Haben Sie jemals daran gedacht, bei Regenwetter Sonnenbrille zu tragen? Haben Sie jemals ausprobiert süß mit salzig kombiniert zu essen, oder ein traditionell französisches Lied mit Beethovens Ode an die Freude zu kombinieren?
Mit solchen Fragen und weiteren Anregungen hat die Musiklehrerin Annegret Feder das Publikum des Konzerts der Kronstädter Gymnasialschule Nr. 12, das am vergangenen Donnerstagnachmittag in der Martinsberger Kirche stattfand, animiert. Sie hat Eltern, Großeltern, Freunde, Gäste interaktiv ins Konzert mit einbezogen, ihnen den Inhalt der internationalen Lieder, wie afrikanische oder englische, kurz erklärt. Voll Energie, Freude und Zuwendung hat die ausgebildete Musikpädagogin mit langen blonden Locken die 45 Choristen im Alter von 9 bis 15 Jahren in Einklang gebracht. Kanons und Quodlibets (das sind mehrstimmige Kompositionen, in denen verschiedenartigste vorgegebene Melodienteile kombiniert sind und gleichzeitig oder aneinandergereiht vorgetragen werden) haben den Raum gefüllt und viel Applaus geerntet. Die Freude der Sänger, deren Dirigentin, sowie der Instrumentalisten Ursula Philippi (Klavier) und Nicu Grigore (Cajón/Kistentrommel) am Musizieren, war unverkennbar. Davon zeugten auch die Soloauftritte von Schülern an verschiedenen Instrumenten, die sie privat studieren.
Ursula Philippi bot dem Publikum gleich zu Beginn der Aufführung eine Demonstration an der Orgel, zumal die Anwesenden wohl selten die Gelegenheit haben, Orgelmusik zu hören. Dabei erklangen die höchsten, die tiefsten Töne und ein Kirchenlied und das Publikum hat erfahren, dass sich im Instrument außer den etwa 30 Pfeifen, die von außen zu sehen sind, noch bis zu 800 Pfeifen befinden, die dessen Gesamtklang ausmachen.
Volle Unterstützung
„Anne kann die Begeisterung für Musik weitergeben, sie hat einen guten Draht zu den Kindern und Jugendlichen“, erklärt Ursula Philippi, welche seit der Gründung des Chors, vor vier Jahren, Feders Initiative unterstützt und die Klavierbegleitung für die Auftritte des Chors übernimmt. „In einem Chor zu singen, ist total wichtig, es fördert die Bildung jeden Kindes, es prägt fürs ganze Leben. Leider wird in vielen Schulen der Musikunterricht vernachlässigt. Man sollte die Kinder mehr malen und singen lassen, statt nur ihren Verstand anzusprechen. Die Seele kommt zu kurz, deswegen sollte man jede Initiative wie diese unterstützen, vor allem wenn auch Talent und Hingabe dahinter stecken“, ergänzt Philippi.
Musik gehört zum Leben dazu
Anne Feder ist mit Musik aufgewachsen, hat selber in einem Chor mitgesungen, so wie ihr Vater. Sie hat als Mädchen Klavier und Blockflöte spielen gelernt, am Pädagogischen Lyzeum in Hermannstadt kam noch Gitarre hinzu. Als Grundschullehrerin an der 12-er Schule hat sie sehr viel mit ihrer Klasse gesungen, fiebert auch in der Freizeit für die Musik. „Musik kann nur etwas Schönes sein. Es lädt mich positiv.“ Diese Leidenschaft will sie auch anderen vermitteln und nimmt gerne jedes Kind, das sich in ihren Chor einschreibt, auf, unabhängig von dessen musikalischer Begabung. „Die Stimme kann geschult werden. Es ist wunderbar die Fortschritte im Laufe der Jahre zu sehen”, freut sich die Dirigentin. Einige Schüler sind dem Chor treu geblieben und nehmen auch als Lyzeaner noch an Konzerten teil, obschon der Chor eigentlich für Gymnasialschüler gedacht ist.
Hohe Nachfrage
Mit 18 Kindern der fünften bis achten Klassen der deutschen Abteilung der 12-er Schule hat sie begonnen. Heute sind es fast 70 Kinder, die hier mitmachen. Schüler aus insgesamt 12 deutschen und rumänischen Klassen treffen sich jede Woche, nach dem Unterricht, in drei separaten Gruppen, je nach Stundenplan, zum Proben. Obwohl der Chor sich an Kinder der Gymnasialstufe richtet, nehmen, der hohen Nachfrage wegen, auch Kinder der dritten und vierten Klassen daran teil. Sogar eine Zweitklässlerin singt mit. „Es ist anstrengend nach fünf, sechs, sogar sieben Stunden noch eine zu haben, aber es kommen wirklich nur Kinder, die sehr gerne singen und die voller Energie von den Proben nach Hause gehen” sagt Annegret Feder. Dass sie immer neue Einfälle haben muss, um die Kinder in diesem digitalen Zeitalter zu begeistern, darauf ist sie gefasst. So probt sie manchmal mit ihnen auf den Bänken, sie singen wie große Stars, andere Male lassen sie das Treppenhaus der Schule mit ihren Stimmen erklingen. Besonders freuen sie sich auch auf den jährlichen Ausflug, wo sie rund sechs Stunden hart proben, aber auch viel spielen, Freundschaften schließen und eine gute Gemeinschaft erleben.
Pläne und Wünsche
„Weitermachen!” Das wünscht sich Anne Feder für die eigene Zukunft und jene des Chors. „Ich würde mich freuen, mit einem professionellen Chor zusammenzusingen. Ein Repertoir mit hohem Niveau zu singen, fordert die Kinder musikalisch sehr, dann können sie daran wachsen.” Die Erfahrung aus den Vorjahren, als der Chor beim Weihnachstkonzert „Ascultați colindul îngerilor” in der Schwarzen Kirche gemeinsam mit anderen Chören aus Kronstadt und Sankt Georgen aufgetreten ist, will wiederholt werden.
Auch arbeitet die Musiklehrerin daran, Stücke berühmter internationaler Kinderchöre, die weltweit auftreten und die sie im Internet verfolgt, mit ihren Schülern aufzuführen.
„Ein Fest der Harmonien und Töne, ein Fest der Freude und Hingabe“
Während des Konzerts hat sich die positive Wirkung der Musik auch auf das zahlreiche Publikum übertragen. So sind auf Einladung der Dirigentin die Anwesenden aufgestanden und haben mehrstimmig mitgesungen, sich rhythmisch bewegt. Es war, wie die Religionslehrerin Ligia Talos bei der Einführung des Ereignisses sagte, ein „Fest der Harmonien und Töne, ein Fest der Freude und Hingabe”. Es war ein gemeinsames Miteinander, in dem die Musik zelebriert wurde. Wie schön es doch wäre, gäbe es auch für Erwachsene so einen unprätentiösen Chor, der auf die Freude zum Singen und auf Geselligkeit beruht.