des Jahres kam die grundsätzliche Bewilligung vom siebenbürgischen Gubernium, aber erst 1837 konnte die Zeitung mit Beilage erscheinen.
Johann Gött beschränkte sich aber nicht nur auf die deutschsprachige Presse. Er gab auch ab Januar 1837 die „Foaia duminicii“ heraus, eine Übersetzung einer „Sonntagszeitung“ aus dem binnendeutschen Sprachgebiet. Im Juli 1837 gab Gött zwei Probenummern der „Foaia de săptămână“ (Wochenblatt) in rumänischer Sprache heraus, aber erst im März 1838 konnte die „Gazeta de Transilvania“ (Zeitung für Siebenbürgen) mit ihrer Beilage erscheinen.
Am 1. Dezember 1837 erschien die Probenummer der ungarischen Zeitung „Erdélyi hirlap“ (Siebenbürgisches Nachrichtenblatt) mit ebenfalls einer Beilage. So kamen in Kronstadt im Jahre 1838 sechs Zeitungen in den drei Landessprachen Siebenbürgens heraus, was ein absoluter Rekord für die damalige Zeit war. Durch Johann Gött hat Kronstadt einen Ehrenplatz in der Pressegeschichte Siebenbürgens und auch Rumäniens. Seit 1991 trägt eine Gasse in der Inneren Stadt – die frühere Fleischergasse – den Namen von Johann Gött.